Kölner Kulturpreis für "Studio Trafique"Digitale Theater-Pioniere

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Szene aus Babel, einer Studio-Trafique-Produktion. 

Köln  – Theater ist immer auch ein transformativer Akt. Für kaum eine Gruppe der Freien Szene in Köln gilt dieser Satz wie für die Theatermacher vom „Studio Trafique“. Die Gruppe um Schauspielerin Anna Marienfeld und Regisseur Björn Gabriel hat sich im Laufe ihres zehnjährigen Schaffens nicht nur des Öfteren umbenannt, sondern auch ständig darum bemüht, neue visionäre Formen des Theatermachens zu ergründen.

Mit unermüdlichem Forschungsdrang erkundet das Theaterkollektiv hybride Formate, in denen Schauspiel, Performance, Video-Art und Live-Film sich zu spannenden Spielformen zusammenfinden. Dass die Schauspieler auf der Bühne dabei mit Kameras das Geschehen selber filmen, gehörte schon lange vor Corona zum Regieprinzip.

So wird der gesamte Bühnenraum wie bei der Inszenierung von „Die Räuber“ zum multimedialen Parcours, bei dem der Zuschauer von den schauspielenden Kamerafrauen und –männern mit auf eine assoziative Reise mitgenommen wird, die sich immer wieder ganz bewusst einer Eindeutigkeit entzieht. Diese intensive Auseinandersetzung mit digitalen Inszenierungsformen kam dem Theaterkollektiv in der Corona-Zeit zugute.

Digitale Inszenierungen

Während überall die Theater für das Publikum geschlossen waren, produzierte das „Studio Trafique“ mit „Toxic“, „Babel“ und „Fassaden“ in den letzten zwei Jahren gleich drei Arbeiten, die vom Zuschauer gestreamt werden konnten.

Und anders als selbst bei vielen großen Bühnen, die sich darauf  beschränkten, ihre Theaterstücke abzufilmen, erwiesen sich bei diesen Stücken die digitalen Inszenierungsmethoden als fester Bestandteil des ästhetischen Konzepts. Neue, veränderte Sehgewohnheiten werden aufgegriffen und auf ihre gesellschaftliche Bedeutung abgeklopft. Denn das Theater des „Studio Trafique“ versteht sich immer auch als dezidiert politisch.

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Das war schon 2015 so, als in „The Great Democracy Show – It’s Unbelievable“ in Form einer immersiven Unterhaltungsshow die Gefahren eines Überwachungsstaates beschworen wurden.

Neben der Neuinszenierung und Umdeutung von Klassikern wie „Die Räuber“ oder „Hamlet“ liegt ein Schwerpunkt der Arbeit in der Entwicklung eigener Stücke, bei denen die Kamera verstärkt zum dramaturgischen Moment wird und in der Entwicklung des Textes Berücksichtigung findet.

Im Mai ist die Gruppe in den Kölner Norden gezogen – in den  Räumlichkeiten eines ehemaligen Nippeser Schützenheims in der Merheimer Straße 292 wird fortan für mindestens drei Spielzeiten Theater gespielt.

Kulturelle Bereicherung

Die neuen Mieter, die das komplett umgestaltete Gebäude gemeinsam mit dem Vermieter, dem Carl-Sonnenschein-Haus, nutzen werden, versprechen für das Veedel zur kulturellen Bereicherung zu werden. Das ausverkaufte Premieren-Wochenende mit der Neuaufführung von „Lenz“ war schon einmal einvielversprechender Anfang. Für das weitere Jahr sind noch drei Neuaufführungen sowie Kooperationen mit anderen Gruppen der Freien Szene geplant.

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