Die Staatsanwaltschaft hat die Vorprüfungen eingeleitet. Auch der Stadtrat ist sauer, wie Geld für Betriebsfeiern ausgegeben wurde.
Neue Regel für städtische FesteIn Köln gibt es zehn Euro Feier-Zuschuss pro Mitarbeiter im Jahr

Der abendliche Blick auf ein Schild des Schauspiel Köln im Depot.
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Seit Anfang Juli hat die Stadt Köln eine neue Regel, wie sie Betriebsfeiern bezuschusst: Demnach gibt sie pro Jahr und Mitarbeiterin oder Mitarbeiter maximal zehn Euro dazu (wir berichteten). Das teilte Stadtsprecherin Simone Winkelhog mit.
Die Entscheidung hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) getroffen, nachdem sie sich mit dem Rechnungsprüfungsamt (RPA) und dem Verwaltungsvorstand abgestimmt hat. Die jeweiligen Dienststellenleitungen sollen das Geld aus dem entsprechenden Budget nehmen.
Neue Richtlinie gilt auch für die Bühnen
Auch die Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen wie die städtischen Bühnen (Oper, Schauspiel, Tanz, Sanierung am Offenbachplatz) sollen demnach die Regel beachten.
Bei der Stadt Köln arbeiten 21.848 Menschen in der sogenannten Stammverwaltung, das Budget für Feiern dürfte demnach rund 220.000 Euro jährlich betragen. Zur Einordnung: Dieses Jahr plant die Stadt Ausgaben von 6,45 Milliarden Euro.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker
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Die zehn Euro pro Mitarbeiter haben massive Konsequenzen für die städtischen Bühnen und ihre Betriebsfeste: Sie hatten in drei Jahren zwischen 2022 und 2025 für 17 Feste insgesamt 178.200 Euro ausgegeben. Das RPA hatte diese Summe in seinen Berichten festgehalten. Die Prüfer hatten untersucht, welche Summen die Stadt für wertschätzende Maßnahmen wie Betriebsfeiern oder Betriebsausflüge bezahlt (wir berichteten am 24. Juni exklusiv).
Beispielsweise kostete ein Sommerabschlussfest von Schauspiel und Service am 23. Juni 2023 insgesamt 24.478,46 Euro. Das Schauspiel bezahlte die komplette Summe aus seinem Budget, die Mitarbeitenden beteiligten sich laut RPA nicht daran. Demnach nahmen rund 250 aktuelle Mitarbeitende an dem Fest teil, ohne sich an den Kosten zu beteiligen.
Getränke für das Fest kosteten rund 16.000 Euro
Heißt: Bei den nun geltenden zehn Euro Zuschuss je Mitarbeitendem hätten für das Fest nur 2500 Euro zur Verfügung gestanden – das entspricht nur rund zehn Prozent der tatsächlichen Kosten von 24.478,46 Euro. Das hätte nicht mal für das Catering von 8132 Euro gereicht, und erst recht nicht für die Getränkeausgaben von 16.132,83 Euro. Jeder Teilnehmer hätte auf eigene Kosten zusätzlich jeweils 88 Euro zahlen müssen, um die Kosten für das Sommerfest zu decken.

Eberhard Kanski vom Steuerzahlerbund NRW
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Eberhard Kanski, Vize-Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler NRW, hatte im Interview mit dieser Zeitung dazu gesagt: „Die Mitarbeitenden sollten sich immer fragen: Würde man privat genauso das Geld ausgeben? Da setzt man sicher einen ganz anderen Maßstab an, weil es um das eigene Geld und nicht um Steuergeld geht.“ Bei vereinzelten Festen beteiligten sich die Mitarbeitenden der Bühnen an den Kosten, aber nicht kostendeckend.
Laut Winkelhog schafft die neue Regel „eine verlässliche Orientierung und stellt sicher, dass auch kleinere, kollegiale Anlässe im Rahmen eines verantwortungsvollen und nachvollziehbaren Mitteleinsatzes ermöglicht werden können“.
Köln: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Veruntreuung
Allerdings hatte Reker den Bedarf für eine neue Regel schon am 17. Oktober 2024 im Intranet veröffentlicht, weil ein Bericht des Antikorruptionsbeauftragten aus der Woche zuvor die Mitarbeitenden verunsichert hatte: Demnach stellt ein Missbrauch, auch in kleinen Beträgen, laut des Beauftragten „eine Veruntreuung öffentlicher Gelder“ dar und kann „damit den Strafbestand der Untreue sowie des Betruges verwirklichen“.
Wie berichtet, empören sich innerhalb der Verwaltung viele über ihre Kolleginnen und Kollegen. Laut eines Mitarbeitenden ist es in seiner Dienststelle üblich, dass Betriebsausflüge privat organisiert und bezahlt werden. Feiern wie Sommerfeste würden von der Stadt bezuschusst in Höhe von ungefähr 10 bis 15 Euro pro Mitarbeiter. In Frankfurt beispielsweise sind es 15 Euro.
Rein rechtlich sind laut Kanski 110 Euro je Mitarbeitendem pro Jahr erlaubt. So sieht es das Steuerrecht vor. Damit sollten Speisen, Getränke, gemietete Räume, Sanitäter oder auch Trinkgeld bezahlt werden. Jeden Euro, der über den 110 Euro liegt, muss die Stadt versteuern.
Laut einer Stadtsprecherin sind die Bühnen „in diese Prüfung bereits eingetreten“, ob sie Steuern nachzahlen müssen. Demnach hat eine Vorprüfung ergeben, „dass die Auswirkungen nach aktuellem Stand als gering einzuschätzen sind“. Mögliche Nachzahlungen würden die Bühnen nachmelden.
Socken und Shirts:
Am 10. Juni 2024 hat das Kölner Schauspiel ein Abschlussgrillen veranstaltet. Laut Rechnungsprüfungsamt haben die Bühnen-Chefs mitgeteilt, „dass T-Shirts, Socken und Taschen als ‚Abschiedsgeschenke‘ des scheidenden Intendanten an die Mitarbeitenden des Schauspiels Köln bei einem ‚Abschiedsgrillen‘ verteilt wurden“. Es handelt sich dabei um Stefan Bachmann, der seit vorigem Jahr am Burgtheater in Wien tätig ist.

Das T-Shirt mit dem Schriftzug „Forever Schauspiel“.
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Die Bühnen gehen davon aus, dass Bachmann „ausschließlich“ die Taschen bezahlt hat und die Bühnen die 600 bedruckten T-Shirts (10.108,46 Euro) und 530 bedruckten Socken (2838,15 Euro) bezahlten. Auf den T-Shirts hieß es „Forever Schauspiel“.
Die Sprecherin des Burgtheaters wies die Darstellung des RPA zurück. Ihrer Aussage nach handelte es sich um keine privaten Abschiedsgeschenke von Bachmann, sondern um eine Aktion der gesamten Direktion. Bachmann habe auch die Taschen nicht bezahlt.