Die Politik fordert, dass die Stadt Köln zum Ausgleich Quartiersgaragen bauen soll. Das Kölner Unternehmen Ampido sieht Potenzial in ungenutzten Stellplätzen.
Stadt entfernt StellplätzeWie sich die Parkplatznot in Köln kurzfristig beheben lässt

In der Ewaldistraße im Agnesviertel baut die Stadt Köln die Parkplätze um.
Copyright: Alexander Schwaiger
In der Kölner Innenstadt und in dicht besiedelten Stadtteilen wie Nippes, Ehrenfeld, Sülz und Lindenthal sind in den vergangenen Jahren Tausende von Parkplätzen am Straßenrand weggefallen. Zuletzt sorgte die Ankündigung der Stadt Köln, im Agnesviertel rund 250 Parkplätze zu entfernen, für Aufsehen. Denn einen Ausgleich für die fehlenden Parkplätze gibt es nicht.
Analyse der im Kölner Agnesviertel vorhandenen privaten Parkplätze
Dabei gibt es in Köln ein enormes Potenzial an privaten Stellplätzen, die nicht dauerhaft belegt sind. So sind alleine im Agnesviertel rund ein Drittel der privaten Parkplätze ungenutzt. Das hat eine Untersuchung des Kölner Unternehmens Ampido ergeben, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. Die vor 13 Jahren gegründete Firma verdient ihr Geld damit, solche Parkplätze an Autofahrer weiterzuvermieten.
Die Analyse erfolgte mittels einer Vor-Ort-Begehung, einer Auswertung von Luftbildern, einer Befragung von Anwohnern und Vermietern sowie einer auf Erfahrungswerten beruhenden Schätzung der Tiefgaragenplätze. Die größte Gruppe bilden mit 800 Stellplätzen die Innenhofstellplätze, gefolgt von 466 Stellplätzen in Tiefgaragen und 371 Außenstellplätzen. Einzelgaragen machen 190 Stellplätze aus, während Parkhäuser mit lediglich 48 Stellplätzen eine untergeordnete Rolle spielen. 66 Prozent der Stellplätze sind durch ein Tor gesichert, 31,4 Prozent sind frei zugänglich und 2,6 Prozent sind durch eine Schranke gesichert.
Alles zum Thema Agnesviertel
- Debatte um Rettungswege in Köln „Hier wird absichtlich Parkraum vernichtet“
- „Lui & Flitze“ im Agnesviertel Zwei Freundinnen kaufen spontan Kölner Kiosk
- Rettungswege zu eng Stadt Köln entfernt in der Innenstadt erste Parkplätze am Straßenrand
- Authentische italienische Küche Prima Pasta und Pizza – unsere 10 Lieblings-Italiener in Köln
- Forderung der BV Innenstadt Erstaufnahmeeinrichtung im Agnesviertel soll auch anderweitig genutzt werden
- Eis für Hunde 7 Eisdielen in Köln und Region, die leckeres Hundeeis anbieten
- „Lieblingsfach Matte“ Kölner Grundschule testet Yoga als Schulfach
Laut der Untersuchungen könnten im Agnesviertel durch eine intelligente Mehrfachnutzung privater und halb-öffentlicher Stellplätze zwischen 728 und 1907 zusätzliche Stellplätze realisiert werden. Weitere Potenziale ergeben sich laut Ampido zudem aus angrenzenden, nur wenige hundert Meter vom Agnesviertel entfernten Flächen – etwa bei der Eventhalle am Xpost am Gladbacher Wall (450 Stellplätze, derzeit lediglich für wenige monatliche Events genutzt), der seit vier Jahren leerstehenden Immobilie der ehemaligen Finanzdirektion, die in Zukunft eine Flüchtlingsunterkunft sein soll (100 Stellplätze), der Musikschule in der Kunibertstraße (rund 100 Stellplätze) sowie bei zahlreichen kleineren privaten Anlagen.
Insgesamt würde sich daraus nach Berechnungen des Unternehmens ein erschließbares Potenzial von mehr als 2000 zusätzlichen Stellplätzen im erweiterten Agnesviertel ergeben, die im Gegensatz zu den von der Politik geforderten Quartiersgaragen nahezu ohne Neubau sofort verfügbar wären.
Größeres Bewusstsein für flexible Ansätze in Köln schaffen
„Wir haben natürlich ein wirtschaftliches Interesse daran, private Stellplätze zu vermieten, aber wir wollen mit dieser Studie vor allem zeigen, dass es bislang kein Bewusstsein für diese schon vorhandenen Potenziale gibt“, sagt Ampido-Geschäftsführer Yasotharan Pakasathanan. Er sehe das Angebot seines Unternehmens als einen Baustein bei der Lösung der Parkplatzprobleme. „Wir brauchen flexible Ansätze. Wer weiß schon, wie der Autoverkehr in zehn Jahren aussieht. Vielleicht brauchen wir dann gar keine Quartiersgaragen mehr“, sagt Pakasathanan.
