Auch im MAKKFortschritt für die Kölner Kunstgerechtigkeit

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Nuray Amrhein mit Inventarbuch und Becher

Nuray Amrhein mit Inventarbuch und Becher

Köln – Im Jahr 1998 wurde die sogenannte Washingtoner Erklärung unterzeichnet, eine rechtlich nicht bindende, internationale Übereinkunft, Raubkunst der Nationalsozialisten als solche zu identifizieren, die um ihren Besitz gebrachten Eigentümer beziehungsweise deren Erben ausfindig zu machen und mit diesen eine „gerechte und faire Lösung“ auszuhandeln. Nur ein Jahr später zog Köln daraus die erste Konsequenz: Auf Initiative der damaligen Kulturdezernentin Marie Hüllenkremer wurde Otto Müllers „Zwei weibliche Halbakte“ restituiert. Das Bild war Teil der Sammlung des Rechtsanwalts Ismar Littmann, der sich 1934 das Leben nahm, nachdem ihn die Nazis brutal unter Druck setzten. In Köln war es im alten Wallraf-Richartz-Museum zu sehen; 1999 ging es in den Besitz von Littmanns Tochter, der in Israel lebenden Ruth Haller über. Kurz darauf konnte der Rückerwerb für das Museum Ludwig in die Wege geleitet werden.

Die Geschichte der Provenienzforschung aber nahm in Köln von da an Fahrt auf. 2001 wurde eine entsprechende Forschungsstelle eingerichtet – 23 Werke konnten seither an ihre rechtmäßigen jüdischen Besitzer zurückgegeben werden. Nun verkündete die derzeitige Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach im Museum für Angewandte Kunst einen weiteren Fortschritt in Sachen Restitution: Seit 2012 überprüfen die Kunsthistorikerin Britta Olényi von Husen und der Historiker Marcus Leifeld die Herkunft der Kunst- und Kulturobjekte in den städtischen Museen. Beide hielten jeweils eine halbe Stelle inne, die nun in Vollzeitstellen umgewandelt wurden.

Auch aufgrund der Bemühungen der neuen Direktorin des völkerkundlichen Rautenstrauch-Joest-Museums, Nanette Snoep, den kolonialen Hintergrund ihrer Exponate zu klären, nimmt Köln eine herausragende Rolle in der nationalen und internationalen Provenienzforschung ein, wie Laugwitz-Aulbach feststellt. Die Rückgabe der Raubkunst der Nazis an ihre zumeist jüdischen Besitzer und deren Erben bestimmt schon seit längerer Zeit die Debatte; die Diskussion um Ausstellungsgegenstände aus den ehemaligen Kolonien ist in Deutschland relativ neu, weil der deutsche Kolonialismus insgesamt lange heruntergespielt wurde.

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Dass die Kulturdezernentin die Maßnahmen im Bereich der Provenienzfeststellung im Museum für Angewandte Kunst (MAKK) verkündete, war kein Zufall. Dort ist soeben ein Projekt zur Erforschung der NS-Raubkunst angelaufen, das mit Mitteln des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste unterstützt wird. Nuray Amrhein leitet die Abteilung Dokumentation im MAAK und konnte nun einen aufwendig gestalteten Becher mit Deckel präsentieren, dessen Herkunft ihr bei der Durchsicht der Inventarbücher aus den 30er Jahren Fragen aufgegeben hat. Diesen und andere Objekte wird das Museum im Oktober am „Europäischen Tag der Restaurierung“ der Öffentlichkeit vorstellen.

Zu den zentralen Projekten der Kölner Provenienzforschung zählen bislang die Untersuchungen zur Sammlung Josef Haubrich, die Neuerwerbungen der Graphischen Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums zwischen 1933 und 1945 und die Erwerbungen der Grafischen Sammlung des Museum Ludwig 1933 bis 2015. Auch dem Galeristen Alfred Flechtheim (1878 bis 1937), der 1933 vor den Nazis floh, ist ein Forschungsschwerpunkt gewidmet.

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