„Nachhaltigkeit made by RTL“Kock am Brink über Neuauflage der „100.000 Mark Show“

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Ulla Kock am Brink wird im September die Neuauflage der „100.000 Mark Show“ moderieren.

  • Am 4. September wird die erste Show der Neuauflage der „100.000 Mark Show“ auf RTL ausgestrahlt.
  • Die ehemalige Moderatorin Ulla Kock am Brink wird auch in diesem Jahr wieder vor der Kamera stehen.
  • Im Interview spricht die 61-Jährige darüber, was sich in der Show ändert, und warum die Fernsehsender auf einem Retro-Trip sind.

Köln – Frau Kock am Brink, von 1993 bis 1998 waren Sie als Moderatorin das Gesicht der „100.000 Mark Show“. Wie haben Sie reagiert, als Sie gehört haben, dass es eine Neuauflage der Show geben soll?

Kock am Brink: ‚Wollt ihr mich veräppeln?‘ habe ich gesagt. Dann meinten diejenigen am Telefon aber ‚Nein, nein, nein, das ist schon ernst.‘ Ich habe mich dann mit einem der obersten Chefs von RTL auf Sylt in einem Restaurant getroffen, das eigentlich pandemiebedingt geschlossen war und der Besitzer für uns extra geöffnet hat. Es sollte ja alles diskret sein. Auf dem Weg dorthin war es richtig stürmisch und wir mussten eine Holztreppe hoch, aber ich war noch nie so leichtfüßig unterwegs. Ich wollte ihm zeigen: Diese Zitrone hat noch viel Saft.

Wie kam es dazu, dass Sie die Moderation wieder übernehmen werden?

Weil ich die Beste bin? Nein, Scherz. Wenn man so etwas macht, dann ganz. Wenn man die Show „Die 100.000 Mark Show“ nennt, also als Marke klar erkennbar, dann gehört auch das Markengesicht dazu, das bin ich. Und solange man noch keinen Klon von mir herstellen kann, greift man gerne zum Original zurück. Und ich mache das total gerne.

Was ist „Die 100.000 Mark Show“?

„Die 100.000 Mark Show“ ist eine Spielshow des Privatsenders RTL. Erstmalig wurde sie 1993 ausgestrahlt. Bis 1998 war Ulla Kock am Brink die Moderation. Danach moderierte der ehemalige Magie-Weltmeister Franklin die Show bis zur Einstellung im Jahre 2000. Für die Neuauflage wurden im August vier Shows produziert. Die erste Sendung läuft am 4. September um 20.15 Uhr bei RTL.

Wie hat Sie „Die 100.000 Mark Show“ selbst im Leben geprägt?

Ich bin ja als ziemliche Anfängerin gestartet und damals fast umgefallen vor Aufregung und Anstrengung. Ich musste die Kamera-Positionen und den Text im Kopf behalten. Sich das alles in relativ kurzer Zeit rauf zu schaffen ist eine Herausforderung. Dort habe ich wirklich gelernt, eine große Show zu moderieren.

Und dazu noch etwas viel wichtigeres mitbekommen: An dieser Show arbeiten 130 Leute und ich habe die Verantwortung, deren Arbeit zu repräsentieren. Darüber hinaus habe ich auch etwas gelernt, das ich auf mein Leben übertragen konnte: Wenn du Dinge aus- oder durchhältst, egal ob du dringend zur Toilette musst oder tierischen Hunger hast, ist nicht so wichtig, mach weiter. Am Ende kannst du jammern, aber nicht jetzt.

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Ulla Kock am Brink beim Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Die Moderatorin ist gelassener geworden, wie sie selbst sagt.

Im August waren die Aufzeichnungen der Shows. Wie haben Sie sich persönlich auf die Neuauflage vorbereitet?