Wie teuer der von der Politik geforderte Bau von Quartiersgaragen sein kann, zeigt das Beispiel Ebertplatz. Die Stadt Köln hatte im Jahr 2017 untersuchen lassen, was ein Parkhaus unter der Platzfläche kosten würde. Dabei stellte sich heraus, dass 222 Stellplätze entstehen könnten. Da ein drei Meter breiter Abwasserkanal den Ebertplatz durchquert, müsste dieser jedoch zunächst verlegt werden. Die Kosten würden deshalb bei 16 Millionen Euro liegen, also bei 74.000 Euro pro Stellplatz. Angesichts deutlich gestiegener Material- und Personalkosten im Baubereich dürfte die Summe inzwischen auf deutlich mehr als 20 Millionen Euro gestiegen sein.
Unternehmer wünscht sich von der Stadt Köln mehr Engagement
Pakasathanan wünscht sich für die Zukunft ein größeres Engagement seitens der Stadt Köln. In Städten wie Hamburg und München geschehe in diesem Bereich bislang deutlich mehr. Und auch in Düsseldorf hat Ampido zusammen mit der dortigen Stadtverwaltung ein gemeinsames Projekt mit dem Titel „Feierabendparken“ gestartet. In der Landeshauptstadt standen im vergangenen Jahr zunächst 190 Stellplätze auf Parkflächen von acht Filialen der Lebensmitteldiscounter Aldi Süd und Lidl zur Verfügung. Die Bedingung: Sie dürfen ihr Fahrzeug erst ab 18 Uhr bis 18.30 Uhr abstellen und müssen es morgens zwischen 6 Uhr und 8.30 Uhr wieder wegfahren. Der Nachteil: Nachts lassen sich die Autos nicht benutzen, da die Parkplätze abgesperrt sind.
Die Kosten dafür sind überschaubar. Eine Nacht kostet vier Euro, ein ganzer Monat 30 Euro. Gebucht wird über die Smartphone-App der Firma Ampido oder deren Internetseite. Die Einnahmen gehen vor allem an das Unternehmen und die beteiligten Discounter. Das Konzept sei in Dimension und Umsetzung bundesweit einmalig, teilte die Stadt Düsseldorf damals mit. „Wenn sich die Stadtverwaltung dahinter klemmt, sind die Supermärkte deutlich gesprächsbereiter und stellen die Parkplätze eher zur Verfügung“, sagt Pakasathanan.
Köln kommt mit Projekten wie dem Feierabendparken langsam in Gang
In Köln kommen ähnliche Projekte bislang nur langsam in Gang. Die Stadt kündigte zuletzt an, das Feierabendparken ab dem 18. August auf den Parkplätzen zweier Aldi-Süd-Filialen an der Osterather Straße in Bilderstöckchen und der Marienstraße in Ehrenfeld zu testen. „Mit der Entwicklung eines Konzeptes zur Mehrfachnutzung von Parkplätzen möchten wir vor allem für die Stadtteile mit hohem Parkdruck ein neues Angebot schaffen. Ich hoffe, dass wir noch mehr Lebensmitteleinzelhändler für unser Konzept begeistern können“, sagt Verkehrsdezernent Ascan Egerer. Aldi Süd kündigte an, bei positiver Resonanz eine schrittweise Ausweitung auf weitere Standorte zu prüfen.
„Das konkrete Potenzial privater Stellplätze, die derzeit nicht dauerhaft ausgelastet sind und daher für eine Mehrfachnutzung infrage kommen könnten, ist der Verwaltung nicht bekannt“, sagte eine Stadtsprecherin auf Anfrage. Es sei jedoch davon auszugehen, dass „ein relevantes Nutzungspotenzial“ besteht. Die Verwaltung prüfe aktuell verschiedene Möglichkeiten und Rahmenbedingungen, um auch private oder gewerbliche Flächen, etwa außerhalb der üblichen Geschäftszeiten, für Anwohner nutzbar zu machen.
Hierbei seien unter anderem rechtliche Fragestellungen zu klären. „Eine besondere Betrachtung finden daher zum Beispiel auch bestehende Parkhäuser, die nicht voll ausgelastet sind und so auch für eine Entlastung der Parksituation sorgen könnten“, teilte die Stadtsprecherin mit. Aufgrund des aktuellen Ratsbeschlusses zur Gründung einer Mobilitätsgesellschaft werde auch das Thema Quartiersparken „neu aufgerollt und in naher Zukunft intensiver bearbeitet“.