„Wo sind wir denn?“Katholikenausschuss entsetzt über Umgang mit Missbrauchsskandal

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Maternus Köln

Blick von der Kapelle des Maternushauses Richtung Dom

Köln – Unter der Überschrift „Wo sind wir denn?“ äußert der Katholikenausschuss für die Stadt Köln, die Vertretung der katholischen Gläubigen in der Öffentlichkeit, „Entsetzen und Fassungslosigkeit“ über die „verharmlosende und menschenverachtende Haltung“ des Kölner Generalvikars Markus Hofmann in einem Fernsehinterview in der vergangenen Woche. Der Generalvikar hatte nach Aussage des Katholikenausschusses dort festgestellt, dass „das gemeinsame Masturbieren eines Priesters mit einem damals 17-jährigen Jungen im Schatten des Kölner Doms weder nach staatlichen noch kirchenrechtlichen Normen strafbar gewesen“ sei. Deshalb habe der Vorfall auch keinen Anlass gegeben, diesen Priester nicht in eine verantwortliche Position zu berufen.

Diese Einlassung belege, so Gregor Stiels, der Vorsitzende des Katholikenausschusses, „dass die Verantwortlichen offenbar nur in straf- oder kirchenrechtlichen Verteidigungsstrategien denken“. Ethisch-moralische oder gar christliche Wertmaßstäbe spielten „aus opportunistischen Selbsterhaltungsreflexen in der Kirchenleitung“ offenbar keine Rolle mehr. Das Fazit, so Stiels: „Erlaubt ist, was nicht verboten ist.“

Vertrauen wird vernichtet

So werde aber letztes Vertrauen in der Öffentlichkeit vernichtet. Selbst besonnene und nachsichtige Gläubige, denen eine Abwendung von der Kirche nie in den Sinn gekommen wäre, seien entsetzt, schreibt Gregor Stiels weiter. „Die Menschen sehnen sich nach guten Hirten, zugewandten und tatkräftigen Verantwortungsträgern, aufmerksamen Priestern, achtsamen Gesprächspartnern und glaubwürdigen Streitern für die Sache Jesu.“ Stattdessen argumentiere die Bistumsleitung, es sei rechtlich für einen Priester nicht verboten, die Prostitution eines minderjährigen Jungen auszunutzen. Der Katholikenausschuss sieht das deutlich anders: „In der Lebenswirklichkeit der meisten Gläubigen – und wohl auch der Gesellschaft insgesamt – ist es trotzdem nicht in Ordnung und qualifiziert definitiv nicht für verantwortliche Aufgaben in der Kirche.“

Alles zum Thema Rainer Maria Woelki

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Das am 18. März vorgestellte Gercke-Gutachten habe katastrophale strukturell-organisatorische Mängel bei der Missbrauchsaufklärung und -bekämpfung in der Personalverwaltung des Erzbistums Köln nicht nur aufgedeckt, sondern bewiesen. „Bekannt waren diese Mängel wie die befassten Personen vielen schon lange.“ Der Katholikenausschuss fordert daher Erzbischof Rainer Woelki und Generalvikar Markus Hofmann auf, „endlich öffentlich vernehmbar eine glaubhafte Auseinandersetzung mit der eigenen Verantwortung für Fehlverhalten vorzunehmen.“ Dabei sollten sie ernsthaft prüfen, ob sie „entgegen der allgemeinen Wahrnehmung und objektiven Einschätzung“ überhaupt willens und in der Lage seien, die selbstangerichteten katastrophalen Probleme und Fehler zu beseitigen.

Veränderung erforderlich

Außerdem fordert der Katholikenausschuss, dass Woelki und Hofmann „endlich die Katholikinnen und Katholiken wissen zu lassen, warum sie glauben, für den dringend erforderlichen Veränderungsprozess noch die richtigen Personen zu sein“. Nahezu jede ihrer Handlungen, jede Verlautbarung der letzten Wochen und Monate vermittele genau den gegenteiligen Eindruck, so Stiels. „Die Einschätzung, richtig gehandelt zu haben, haben die Verantwortungsträger exklusiv.“ Die Geduld des Katholikenausschusses sei jedenfalls aufgebraucht. (red)   

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