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Sky-Kneipen in KölnFußball hören statt Fußball gucken

Lesezeit 4 Minuten

Die Wirtin der Ehrenfelder Gaststätte Hemmer, Ute Neumann, ärgert sich über die Preiserhöhung des Münchner TV-Senders Sky.

Köln – Wenn man in diesen Tagen einen Wirt so richtig in Rage bringen will, muss man bloß das Thema Sky anschneiden. Nachdem der Münchner Bezahlsender zum 1. September zum zweiten Mal binnen eines Jahres die Preise angehoben hat, haben zahlreiche Kneipenbesitzer das Abo gekündigt. „Ich könnte vor Wut platzen“, schimpft Ute Neumann, Mitinhaberin der Ehrenfelder Gaststätte Hemmer. Statt 399 Euro hätte sie nun 909 Euro zahlen sollen – eine Preiserhöhung von 128 Prozent. Weil sie das nicht hinnehmen will, bleiben nun die Bildschirme schwarz, wenn der FC spielt. Das gilt auch für andere Lokale – es wird zunehmend schwieriger, Lokale zu finden, die die Bundesliga noch übertragen.

Rote Karte für den Sender

Auch Michael Cicchetti will sich der Preispolitik von Sky nicht beugen. Statt TV gibt es in seinem „Moselstübchen“ in Neuehrenfeld nun Radioübertragungen. Im sozialen Netzwerk Facebook hat Cicchetti bereits eine entsprechende Kampagne gestaltet: Dort zeigt das „Moselstübchen“ dem TV-Sender unter dem Logo „Sky Go“ die rote Karte.

Thomas Effmert geht einen anderen Weg. Derzeit lässt der Wirt des „Effi“, der seit Mitte 2013 insgesamt 91 Prozent mehr Geld an Sky zahlen muss, seine Gäste darüber abstimmen, ob und wie man die Beitragserhöhung stemmen will. Diskutiert wird eine Mindestgebühr von zehn Euro, eine Spende, die in ein Sparschwein wandert, das vor den Augen der Gäste am Ende des Spiels ausgezählt wird, oder eine Gebühr für eine Tischreservierung in Höhe von fünf bis zehn Euro. Die Meinung der Gäste sei geteilt: „Manche wollen boykottieren, manche auf jeden Fall weiter Fußball gucken.“

Die neuen Gebühren von Sky orientieren sich nicht nur an der Größe des Lokals, sondern auch an der Bevölkerungsdichte am Standort sowie an der Kaufkraft der Kunden. Wichtig ist außerdem, ob in der Stadt ein Bundesliga-Verein spielt oder nicht. Sky hat nach eigenen Angaben 3,8 Millionen Kunden.

Eine Liste mit Kneipen, die die Bundesliga-Übertragungen von Sky zeigen, gibt es im „Skyfinder“ im Internet. Weil sich die Wirte dort selbst eintragen, ist sie nicht immer auf einem aktuellen Stand. Auf der Sky-Webseite einfach den „Skyfinder“ anklicken und als Stichwort Köln eingeben. (ris)

Mindestverzehr beim Fußball

Martin Seul, Wirt der Kneipe „Reissdorf em Oellig“ nahe der Agneskirche, hat sich entschieden: Er hat einen Mindestverzehr eingeführt. Den habe es auch früher schon gegeben. Nur für die Zeit, in der der FC in der Zweiten Liga spielte, hatte Seul ihn ausgesetzt. Zehn Euro muss jeder Gast jetzt wieder verspeisen, jede Bestellung wird auf einer Karte vermerkt – Seul hofft so, die rund 10.000 Euro zusammenzubekommen, die er jetzt pro Jahr an Sky zahlen muss. Ob die Rechnung aufgeht, bleibt fraglich. Die meisten Gäste, vor allem die Stammkunden, seien mit der Regel einverstanden.

Eine andere Strategie verfolgte ein Wirt in Nippes: Er wollte an Spieltagen zwei Euro pro Gast kassieren oder ein Jahresabo anbieten. Am ersten Spieltag sei das Angebot gut angenommen worden, besonders von den Jüngeren, am zweiten sei der Umsatz dann um 80 Prozent eingebrochen. Ursachenforschung kann er nicht betreiben – sein Plan ist nach einer erneuten Auseinandersetzung mit Sky schon wieder hinfällig. Inzwischen soll er anstatt des Thekenraums die gesamte Fläche von 160 Quadratmetern zahlen – mehr als 1300 Euro pro Monat. Deswegen bleibt der Fernseher schwarz, der Wirt sucht weiter nach einer günstigen Alternative.

Ausländischer Anbieter

Die hofft ein Wirt in Sülz gefunden zu haben. Er überlegt, die Bundesliga in Zukunft aus dem Ausland billiger zu empfangen. „In Zukunft läuft das Spiel dann halt auf Französisch oder Englisch“, sagt er. Lange war die Übertragung aus dem Ausland eine rechtliche Grauzone – das hat ein Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) geändert, wie Anwalt Christian Solmecke aus Köln erklärt: Der EuGH erlaubte einer englischen Wirtin den Empfang über die Grenzen hinweg – die Entscheidung gilt auch für deutsche Wirte.

Rückendeckung von den Kunden

Rückendeckung erhalten die Wirte von ihren Stammkunden. „Das ist eine Unverschämtheit von Sky“, sagte Frank Schäfer, Stammgast im „Moselstübchen“. Auch FC- und „Hemmer“-Fan Guido Roick würde nicht mehr Geld für Sky zahlen. „Vielleicht, wenn der FC am letzten Spieltag um den Klassenerhalt kämpfen würde.“ Roick, der sich die Heimspiele ohnehin im Rhein-Energie-Stadion ansieht, will künftig die Auswärtsspiele in der Sportschau verfolgen und sonst öfter mal ins Südstadion zur Fortuna gehen.