Opulenz ohne RussenDas bietet die Kölner Philharmonie in der Spielzeit 2022/23

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Philharmonie

Philharmonie-Intendant Louwrens Langevoort

Köln – Corona, Ukraine-Krieg, Klimakrise – all dies macht dem klassischen Konzertbetrieb zu schaffen. Und der Kölner Philharmonie auch, wie Intendant Louwrens Langevoort jetzt anlässlich der Vorstellung des KölnMusik-Programms für die Spielzeit 2022/23 in Anwesenheit von Kölns Kulturdezernent Stefan Charles feststellte. Das Pandemie-Problem löst sich indes allmählich auf – obwohl die Auslastung der Vor-Corona-Zeit noch nicht wieder erreicht wird. Der Ukraine-Krieg führt immerhin zu einer spektakulären Umbesetzung: Das Nachhol-Konzert der Wiener Philharmoniker am 11. Mai 2023 wird nicht von Valery Gergiev, sondern von Jakub Hrusa geleitet. Der generelle „Russenmangel“ im Programm hat aber nichts mit der Ukraine zu tun – die Saisonplanung reicht weit vor den Kriegsbeginn zurück.

Valery Gergiev wird nicht mit den Wienern kommen

Auffällig ist nicht nur das Ausbleiben russischer Gastorchester, sondern auch der weitgehende Verzicht auf den Auftritt überseeischer Formationen: Im „Premium“-Abo sind zwar Konzerte mit den Wiener Philharmonikern unter Andris Nelsons, dem London Symphony Orchestra unter (dirigierenden und singenden) Barbara Hannigan und dem Chamber Orchestra of Europe unter dem 96-jährigen (!) Herbert Blomstedt enthalten, aber als einziges US-Ensemble kommt im September das Cleveland Orchestra unter Franz Welser-Möst (mit Alban Berg und Richard Strauss). Globale Tourneen geraten zusehends außer Kurs – nicht nur wegen Corona, sondern auch wegen der Umweltbelastung durch die allfälligen Flugreisen.

Indes zeigt die Übersicht über die (gewohnten) Abo-Reihen (der Vorverkauf beginnt am 7. April), dass sich ein hochkarätiges Programm mit alten Schlachtrössern und vielen Newcomern auch ohne Tourismus rund um den Erdball realisieren lässt. In der Reihe „Internationale Orchester“ etwa kommen zweimal das Concertgebouw-Orchester unter Herreweghe (mit der „Schöpfung“) und dem Finnen Klaus Mäkelä, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Tugan Sokhiev, die English Baroque Soloists unter John Eliot Gardiner mit den Solisten Isabelle Faust und Antoine Tamestit sowie das City of Birmingham Orchestra unter der Dirigentin Mirga Gražinytė-Tylamit dem Pianisten Kirill Gerstein.

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Das „Klassiker!“-Abo wartet mit Auftritten von François-Xavier Roths Originalklang-Ensemble „Les Siècles“ (Rameau, Berlioz und Ravel), des B’Rock Orchestra unter René Jacobs, des Freiburger Barockorchesters unter Pablo Heras-Casado und der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen auf, die den gefeierten Perkussionisten Martin Grubinger begleitet. In der „Piano“-Reihe werden unter anderem Alexander Melnikov, der Kölner Fabian Müller, Igor Levit, Jonathan Biss und Jan Lisiecki zu begrüßen sein.

Artist in Residence als Nachfolgerin des Bratschisten Antoine Tamestit ist in 2022/23 die illustre niederländische Geigerin Janine Jansen (die in Schweden lebende Künstlerin gab per Video ein enthusiastisches Statement zu Kölner Philharmonie und Publikum ab). Sie ist in der kommenden Saison als Solistin in Prokofjews erstem Violinkonzert (mit dem Chamber Orchestra of Europe unter Antonio Pappano), in Kammermusikformation mit Oktetten von Schostakowitsch und Mendelssohn sowie mit dem Sibelius-Konzert (unter Begleitung des Orchestre de Paris unter Klaus Mäkelä zu erleben.

Das Ensemble Resonanz wird sogar zum „Porträtensemble“

Mit dem Ensemble Resonanz unter seinem Leiter Riccardo Minasi wird die Kölner Philharmonie in 2022/23 auch über ein „Porträtensemble“ verfügen. Es tritt mit der Sopranistin Anna Prohaska in einem Berg/Mozart/Mahler-Programm auf, außerdem – ungewöhnlich genug – mit einer konzertanten Darbietung der (von Minasi neu edierten) Bellini-Oper „Norma“, Haydns „Sieben letzten Worten“ (mit Auszügen aus Wolfgang Herrndorfs Blog „Arbeit und Struktur“ sowie, dann unter Emilio Pomàrico, mit Georges Aperghis’ „Migrants I – V“.

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