Ich habe einige Tage vor der ersten Aufzeichnung die ersten zwei Moderationsbücher bekommen und stand auch im engen Kontakt mit den Autoren. Ich habe zum Beispiel eine ganz gute Idee dafür bekommen, wie man das Gendern hinbekommt, ohne das sich Knoten auf der Zunge bilden. Weil das Gendern sprachlich extrem anstrengend ist, vor allem, wenn man Spiele kurz und knapp erklären will. Ich hatte dann die Idee, dass ich die Erklärung personalisiere.

Gendern ist ein interessantes Stichwort. In den TV Shows in den 1990er Jahren hat man schlichtweg nicht gegendert. Wie wichtig ist Ihnen Gendern heute?

Für mich ist es schon immer total normal, dass es alle möglichen Identitäten gibt, warum auch nicht, dafür sind wir ja Menschen. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob wir das auch versprachlichen oder verordnen sollten. Nein. Es ist wichtig, dass darüber gesprochen wird, aber wir sollten uns nichts verordnen lassen.

Zur Person

Ulla Kock am Brink, Jahrgang 1961, sammelte ihre  ersten TV-Erfahrungen beim WDR in Köln. In den 90er Jahren wurde sie mit der „100 000 Mark-Show“ auf RTL einem Millionenpublikum bekannt. Anschließend moderierte sie Shows wie „Verzeih mir“ (RTL), die „Glücksritter“ (RTL) und die „Goldene Kamera“ (ZDF).

Damals war „Die 100.000 Mark Show“ eine der ersten Fernsehsendungen, bei der man eine so hohe Summe gewinnen konnte, mittlerweile gibt es viele Sendungen, in den man noch höhere Summen Geld gewinnen kann. Was ist für Sie das Besondere an der „100.000 Mark Show“?

Zum einen gibt es kaum eine Show, in der auf so vielfältige Art und Weise Wissen, Können, Sportlichkeit, Teamgeist, Kooperationswille, Durchhaltevermögen, Taktik und auch Coolness in Anspruch genommen werden. So viele Eigenschaften muss man mitbringen, um diese Show erfolgreich zu bestehen. Und zum anderen gibt es für die Zuschauer einen Bewunderungs-Faktor: Die Paare sind zwar Konkurrenten, fallen sich aber trotzdem in die Arme. Das sind Fähigkeiten, die heute ein bisschen abhandengekommen sind und vielleicht dem Zuschauer ein Wohlgefühl mitgeben, dass Kooperation funktioniert. Gerade in dieser derzeit sehr gespaltenen Gesellschaft.

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Der heiße Draht wird auch in der Neuauflage wieder dabei sein.

In den 1990er Jahren haben insgesamt vier Paare in verschiedenen Spielen gegeneinander um Geld gespielt. Dürfen Sie schon verraten, ob und was sich 2022 ändern wird?

Was bleibt sind die Kult-Spiele, wie der Heiße Draht, das Pentagon, die Buchstabenwand, die Wassersäule und der Hindernisparcour. Dann gibt es aber noch ein paar neue Spiele, die entweder jedes Mal neu gebaut werden oder in einer stark veränderten Form in Show drei oder vier noch einmal benutzt werden. Das ist Nachhaltigkeit made by RTL.

Die Fernsehsender scheinen auf einem Retro-Trip zu sein. Im vergangenen Jahr gab es schon Neuauflagen von „Geh aufs Ganz“ oder der „Preis ist heiß“. Könnten die Sender einfach keine Ideen mehr für neue Shows haben?

Ich glaube das sind so Übergangs-Geschichten. Im Moment befindet sich RTL, trotz der einmaligen Rückkehr von Dieter Bohlen, in einem Kulturwandel und ich glaube, dass die Sender merken, dass die Zuschauer ein bisschen Sehnsucht nach einem Sicherheitsgefühl haben und es einfach mit Nostalgie und einem kleinen Trend zu tun hat. Ich glaube viel mehr steckt da nicht hinter. 

„100.000 Mark Show hat gute Chancen“ 

Würden Sie also sagen, dass die Zuschauer heute anspruchsloser geworden sind und sich auf Sendungen ausruhen, bei denen sie keine neuen Spiele oder Charaktere kennenlernen müssen?

