Ausstellung „Auf Kölner Straßen“Fotografien zeigen Prominente und magische Momente im Köln der 1970er Jahre

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Rocker-Treffen am Rheinufer.

„Rocker-Treffen am Rheinufer“ heißt diese Fotografie von Christel Fomm.

24 Fotografien von Christel Fomm und Oswald Kettenberger zeigen, oft auf humorvolle Weise, Menschen bei der Arbeit und in ihren Milieus.

Ein bisschen Weltflucht kann in diesen krisengeschüttelten Tagen nicht schaden. Zumal, wenn sie so charmant und liebevoll daherkommt wie die Foto-Ausstellung, die jetzt in den Räumen des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins am Hohenzollernring eröffnet wurde. Den Fluchtweg bilden hier 24 Fotografien von Christel Fomm und Oswald Kettenberger.

Zwei Frauen auf der Rolltreppe an der Trankgasse.

Zwei Frauen auf der Rolltreppe an der Trankgasse.

Zwar waren auch die 1970er Jahre wahrlich nicht frei von Krieg und Krisen. Doch die meisten Szenen, die die beiden Fotokünstler damals auf den Kölner Straßen festhielten, sind weder schwer noch bedrückend. Sie zeigen, oft auf humorvolle Weise, Menschen bei der Arbeit und in ihren Milieus, halten dabei magische Momente fest und heben den damaligen Alltag auf ein inspirierendes Niveau.

Neue Ausstellung zeigt Fotografie der 1970er Jahre von Christel Fomm und Oswald Kettenberger

Zusammengestellt wurde die feine Fotoschau vom „Greven Archiv Digital“, das eine beträchtliche Anzahl rheinländischer Fotografien online verfügbar macht. Dazu gehören auch viele Arbeiten von Christel Fomm und des 2020 verstorbenen Oswald Kettenberger, die zwar höchst unterschiedliche Lebenswege gegangen sind, sich hinsichtlich des Themas der Ausstellung aber wunderbar ergänzen.

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Er hätte ein Star werden können, das wollte er aber nicht.
Kurator Dennis Janzen über Oswald Kettenberger

Oswald Kettenberger war gelernter Fotograf und trat mit 34 Jahren in die Benediktinerabtei Maria Laach ein, wo er in der Fotowerkstatt des Klosterkunstverlags arbeitete. Seine von seinen Mitbrüdern oft skeptisch betrachteten Projekte führten ihn durch ganz Europa, Kettenberger fotografierte bei den Olympischen Spielen in München oder schwule Paare in Amsterdam, immer menschenfreundlich und respektvoll. „Er hätte ein Star werden können, das wollte er aber nicht“, so Kurator Dennis Janzen von der Greven-Stiftung zur Ausstellungs-Eröffnung: „Dazu war er zu sehr Mönch.“

Christel Fomm spricht auf Vernissage über ihre Fotografien

Christel Fomm ist nicht nur Fotografin, sondern auch Autorin, Regisseurin, Kamerafrau und Dokumentarfilmerin. Sie studierte Fotografie an den Kölner Werkschulen, als es sie mit der Kamera in die Veedel zog, wo sich in den 1970er Jahren zum Beispiel mit der Sanierung (und Gentrifizierung) des Severinsviertels eine Menge tat. „Ich wollte mich einfach umschauen und die Welt kennenlernen“, so Christel Fomm auf der Vernissage: „Die Neugier für den Ort, an dem ich lebe, habe ich ausgelebt.“

Fronleichnamsprozession mit Kardinal Frings

Fronleichnamsprozession mit Kardinal Frings

Die Menschen, die sie zeigt, sind authentisch, ausdrucksstark und fest eingebunden in ihre Umgebung. Der Trödler Funke sitzt proper in seinem Laden am Zülpicher Wall neben der riesigen Kasse und dem Wählscheibentelefon. Auf dem Nippeser Wochenmarkt drückt ein alter Mann mit Hut und Zigarre dem Eierverkäufer Münzen in die Hand. Dahinter werben Plakate für das neueste Stück mit Willy Millowitsch. Der Zugführer mit Kastenbrille grinst breit aus dem Fenster seiner Lok.

Von Kardinal Frings bis Mario Adorf: Fotografien der 1970er Jahre zeigen auch Prominente

Ein FC-Fan mit großen Zahnlücken jubelt im Hauptbahnhof. Fußgänger hasten am Neumarkt über die regennasse Straße. Die Bläck Fööss protestieren mit einem spontanen Straßenkonzert gegen Baumfällungen am Karolingerring. „Menschen haben mich immer interessiert, egal, in welchen Lebenssituationen“, sagt Christel Fomm. Das Weitwinkel-Objektiv zog sie dabei immer dem Teleobjektiv vor. Sie musste also nah ran an ihre Protagonisten, zu denen sie ein vertrauensvolles Verhältnis aufbaute, bevor sie den Auslöser drückte: „Ich bin Teil der Situation gewesen.“

Eindrucksvolle Charakterstudien sind auch Oswald Kettenberger gelungen. Man sieht einen versteinert wirkenden Kardinal Frings bei der Fronleichnamsprozession vor dem Dom, schaut Boxer Peter Müller („Müllers Aap“) als Ringrichter bei der Boxmeisterschaft zu und einem gestriegelten Schauspieler Mario Adorf, wie er dem Kampf mit ernstem Interesse folgt.

Jede Aufnahme erzählt eine kleine Geschichte, die sich mitunter zu einem Roman ausweitet. Auf dem Wilhelmplatz fotografierte Christel Fomm 1971 ein türkisches Paar offenbar auf der Suche nach einem passenden Büstenhalter für die Dame. Das Exemplar, das der Mann mit dem Schnäuzer hochhält, scheint noch nicht das richtige zu sein. Die Suche geht weiter.

Türkische Kölner beim Einkauf auf dem Wochenmarkt.

Türkische Kölner beim Einkauf auf dem Wochenmarkt.

Die Ausstellung „Auf Kölner Straßen“ ist bis zum 22. Dezember 2023 im Gebäude des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins am Hohenzollernring 71-73 zu sehen. Die Öffnungszeiten sind montags bis donnerstags 8 bis 17 Uhr und freitags 8 bis 14 Uhr.

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