Daniel Danger im Interview„Es ist Pflicht, auf verschiedenen Kanälen stattzufinden“

Lesezeit 7 Minuten
Neuer Inhalt

Daniel Danger

  • Daniel Danger schlüpft für 1Live auf Youtube in verschiedene Rollen und testet, wie weit er gehen kann. Ob als Professor an der Uni, als Gast im Hotel oder als KFZ-Meister in einer Werkstatt.
  • Ihm und seinem Team geht es darum, die Zuschauer aufzuklären und dafür zu sensibilisieren, nicht alles unkritisch hinnehmen zu müssen.
  • Über sein Format, Social Media und die Zukunft des Radios spricht er im Interview.

Herr Danger, Sie sind mit ihrem Undercover-Youtube-Format, in dem Sie in verschiedene Rollen schlüpfen, sehr erfolgreich. Eine der Folgen hat mehr als 1,4 Millionen Klicks erreicht. Wie planen Sie und Ihr Team das Format? Im Grunde genommen versuchen wir bei dem Format darauf zu achten, dass wir Unterhaltung bestmöglich mit Information verbinden können. Die erste Geschichte hatten wir an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf gemacht, wo ich in die Rolle eines Philosophie-Professors geschlüpft bin und vor 250 ahnungslosen Studenten eine komplette Vorlesung gehalten habe, ohne dass sie gemerkt haben, dass ich selbst Philosophie nicht mal in der Schule belegt hatte. Die zweite Geschichte hat in einem Luxushotel im Sauerland gespielt. Da ging es darum, wie viel ich aus dem Hotel mitnehmen kann. Wir schauen immer, ob wir eine Relevanz haben und achten darauf, die Botschaft mitzugeben, dass man nicht alles hinnehmen muss, ohne es kritisch zu hinterfragen. Darum ging es mir auch bei der Werkstatt, weil mir beim ein oder anderen Besuch selbst aufgefallen war, dass man nicht immer den Grund für alle Reparaturen versteht. Wir wollen dafür sensibilisieren, dass Zuhörer darauf achten, ob wirklich immer alles sein muss.

Also geht es Ihnen um mehr als nur Unterhaltung?

Genau. Im Idealfall gibt es immer noch eine kleine Botschaft, die man sich hinter die Ohren schreiben kann. Bei den Menschen kommt es immer noch ein bisschen anders an, wenn man das mit einem kleinen Augenzwinkern macht und es nicht nach Oberlehrer-Manier herunterbetet. Und das mit einer versteckten Kamera zu verbinden und den Sachen selbst auf den Zahn zu fühlen, macht es am Ende runder.

Ihre Zielgruppe ist eher jung und hat vielleicht teilweise noch keine Erfahrung mit Werkstatt-Meistern.

Das kommt noch dazu. Ich muss aber sagen, dass wir nicht alle über einen Kamm scheren wollen. Viele Werkstätten arbeiten sehr zuverlässig, sehr wahrscheinlich sogar der überwiegende Teil. Aber es gibt immer den ein oder anderen, der versucht, eine Reparatur zu viel zu verkaufen. Da eine Wachsamkeit zu schaffen, ist im Sinne aller Beteiligten.

Was war Ihre außergewöhnlichste Erfahrung während der Drehs?

Gerade in der Werkstatt fand ich es sehr skurril. Am Auto wackeln oder ein paar Mal auf die Hupe hauen, hat Menschen dazu gebracht, mir zu vertrauen. Ich hatte de facto nichts an den Problemen gemacht und trotzdem hatte ich das Gefühl, dass die Leute sich von mir gut beraten gefühlt haben und dachten, ich hätte ihnen geholfen. Dass ich den Menschen mit kompletter Nicht-Ahnung geholfen habe, war für mich das Skurrilste.

Zu Person und Format

Daniel Danger, geboren 1985 in Waldbröl als Daniel Schlipf, ist Moderator und Reporter. Seit 2012 ist er in diesen Funktionen für WDR5 und 1Live tätig.

In seinem Youtube-Format testet er in Undercover-Experimenten verkleidet die Grenzen des Möglichen aus. Als Professor an einer Universität, als dreister Gast im Hotel oder als KFZ-Meister in einer Autowerkstatt. Die Folgen sind auf dem Comedy-Kanal von 1Live bei Youtube zu finden. (lei)

Unter den Opfern waren vor allem ältere Menschen mit Lebenserfahrung, von denen man eigentlich dachte, dass sie es hätten wissen müssen. Ein Kunde hat auf die Frage, ob er mir vertrauen würde und Ahnung von der Materie habe, gesagt, sein Sohn sei KFZ-Meister. Also wenn er es nicht wüsste, wer dann? Und selbst er ist auf mich reingefallen. Das hat überrascht.

Wie groß ist das Team hinter dem Format?

In der Werkstatt waren wir vor Ort mit mir, einer Maskenbildnerin, einem Redakteur und der Produktionsfirma. Dazu gehörten der Regisseur sowie zwei Ton- und Kameramenschen. Insgesamt sind wir immer zwischen vier und sechs Personen.