Meinen Sie denkfauler oder empfindungsfauler? Ich glaube, dass eher Folgendes passiert: Wir haben eine so unfassbare Menge an Streaming-Möglichkeiten, die ich auch oft nutze. Das bringt einen weg vom normalen fernsehen, man sieht es ja auch an den Reichweiten. Ich glaube, dass eine Sendung, die einen eindeutigen Wiedererkennungswert hat und bei der du die Geborgenheit im Ritual erleben kannst, bestehen kann, wie zum Beispiel „Wer wird Millionär?“. Und auch die Rückkehr zum Bewährten und Bekanntem eine gute Chance hat. So ist es eben auch bei der „100.000 Mark Show“. Zumindest für eine Zeit lang.

Was werden Sie als Moderatorin in der Neuauflage trotzdem anders machen?

Ich werde die Sendung mit etwas mehr Gelassenheit moderieren, das ist unausweichlich. Wenn man ein paar Jahresringe mehr zählen kann, dann biegt sich der Baum langsamer. Ich glaube, meine Stimme wird nicht mehr so hoch und ich etwas erwachsener sein. Nachlässigkeit jedoch würde ich mir nie erlauben.

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Von 1993 bis 2000 konnten die Paare noch 100.000 Mark gewinnen, jetzt sind es rund 50.000 Euro. Schon damals fieberte Moderatorin Ulla Kock am Brink (Mitte) mit den Teilnehmern mit.

Der Name „Die 100.000 Mark Show“ soll ja aufgrund des Kult-Charakters bestehen bleiben. Was können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer denn in der Neuauflage gewinnen? Die Mark gibt es ja nicht mehr.

Der seit Einführung des Euros fixe Kurs liegt bei 1,95, also gewinnen die Paare etwas um die 50.000 Euro, plus eventuell ein Auto, oder den bisher erspielten Gewinn. Oder auch gar nichts, das kann auch passieren. Und das ist auch das Schöne, diese Show ist einfach unberechenbar. Die Paare können die Summe verdoppeln, vervierfachen oder halbieren. Geben sie sich dann damit zufrieden oder werden sie gierig? Es gibt einfach viele Optionen.

In früheren Sendungen haben Sie immer sehr mit den Kandidaten mitgefiebert, werden wir Sie so auch wieder erleben?

Ich fiebere mit, aber ich glaube, ein wenig gelassener als früher. Ich hab die Befürchtung, dass die Kandidaten, wenn ich sie sie zu sehr anfeuere, sagen: ‚Du machst mir Angst, Mutti‘. Und das will ich nicht. Ich werde in der ersten Show mal ausprobieren, was zu mir passt, und wenn es stimmig ist, brülle ich vielleicht doch mal…

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Und ab September werden die Sendungen ausgestrahlt, vier soll es erst einmal geben. Wie würden Sie reagieren, wenn die Einschaltquoten floppen?

Dann werde ich sagen, ich hab noch einmal vier wunderbare Shows produziert und für die Quote kann ich eh nichts. Die programmieren das auf einen Sonntagabend, also viel Spaß Jungs. Ich habe meinen Job gemacht und meine Leidenschaft mit eingebracht.

Wir wollen aber positiv denken, denn die Show scheint ja viel zu bieten. Worauf freuen Sie sich denn am meisten?

Auf das Team. Ich hab total Bock, wieder von 130 Leuten die Namen zu lernen, ich habe einfach diesen Ehrgeiz. Damals kannte ich, naja nach drei Jahren, bis zur Putzfrau jeden Namen. Mir ist es einfach wichtig, dass ich diese harte Arbeit repräsentiere. Und das heißt nicht, dass ich die Queen of fucking everything bin. Ich will, dass wir ein Miteinander haben und keiner die Augen rollt. Ich freue mich aber auch auf die Kooperationen und Teamleistungen, das ist etwas ganz Besonderes.  

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