Von Helge Achenbach bis ZombiesDas sind die Höhepunkte des Film Festivals Cologne

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Final Cut von Michel Hazanavicius

Köln – Man kann der ehemaligen Cologne Conference wirklich nicht vorwerfen, dass sie das Kölner Kinopublikum nicht umgarnen würde. Aus dem Medienfachkongress mit Schaufenster ist beinahe ein richtiges Filmfestival geworden, das die Festivalhöhepunkte aus Cannes, Venedig oder notfalls Berlin so selbstverständlich nachspielt wie die „Filmfeste“ in Hamburg oder München. Und doch fand man sich selbst in den beiden Kölner „Best of Cinema“-Reihen öfters in halbleeren Vorstellungen wieder. Offenbar wartet der geduldige Kölner lieber ab, bis der neue Film von Paul Verhoeven, Ryūsuke Hamaguchi oder Mia Hansen-Love zu ihm ins Veedelkino kommt.

So ganz kann das Film Festival Cologne das Image eines Branchentreffs nicht abstreifen

So ganz konnte das Film Festival Cologne das etwas sterile Image eines Branchentreffs wohl immer noch nicht abstreifen, trotz roten Teppichs, ausgewählter Stargäste und zahlreicher NRW-Premieren – die oft beklagte programmatische Unschärfe des Festivals fällt dabei nicht einmal entscheidend ins Gewicht. Andererseits ist dem geduldigen Kölner vielleicht auch nicht zu helfen, wenn er länger als nötig auf ein international gefeiertes Meisterwerk wie Mia Hansen-Loves „An einem schönen Morgen“ warten mag.

In ihrem Familiendrama erzählt Hansen-Love von einer berufstätigen, alleinerziehenden jungen Witwe, die gemeinsam mit der etwas zerrupften Familie einen Heimplatz für ihren an einer seltenen Form der Demenz erkrankten Vater sucht. Zwischen zwei Kurzzeitpflegen beginnt sie eine Affäre mit einem verheiraten Mann, der sie für Frau und Kind wieder verlässt, nur um ihr zu versichern, dass er ohne sie nicht leben kann. Es ist also ein sehr französischer Film, aber ein so wunderbar beiläufig erzählter, dass man ihn ohne weiteres mit dem Leben verwechseln möchte.

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Sehr französisch ist auch „Final Cut“, der neue Film von Michel Hazanavicius, jedenfalls in dem Sinne, dass er seine Fassung von François Truffauts Film-im-Film-Klassiker „Die amerikanische Nacht“ darstellt – mit hungrigen Untoten, die sich während der Dreharbeiten eines Zombie-Films auf das Ensemble stürzen. Bereits in seiner Stummfilm-Komödie „The Artist“ hatte sich Hazanavicius einem abwegigen Genre mit Haut und Haar verschrieben, jetzt staunt man darüber, dass sein Film bis ins Finale so blendend unterhält, obwohl der Regisseur die Schlusspointe bereits im zweiten Akt verrät.

Auch sonst ist das Autorenkino der großen Festivals in Köln prominent vertreten. James Gray erzählt in „Armageddon Time“ vom alltäglichen Rassismus im New York der 1980er Jahre, Cristian Mungiu verfolgt in „R.M.N“ den Weg zweier Migranten in Rumänien und David Cronenberg zieht in „Crimes of the Future“ die geradezu altersmilde Quersumme seines Werks. Wie diesem Film eilt auch Hirokazu Koreedas „Broker“ der Ruf voraus, die hochgesteckten Erwartungen nicht zu erfüllen – aber was soll das schon heißen beim meisterlichsten der japanischen Meisterregisseure? Der Film handelt von zwei Männern, die Kinder aus Babyklappen stehlen, um sie an kinderlose Paare zu vermitteln; selbst sie dürfen auf Koreedas freundlich-unerbittliche, allem Menschlichen gegenüber aufgeschlossene Nachsicht hoffen.

Unter den Dokumentarfilmen sticht „Can and Me“ mit kölschem Lokalkolorit heraus 

Unter den Dokumentarfilmen des Programms sticht „Can and Me“ mit Lokalkolorit heraus. Michael P. Aust und Tessa Knapp porträtieren darin Irmin Schmidt, das letzte lebende Gründungsmitglied der als „Krautrocker“ nur ungenügend umschriebenen Kölner Musiklegende Can. Am anderen Ende des rheinischen Pop-Spektrums ist Helge Achenbach angesiedelt. Birgit Schulz widmet dem schillernden, als Betrüger überführten Düsseldorfer Kunstberater eine Reise durch den Kunstmarkt. Soll man Achenbach einen radikalen Träumer nennen? Auf Werner Herzog passt der Titel deutlich besser – Thomas von Steinaecker folgt dem 80-jährigen Filmregisseur durch ein Leben, in dem mancher Tag immer noch mit einer Schusswunde beginnt.

Auch Fernsehen gibt es auf dem Film Festival Cologne weiterhin zu sehen, wenn auch nur auf den schmaleren Leinwänden des Filmpalastes. Lediglich für die Jubiläumsfolge des Kölner „Tatorts“ und für Lars von Triers Rückkehr ins kleine Bildformat geht der große Vorhang auf. „The Kingdom Exodus“ setzt das „Hospital der Geister“ von 1994 fort, von Triers genialische Perversion seifiger Krankenhausserien. Allerdings laufen in Köln nur die ersten beiden von sechs Folgen – zum Anfüttern des Publikums sollte sich das Festival eigentlich zu schade sein.

Film Festival Cologne, Filmpalast, Hohenzollernring 22, Köln, 20.-27. Oktober. Tickets unter https://filmfestival.cologne/

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