Also weiß 1Live um die Wichtigkeit von Social Media und setzt dementsprechend Ressourcen ein?

Das ist im Laufe der Zeit immer weiter gewachsen und professioneller geworden. Der aktuelle Werkstatt-Film könnte eins zu eins so im Fernsehen laufen. Die Produktionsfirma macht TV- und Kinoproduktionen. Es gab vier versteckte Kameras, die die Produktionsfirma am Wochenende vor dem Dreh fest verbaut hatte und Vor-Ort-Besichtigungen mit dem Chef der Werkstatt. Insgesamt sind eine sehr akribische Vorbereitung und professionelle Abwicklung nötig. Auch, damit niemand im Umkreis etwas merkt, sonst ginge die Sache nicht auf. Im Internet bleiben die Sachen stehen und die Nutzer haben die Möglichkeit, es sich auch im Nachhinein anzusehen. 1Live setzt darauf, auch bei Social Media sehr präsent zu sein.

Sieht so also das Radio 2.0 aus?

Auf jeden Fall. Die Menschen konsumieren auf die unterschiedlichste Art und Weisen. Es gibt nach wie vor einige junge Menschen, die klassisch auf dem Weg zur Arbeit Radio hören. Es gibt aber auch einen großen Teil, der bei Instagram oder Youtube unterwegs ist. Da gilt es, die Leute mit den gleichen Inhalten zu erreichen. Es ist die Aufgabe und auch die Pflicht, auf verschiedenen Kanälen stattzufinden. Der Idealfall sind Inhalte, die auf allen Kanälen gleichermaßen funktionieren. Dinge wie ein Telefonscherz funktionieren nur im Radio. Wenn ich ein sehr visuelles Thema habe, macht es Sinn, das nur über Social Media zu spielen. Bei größeren Produktionen ist es dem Sender aber sehr wichtig, dass es auf allen Kanälen gespielt werden kann. Deswegen machen wir so etwas nicht jede Woche.

Wie geht 1Live mit dem Thema Podcast um?

Ich finde das selbst sehr spannend, weil ich zum Abschluss meines Studiums schon über das Thema geschrieben habe. Damals gab es den ersten Boom, der im Vergleich mit dem heutigen aber weit weniger groß war. Für den Sender – sowohl 1Live als auch der gesamte WDR – ist das Thema Podcasts sehr wichtig. Auch im 1Live-Kosmos gibt es verschiedene Angebote und immer neue Formate.

Das könnte Sie auch interessieren:

Das ist ein Thema, mit dem man sich sehr seriös befassen sollte. Man tut aber auch gut daran, wenn man die Produkte Radio und Social Media mit derselben Leidenschaft verfolgt. Dafür gibt es immer noch zu viele Hörer und Zuschauer. Neben dem Podcast sind auch die anderen Ausspielwege mindestens genauso wichtig und erfreuen sich einer genauso großen Nachfrage.

Muss ein Radio-Sender sich also auf verschiedene Beine stellen?

Ich glaube, dass das die Zukunft ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschen plötzlich wieder mit der Nutzung des Internets aufhören. Es kann natürlich sein, dass auch der Podcast-Trend wieder abflacht, weil es teilweise ein Überangebot gibt. Wenn es zu viel wird, setzen Leute auf etwas anderes. Mit einer guten Idee und gutem Inhalt hast du gute Chancen, die Menschen zu erreichen. Da schließt sich der Kreis. Denn wenn du gutes Radioprogramm machst, kriegst du die Menschen dazu, zuzuhören.

Inwieweit verändert sich durch diese Entwicklung der Beruf des Radio-Moderators? Muss man damit rechnen, automatisch auch im Social Media stattzufinden?

Bei 1Live geschieht das noch auf freiwilliger Basis. Es gibt auch heutzutage noch Geschichten, die hauptsächlich im Radio laufen. Aber die Zeit hat sich insoweit verändert, dass es vor zehn Jahren noch anders war. Da hat man sich im Wesentlichen auf die Radio-Sendung konzentriert. Was darüber hinaus ging, war im Vergleich zu heute deutlich weniger. Heute sollte man schon wissen, dass 1Live eine Multi-Media-Marke ist.

Wie wichtig sind Gesichter, die mit einem Sender verbunden werden?

Ich glaube, dass Persönlichkeiten, die die Menschen kennen, ein wichtiger Begleiter durch den Alltag sind. Gerade in der jetzigen Zeit, wo so viel aus verschiedensten Gründen nicht so einfach ist. Die Menschen haben durch die Pandemie viele Sorgen. Gerade in diesen Zeiten ist es noch wichtiger, dass du Leute hast, die du kennst und denen du vertraust. Von denen du weißt, dass sie dich verlässlich durch den Alltag begleiten und dich zum Lachen bringen. Das ist heutzutage wichtiger denn je.

KStA abonnieren