„Fadenscheinige Ausreden“Will Dezernent Rau verhindern, dass Köln Cannabis-Modellstadt wird?

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Gesundheitsdezernent Harald Rau

Gesundheitsdezernent Harald Rau sieht sein Gesundheitsamt für die Durchführung des Modell-Projekts personell nicht gut genug aufgestellt.

In Sachen legales Kiffen in Köln tut sich wenig. Harald Rau sieht die Ressourcen im Gesundheitsamt nicht gegeben – Politiker sind wütend.

Gleich vier Fraktionen im Kölner Stadtrat werfen Gesundheitsdezernent Harald Rau einen falschen Umgang mit der geplanten Bewerbung Kölns als Cannabis-Modellstadt vor. Der Tenor: Rau will vermeiden, dass Köln zur Modellstadt wird und nimmt den Beschluss nicht ernst. Grund für die Kritik ist eine Mitteilung aus Raus Dezernat, die an verschiedene Ausschüsse des Stadtrates ging.

Rat entschied sich im Mai für Bewerbung als Cannabis-Modellstadt

Eine breite Mehrheit des Rates stimmte am 16. Mai für eine Bewerbung Kölns als Modellstadt für den Cannabis-Konsum. Hintergrund sind Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die Abgabe der Droge vor einer flächendeckenden Legalisierung in einzelnen Städten und Kommunen zu erproben – nachdem der Bundestag einen entsprechenden Beschluss gefasst haben wird. Debattiert wird derzeit also im Konjunktiv.

In der kritisierten Mitteilung ist von einer „Bagatellisierung“ von Cannabis als Entspannungshilfe die Rede. Auch psychische Gefahren für Jugendliche, die durch Cannabis-Konsum entstehen, werden herausgearbeitet. In dem fünfseitigen Schreiben wird auch der hohe Personalaufwand für die Vorbereitung und eventuelle Durchführung des Projekts ausgeführt. Zudem heißt es: „Die Bewerbung und die Realisierung des Modellprojektes mit den damit verbundenen Aufgaben sind mit den vorhandenen Kapazitäten im Gesundheitsamt nicht zu bewerkstelligen.“

Dennoch stellt das Gesundheitsdezernat zwei Varianten zur Durchführung und Begleitung des Projekts vor: In Variante A werden die personellen Ressourcen im Gesundheitsamt so aufgestockt, dass die Vorbereitung einer Bewerbung möglich ist, in Variante B wird die Vorbereitung an einen wissenschaftlichen Vertragspartner übergeben. Die Verwaltung bevorzugt demnach letztere.

Opposition kritisiert Gesundheitsdezernent Rau deutlich

Aus Sicht der SPD ist die Mitteilung „patzig“, das Vorgehen grenze an Arbeitsverweigerung. Viola Recktenwald, gesundheitspolitische Sprecherin der Sozialdemokraten, spricht von „fadenscheinigen Ausreden“. Nicht einmal „eine ordentliche Kostenberechnung konnte die Verwaltung aufstellen“. Tatsächlich lässt die Verwaltung die Kosten für beide Varianten bislang offen. Lediglich für die zweite Variante lässt das Dezernat durchblicken, dass die Kosten mindestens im sechsstelligen Bereich liegen.

Die Linken können den Hinweis auf die Gefahren für Jugendliche nicht nachvollziehen: „Die Abgabe von Cannabis an Jugendliche ist und bleibt illegal, auch in der Modellkommune Köln. Deswegen sehen wir nicht, dass die Situation für Jugendliche gefährlicher wird“, sagte Uschi Röhrig. Von der FDP heißt es: „In der Mitteilung wird aber neben personellen und finanziellen Probleme die Legalisierung generell in Frage gestellt.“ Man sei verwundert und erwarte nun die Umsetzung des Beschlusses.

Rau sieht Voraussetzungen im Kölner Gesundheitsamt nicht gegeben

Auch Volt-Ratsherr Manuel Froh, der dem Gesundheitsdezernat als Teil der Ratsmehrheit aus Grünen, CDU und Volt eigentlich nähersteht als die Oppositionsparteien, kritisiert Rau: „Die aktuelle Mitteilung der Verwaltung halten wir für nicht sehr zielführend. Bei aller Ernsthaftigkeit, die das Thema erfordert, fehlt aus unserer Sicht der erkennbare Gestaltungswille.“ Lediglich die Grünen verteidigen den Dezernenten. „Was der Bundestag am Ende genau beschließt, ist noch offen. Bis dahin sollte sich Köln weiter auf die Bewerbung als Modellstadt vorbereiten“, sagte Ralf Unna. Die Grünen sehen in der Mitteilung keine Abkehr vom Plan, Köln zur Modellstadt zu machen.

Und Rau selbst? Betont dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber, er werde dem Beschluss zur Prüfung und Vorbereitung der Bewerbung folgen. Und lässt dennoch durchblicken, dass er Vorbehalte gegen Köln als Cannabis-Modellstadt hat. „Wenn der Rat mir am Ende nicht klarmachen kann, woher diese Beratungsstrukturen und die Gelder kommen sollen, und gegebenenfalls benötigte Ressourcen bereitstellt, kann Köln auch keine Modellstadt werden“, sagte er.

Das habe nichts mit seiner Einstellung zur Legalisierung zu tun: „Ich halte den Schritt zur Cannabis-Legalisierung grundsätzlich für richtig, die Verbotspolitik ist gescheitert. Um sich als Modellstadt für den Cannabis-Konsum zu bewerben, braucht es aber eine ausreichende Begleitung und Beratung junger Menschen, sodass der Konsum nicht unkontrolliert stattfindet.“

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