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Wofür ich Köln liebe„Hast du Snap?“ – Wenn die KVB-Bahn der schönste Ort der Stadt wird

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Unser Auto ist zwar oft genervt von der KVB – hat dort aber schon tolle und skurrile Bekanntschaften gemacht.

Unser Auto ist zwar oft genervt von der KVB – hat dort aber schon tolle und skurrile Bekanntschaften gemacht (Symbolbild).

Unsere Kolumne „Wofür ich Köln liebe“ widmet sich den schönen Seiten der Stadt. Unser Auto ist zwar oft genervt von der KVB – hat dort aber schon tolle und skurrile Bekanntschaften gemacht.

Unzuverlässig, notorisch zu spät, heruntergewirtschaftet – das Meckern über die KVB ist Teil des Kölner Kulturguts. Auch in dieser Zeitung wird mit Kritik an dem Kölner Verkehrsunternehmen nicht gespart. Und das ja auch zurecht. Allerdings: Zumindest wenn ich es einmal in die Straßenbahn geschafft habe, ist die KVB-Fahrt oft genug ein großes Vergnügen. Vor allem wegen der skurrilen, rührenden und witzigen Begegnungen, die man dort machen kann. Innerhalb weniger Wochen durfte ich gleich zwei davon erleben.

Vor drei Wochen sitze ich auf dem Rückweg von einem Termin in die Redaktion in einem Vierersitzplatz der Linie 16. Zwei alte Damen steigen dazu, dem Aussehen nach zu urteilen sicher 80 Jahre alt. Nachdem ich meinen Rucksack vom Nebensitz räume, damit die Damen Platz nehmen können, bedankt sich die eine überschwänglich. Zwei Haltestellen später müssen sie schon wieder raus. „Bis hierhin konnten wir auf Sie aufpassen. Aber jetzt müssen wir aussteigen“, sagt die eine. „Haben Sie aber keine Angst, Sie werden bestimmt sicher zu Hause ankommen. Und wenn was ist, sagen Sie dem Fahrer Bescheid“, fügt sie hinzu und zwinkert mir zu, bevor sie die Bahn verlässt.

Vergangenen Samstag dann stehe ich in der Linie 18 Richtung Hauptbahnhof. Neben mir vier Jungs, vielleicht 14 Jahre alt. Sie alle tragen stolz ihren ersten, leichten Flaum im Gesicht. Die Jungs scherzen herum, prahlen mit irgendwelchen Geschichten aus der Schule und haben offensichtlich Langeweile. Der eine hantiert mit einer Wasserpistole herum. „Lümmel“ würde meine Oma die Jungs wohl nennen. Mich haben sie an meine eigene Jugend erinnert.

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In der Bahn werden Plätze in einem Vierersitz frei, ich setze mich. Gegenüber von mir ein Mädchen, das ungefähr im Alter der Jungs ist. Offensichtlich von seinen Freunden angefeuert, setzt sich irgendwann einer der Jungs neben das Mädchen. Doch plötzlich ist von seinem Selbstbewusstsein nichts mehr zu sehen. Er lächelt verschämt, schweigt. Nach einer endlos langen Minute nimmt der Junge all seinen Mut zusammen und fragt das Mädchen mit leiser Stimme: „Hast du Snap?“ (Gemeint ist die Social-Media-Plattform „Snapchat“). Er kann ihr kaum in die Augen gucken.

Der Flirtversuch scheint zum Scheitern verurteilt zu sein. Doch nach kurzem Zögern sagt das Mädchen tatsächlich Ja und tippt dem Jungen ihre Kontaktdaten ins Handy. Viel geredet wird danach nicht mehr. „Wir schreiben dann einfach“, sagt der Junge noch und geht zurück zu seinen Jungs. Spätestens jetzt kann er sich sein Lachen nicht mehr verkneifen. Genauso wenig wie ich übrigens. Vielleicht, so denke ich beim Aussteigen, bin ich gerade Zeuge des Beginns einer großen kölschen Liebesgeschichte geworden. Zumindest dafür bin ich der KVB dankbar.