„Der Pate“Warum dieser Film unser Bild der Mafia noch immer prägt

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Marlo Brando im ersten Pate-Film

Köln – Don Vito ist ein gemachter, und mehr noch, er ist ein geachteter Mann. Wer ihm die Freundschaft anbietet und mit Respekt begegnet, den wird er anhören und dem wird er aus einer Not helfen oder anderweitig einen Gefallen erweisen. Später dann, irgendwann, vielleicht aber auch nie wird er dann selber eine Gefälligkeit einfordern. Die Welt ist damit geordnet nach einem ganz simplen Prinzip.

Am 14. März 1972 erlebt die Verfilmung von Mario Puzos Romanerfolg „Der Pate“ seine Welturaufführung in New York, in West-Deutschland kommt der Film ein halbes Jahr danach in die Kinos. Zu diesem Zeitpunkt hat „Der Pate“ nur in den USA mit einem Kasseneinspiel von 150 Millionen Dollar das 25-fache seiner Kosten eingespielt; weltweit (ohne China und die Sowjetunion) wird sich die Summe noch einmal verdoppeln. Aufgrund dieser Berechnung ist „Der Pate“ einer der profitabelsten Filme aller Zeiten, beliebt bei Publikum und Kritik.

Zunächst lehnte Francis Ford Coppola das Buch ab

Bei der Oscar-Verleihung 1973 kommt es zum Zweikampf mit „Cabaret“. Beide Filme sind mit zehn Nominierungen im Rennen, Bob Fosses Musical „Cabaret“ holt acht Trophäen und scheint der sichere Kandidat für den besten Film. Francis Ford Coppolas dreistündiges Mafiaepos wurde bis dahin lediglich fürs beste Drehbuch und für Hauptdarsteller Marlon Brando ausgezeichnet. Dann wird der letzte Umschlag geöffnet und der Gewinner heißt „Der Pate“. Es ist der vollendete Triumph für einen Film, der fast nicht zustande gekommen wäre.

1969 erscheint Mario Puzos Roman „Der Pate“, und wie üblich sichert sich Hollywood früh die Filmrechte. Paramount bietet 250.000 Dollar, eine recht kleine Summe, aber auch nicht wenig für einen bis dahin unbekannten Autoren. Man plant einen kleinen Gangsterfilm und kontaktiert Francis Ford Coppola, der als großes Talent gilt, aber noch keinen Erfolg vorweisen kann. Doch Coppola lehnt ab, weil der Roman seiner Ansicht nach nur auf Sensationen bedacht ist: „Ziemlich billiges Zeug“, erzählt er 1972 der britischen Filmzeitschrift „Sight & Sound“. „Deshalb hörte ich nach 50 Seiten mit dem Lesen auf und sagte: Forget it.“

Dann entpuppt sich der Roman als Millionenseller und Paramount wittert ein schnelles Geschäft, will aber keinen Film über kriminelle Italo-Amerikaner. Drei Jahre ist es erst her, dass man mit „Auftrag Mord“ eine schlimme Kassenpleite erlebte.

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Coppola liest das Buch zu Ende, und nun erkennt er den Kniff in der Geschichte. Es geht nicht um Gangsterkarrieren, sondern um eine Familie, das Ringen um Zusammenhalt in den eigenen Reihen und den Kampf gegen Feinde von außen. Er setzt durch, dass der Film wie schon das Buch in den 1940er Jahren spielt. Er vergibt die Hauptrolle an Marlon Brando, der längst nur noch als Kassengift gilt, und holt für die weiteren tragenden Rollen Newcomer (Al Pacino, Diane Keaton) und bislang wenig genutzte Fachkräfte (James Caan, Robert Duvall). Fürs italienische Flair holt er Fellini-Komponist Nino Rota ins Projekt, der verführerisch lyrische Melodien beisteuert.

Vor allem aber bricht Coppola mit erzählerischen Konventionen. Die alte Moral, dass Verbrechen sich nicht auszahlt, wird auf den Kopf gestellt. Er zeigt den Corleone-Clan als Familienunternehmen mit Prinzipien. Man betreibt Glücksspiel, Prostitution und Korruption, aber verweigert sich dem Rauschgift, auch wenn hier die größten Gewinne locken. Man achtet die Pfründe der Konkurrenz, aber wenn die über die Stränge schlägt, antwortet man mit mörderischer Konsequenz.

Coppola erfindet die bis heute prägende Mafia-Folklore

Coppolas Film erfindet die Mafia-Folklore aus Lebensart und Mordkomplott, Pasta und Patronen, wie sie seither bei Martin Scorsese („GoodFellas“, „Casino“), dem Serienhit „Die Sopranos“ bis zum aktuellen Batman-Film nach weitgehend gleichem Muster zu sehen ist.

Eine andere Geschichte ist der italienische Mafiafilm, wo man sich konsequent einer Verklärung des organisierten Verbrechens verweigert. Große Filme hat man dort hervorgebracht, „Der Tag der Eule“, „Gomorrha – Die Rache der Camorra“, „Suburra“ oder zuletzt „Il Traditore“, aber wenn von Mafia im ikonografischen Sinn die Rede ist, hat nur der von Puzo und Coppola geschaffene Mythos Bestand. Seit dem 3. März ist „Der Pate“ noch einmal in mustergültig restaurierter Bild- und Tonqualität in den Kinos zu sehen.

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