KI beobachtet ProzessAn Kölner Uni soll erster elektronischer Gerichtssaal entstehen

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Gerichtslabor Uni Köln

NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) im Gerichtslabor der Uni Köln

Köln – Noch ist es ein Experiment. Doch wenn es nach den Vorstellungen derer geht, die das neue Gerichtslabor an der Kölner Universität entwickelt haben, könnten Richter und Anwälte, die sich während eines Verfahrens Notizen machen, in nicht allzu ferner Zukunft Geschichte sein. Die Idee, die dahinter steckt, haben die Beteiligten nun der Öffentlichkeit vorgestellt.

In Köln soll der erste elektronische Strafgerichtssaal Deutschlands geschaffen werden. Ziel ist, während einer Verhandlung von allen Verfahrensbeteiligten audiovisuelle Aufnahmen anzufertigen und mithilfe von künstlicher Intelligenz Wortlautprotokolle zu erstellen. Diese sollen dann das bisher manuell angefertigte Protokoll ersetzen, wie Professorin Frauke Rostalski von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Kölner Uni erklärte.

Elektronischer Gerichtssaal: Große Verbesserung für die Urteilsfindung

Das Gerichtslabor ist ein gemeinsames Forschungsprojekt von Universität, dem Deutschen EDV-Gerichtstag, dem Kölner Anwaltverein, dem Kölner Landgericht und der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW. In den neuen Räumen in Zollstock sollen die Digitalisierungsmöglichkeiten im Gerichtssaal und die entsprechende Technik getestet sowie rechtliche Rahmenbedingungen ausgelotet werden.

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Gerichtslabor

Juan Perea Rodriguez, Bernhard Kempen,  Peter Biesenbach, Frauke Rostalski und Markus Hartmann (von links)

Die Einführung einer audiovisuellen Dokumentation bedeute Rostalski zufolge eine große Veränderung, aber auch eine „große Verbesserung“. Bisher erfolge die Urteilsfindung nur mithilfe von Mitschriften von Richtern. Diese könnten aber „trotz größter Sorgfältigkeit“ fehler- oder lückenhaft sein. Eine Verhandlung ziehe sich mitunter über Monate oder Jahre hin. „Vergessen ist menschlich und Eindrücke einer Situation verblassen mit der Zeit“, sagte Rostalski.

Landgericht Köln will Technik anwenden

„Als Anwalt hätte ich mir immer gewünscht, so ein Wortprotokoll zu bekommen“, gestand NRW-Justizminister Peter Biesenbach, der selbst Jura an der Kölner Uni studiert hat, bei der Eröffnung des Gerichtslabors. Biesenbach kündigte an, dass das Landgericht Köln nach einer Phase der Erprobung der neuen Technik diese auch nutzen werde.

„Wir brennen darauf, diese Technik in der Praxis anzuwenden“, bekannte Markus Hartmann, Oberstaatsanwalt in Köln und Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW. „Ich sehne den Tag herbei, an dem ich nicht mehr meine schrecklichen Mitschriften entziffern muss, sondern ein qualitätsgesichertes, automatisiertes Protokoll habe.“ Durch die neue Technik könnten Plädoyers zunehmend „faktenbasiert“ werden statt wie bisher „erinnerungsbasiert“. Hartmann äußerte sich optimistisch, dass die Technik auch zu mehr Effizienz führe und die Qualität verbessern könne. Die Prozessbeteiligten müssten nicht mehr mitschreiben, sondern könnten sich während einer Verhandlung auf ihre juristische Arbeit konzentrieren.

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Das Gerichtslabor soll aber nicht nur der Forschung dienen, sondern auch die Lehre verbessern und ein Trainingsort für Studierende sein: In simulierten Verhandlungen schlüpfen die angehenden Juristen in die Rollen von Staatsanwältinnen oder Verteidigern, befragen Zeugen und halten Plädoyers, um sich auf die praktische Arbeit bei Gericht vorzubereiten.

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