So war der „Tatort“ aus HamburgDiese TV-Kommissarin bekommt einen Abschied zum Vergessen

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Julia Grosz steht im dunklen Flur eines Büros. Sie trägt schwarze Kleidung.

Franziska Weisz schlüpft in „Was bleibt“ ein letztes Mal in die Rolle der Tatort-Ermittlerin Julia Grosz.

„Was bleibt“ ist der letzte Hamburger Tatort mit Franziska Weisz als Kommissarin Julia Grosz. Es ist kein würdevoller Abschied.

Was bleibt“ lautet der Tiel des neuesten Hamburger Tatorts. Als Frage in den Raum geworfen, muss man konstatieren: Jedenfalls nicht Franziska Weisz, die als Kommissarin Julia Grosz seit 2016 für das Hamburger Team ermittelt und sich nun aus der Serie verabschiedet. Ihre letzte Folge lief am ersten Tag des neuen Jahres (1. Januar) in der ARD.

Die Folge ist aber nicht auf die scheidende Kommissarin zugeschnitten, sondern auf ihren Kollegen Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring). Ein junger Mann (Malik Blumenthal), an den sich Falke partout nicht erinnern kann, will ihn an ein ungelöstes Versprechen erinnern und bittet um Hilfe. Der Fremde will aber auch nicht seine Identität verraten, die beiden gehen wieder auseinander - bis der junge Mann als Leiche wieder auftaucht.

„Tatort“ aus Hamburg: Das war der Fall

Falke kramt in seinen Erinnerungen und kann den Toten schließlich als Denis Demirovic zu identifizieren, einen bosnischen Flüchtling. Der Kommissar arbeitete in den frühen 2000ern ehrenamtlich in einem Flüchtlingsheim, als dort ein Brandanschlag verübt wurde. Er hatte Denis Demirovic versprochen, dass die Polizei den Täter schnappen würde, was aber nicht gelang. Und dann konnte er den Flüchtling und seine Familie nicht mehr finden.

Zusammen mit Julia Grosz ermittelt Falke in einem Verein für Geflüchtete und stößt so auf das Ehepaar Björn (Gerhard Garbers) und Katharina Timmig (Leslie Malton), die mit Demirovic in Kontakt standen. Der Tote hatte auch Kontakt zu ihrem Sohn aufgenommen, den Tischler Oliver Timmig (Hanno Koffler), und zu seiner Frau Jasmina (Janina Elkin). Demirovic und die Timmigs scheint jedenfalls ein Geheimnis zu verbinden. Und anhand von Klassenarbeiten können die Ermittler den Verdacht erhärten, dass Oliver Timmig als Kind rechtsradikal war und für den Anschlag verantwortlich sein könnte.

„Tatort“ aus Hamburg: Die Auflösung von „Was bleibt“

Das Problem ist nur: Oliver Timmig ist schon als Jugendlicher auf Hoher See verstorben, wie die Ermittler von Björn und Katharina Timmig erfahren. Beim falschen Oliver Timmig handelt es sich um Denis Bruder Allen Demirovic, der in Kumplizenschaft mit den Timmigs die Identität ihres Sohnes angenommen hat, um nicht nach Bosnien zurückkehren zu müssen. Und auch Jasmina konnte als armenische Geflüchtete nur in Deutschland bleiben, weil sie mit dem „falschen“ Oliver einen Deutschen heiratete.

Denis dagegen guckte in die Röhre und geriert nach seiner Rückkehr in die Heimat in eine kriminelle Organisation. Als er sich von seinem Bruder und den Timmigs im Stich gelassen fühlte, drohte er alles zu enthüllen. Er setzte auch Jasmina Timmig unter Druck und ging sie an, weswegen sie ihn mit einer Schere erstach. Die Vorfälle setzen die Beteiligten so stark unter Druck, dass sie den Ermittlern eigentlich alles peu à peu gestehen.

Zum Schluss hat der Fall noch eine letzte böse Überraschung. Schon zuvor erfuhr Falke, dass seine Kollegin Julia Grosz erwägt zum BKA nach Wiesbaden zu gehen. Doch die beiden scheinen sich in dieser Folge besonders nahegekommen zu sein. Als die Ermittlerin gerade entschieden hat, doch in Hamburg bleiben zu wollen, wird sie Zeugin einer Prügelei. Sie kann zwar dem Opfer helfen und die Angreifer vertreiben, das Opfer selbst sticht die Kommissarin dann aber nieder. Sie erliegt ihren Wunden.

Das Fazit zum „Tatort“ aus Hamburg

Der Fall wirkt ein bisschen so, als wäre den Filmschaffenden erst in letzter Minute eingefallen, dass Franzsika Weisz ihre Zelte abbricht. Ihr Tod hat vielleicht einen thematischen Zusammenhang zum Fall, nämlich in der Frage, inwieweit man riskiert zum Kollateralschaden zu werden, wenn man einer anderen Person helfen will. Trotzdem wirkt der plötzliche Messerangriff auf die Kommissarin doch recht motivationslos.

Dabei gelingt es dem Tatort durchaus, emotionale Fallhöhe zu schaffen. Julia Grosz hat vielleicht eine Gesangsszene zu viel, aber die unterkühlte Reaktion Falkes, als er von ihrer Chance beim BKA erfährt, und die warmen Blicke, die sie sich im Verlauf zuwerfen, machen deutlich, dass ihr Abschied Herzen brechen wird.

Wenn nun die Nebenfiguren des Falls wie die Timmigs und Demirovics auch etwas mehr Wärme abbekommen hätten, dann hätte daraus eine spannende Geschichte werden können. Die Fragen, die sich der Tatort um Identität und Herkunft stellt, sind interessant. Bloß beantwortet er sie mit Figuren, die so blass sind, dass man sie kurz nach dem Einschalten schon wieder vergessen kann. Sie haben keine starken Szenen, keine erinnerungswürdige Charakterzüge. Ihr Familienleben, das ebenfalls Fallhöhe hätte erzeugen können, wird nur im Vorbeigehen gezeigt. Visuell weiß „Was bleibt“ durchaus zu überzeugen. Die Stimmung, die mit den Noir-Elementen erzeugt wird, geht aber mit dem schwachen plot leider wieder baden.

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