„Warmherzig und mitfühlend“Betroffenenbeirat lobt Gespräche mit Visitatoren aus Rom

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Kardinal Anders Arborelius (r.) und Bischof Hans van den Hende trafen die fünf Ex-Mitglieder des Betroffenenbeirats.

Kardinal Anders Arborelius (r.) und Bischof Hans van den Hende trafen die fünf Ex-Mitglieder des Betroffenenbeirats.

Köln – Am ersten Tag der vom Papst angeordneten Visitation des Erzbistums Köln haben sich die beiden Inspektoren mit den unterschiedlichen Perspektive der Opfer sexuellen Missbrauchs vertraut gemacht. Als erste empfingen der schwedische Kardinal Anders Arborelius und Bischof Hans van den Hende aus Rotterdam die fünf ehemaligen Mitglieder des Betroffenenbeirats, die das Gremium aus Protest gegen das Agieren von Kardinal Rainer Woelki und seines Generalvikars Markus Hofmann verlassen haben.

„Wir haben den Vertrauensverlust beschrieben und den Umgang der Bistumsleitung mit dem Gutachten zum Missbrauch als völlig unzureichend dargestellt“, sagte der frühere Co-Sprecher des Beirats, Patrick Bauer, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das rein juristische Herangehen Woelkis lasse die ethisch-moralische Dimension außer Acht. „Wir haben gefragt, warum Bischöfe Gutachten brauchen, um Fehler zuzugeben und Schuld einzugestehen.“

Visitatoren sollen mögliche Verfehlungen untersuchen

Die Visitatoren sollen etwaige Verfehlungen Woelkis, der Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff sowie des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße in seiner Zeit als Kölner Personalchef und Generalvikar untersuchen, dem Papst aber auch ein Bild der „komplexen pastoralen Situation“ im Erzbistum liefern. Hier sieht sich Woelki massiver Kritik der Kirchenbasis ausgesetzt. Kurz vor Beginn der Visitation verlangten 14 der 15 Kreis- und Stadtdechanten von Woelki „personelle Konsequenzen“. Die Kirchenaustritte sind auf Rekordniveau.

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Patrick Bauer

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In dem anderthalbstündigen Gespräch hätten sich die Visitatoren „sehr warmherzig, mitfühlend und zugewandt“ gezeigt. Das Gespräch fand in einem Konferenzraum des Maternushauses statt. Die Visitatoren hätten keine Fragen gestellt, sondern ihre Gesprächspartner reden lassen. Deren Beiträge fielen nach Bauers Worten teils sehr emotional aus. Regelrecht wütend („Es kotzt mich an, dass so etwas möglich ist“) habe er den Visitatoren von der Beförderung des Düsseldorfer Priesters D. zum stellvertretenden Stadtdechanten durch Kardinal Woelki 2017 trotz eines polizeibekannten sexuellen Kontakts zu einem 16 Jahre alten Strichjungen berichtet. Die Visitatoren hätten auf die Schilderung mit Kopfschütteln und „erschreckten Blicken“ reagiert. Ansonsten hätten sie die Beiträge aber nicht weiter kommentiert.

Zu einem weiteren Termin mit dem vierköpfigen Rumpf-Beirat äußerte sich dessen Mitglied Peter Bringmann Henselder schon vorher schriftlich. Rücktritte werden in seiner Erklärung als falscher Weg bezeichnet. Es bringe den Betroffenen wenig, wenn Bischöfe oder Kardinäle sich so ihrer Verantwortung entzögen. „Damit lassen sie erneut die Betroffenen im Regen stehen“, heißt es weiter in der Erklärung. Am Freitag hatte der Münchner Kardinal Reinhard Marx dem Papst seinen Rücktritt angeboten. Woelki bekräftigte demgegenüber seinen Willen zum Verbleib im Amt. Bringmann Henselder wollte seine Erklärung nicht als unbedingtes Festhalten an Woelki verstanden wissen. Es sei aber durchaus sinnvoll, dass die amtierenden Bischöfe die Aufarbeitung weiter vorantrieben.

„Das hat Bischof van den Hende sehr gut verstanden“

Patrick Bauer wollte diese Position nicht bewerten. „Wenn die verbliebenen Vier im Beirat Woelki weiter hofieren wollen, sollen sie es tun. Wir sehen die Dinge anders. Wir brauchen eine Veränderung der Machtstrukturen und einen neuen Umgang mit den Betroffenen.“ Wenn das mit einem „geläuterten Woelki“ gelingen könnte, „wäre mir das lieber als ein neuer Bischof, der den alten Kurs fortsetzt“. Bauer forderte auch eine von der Kirche unabhängige staatliche Kommission, wie sie die Niederlanden eingerichtet hätten. „Das hat Bischof van den Hende sehr gut verstanden.“

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Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ werden die Visitatoren in weiteren Gesprächen auch die Sicht der früheren Opferbeauftragten Christa Pesch, des Diözesanratsvorsitzenden Tim-O. Kurzbach und anderer Kritiker Woelkis anhören. Vertreter des Klerus sind ebenfalls zum Gespräch geladen. Hier dürfte neben dem Missbrauchsthema das angespannte Verhältnis zwischen Basis und Bischof zur Sprache kommen.

Am Dienstag wurde überdies bekannt, dass Papst Franziskus auch eine Visitation der für die weltweit 410 000 katholischen Priester zuständigen Kleruskongregation angeordnet hat, der auch Kardinal Woelki angehört. (mit kna)

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