Charts-KolumneDie zynischen Heinis „Black Eyed Peas” sind zurück – bitte nicht!

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Mit den Black Eyed Peas verbindet unseren Kolumnisten ein ganz besonderes Verhältnis.

  • Unser kolumnist outet sich in dieser Kolumne: Er hat früher für die Top 100 von Viva und MTV die Moderationen geschrieben.
  • Eine Band, die ihm dabei immer besonderes Kopfzerbrechen bereitete: die Black Eyed Peas.
  • Nun ist die Band, der er „jahrelang beim Degenerieren” zuschauen musste, wieder zurück in den Charts. Oh diese Heimtücke.
  • Lesen Sie hier auch weitere Folgen der Charts-Kolumne.

Vor kurzem sind die MTV Top 100 eingestellt worden. Bin ich deswegen melancholisch geworden? Nein. Dabei hätte ich dazu allen Grund, denn ehrlich gesagt war ich es, der viele Jahre lang die Moderationen erst der Viva Top 100 und dann der MTV Top 100 geschrieben hat (es gibt Menschen, die mich deswegen „Molas Hirn“ nennen. Irritierenderweise auch Mola selbst). Wann genau dieser Job endete, weiß ich nicht mehr. Freiwillig angeschaut hatte ich mir die Chart-Sendung sogar in den Zeiten nicht, als ich noch einen Teil meines Geldes damit verdiente.

Danach entschwand sie vollends meinem Bewusstsein. Irgendwo dudelte sie halt noch, in meinen vier Wänden jedenfalls nicht. Die mittlerweile recht verschwommenen Erinnerungen an diese Phase meines Lebens: Liefer-Pizza-Orgien in Köln-Ossendorf, das hektische Blättern im Bravo-Pop-Rocky-Archiv nach nicht völlig uninteressanten Infos über völlig uninteressante Top-10-Acts, die ersten scheuen Kontakte mit diesem komischen Internet, die Aufforderung einer Führungsperson, man solle gefälligst mehr von den Various Artists spielen, die Band sei ja wirklich ständig in den Album-Charts, eine Auto-Fahrt mit Smudo, bei der ich beinahe von Smudo rausgeworfen wurde, weil ich sein sündteures Auto albern fand und mir seine Freundin zustimmte. Im Großen und Ganzen habe ich den Job jedenfalls gehasst. In den Charts passierte nur sehr wenig, man musste ständig dieselben Künstler und Songs anmoderieren, ohne zum Alkoholiker zu werden, und die Musik, die es sich pflichtschuldig anzuhören galt, war zu 98 Prozent das pure Grauen.

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Die MTV Top 100 eingestellt? Na endlich! Und kaum habe ich dieses Thema erfolgreich abgehakt, blicke ich auf die aktuellen Single-Charts und sehe: neu auf 75 – Black Eyed Peas, „RITMO (Bad Boys For Life)“. Sie können sich nicht vorstellen, wie oft ich Moderationen über die Black Eyed Peas schreiben musste. Ich habe dieser Band wutschnaubend beim Degenerieren zugeschaut.

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Ich verfluchte am Ende jede einzelne Neuveröffentlichung dieser zynischen Heinis und zermarterte mir das Hirn, wie ich es fertig bringen sollte, Texte zu verfassen, die nicht komplett nach Ekel und Abscheu klangen. Ähnlich war es mir gegangen, als ich jede Woche unzählige Moderationen über Euro-Dance-Acts schreiben musste. Und die Black Eyed Peas zitierten auf einmal Euro-Dance. Und jetzt, im Jahr 2019, tauchen sie auf einmal wieder in den Charts auf und quälen mich mit einem Sample ausgerechnet aus Coronas „The Rhythm of the Night“. Corona! Italienischer Euro-Dance! Oh diese Heimtücke!

„RITMO“ jedenfalls ist ein Song von niedrigster Qualität, was leider nicht völlig untypisch ist für das, was sich einigermaßen massenhaft verkauft. Hier ein Tipp für alle, die sich nach Harmlosigkeit und melodiöse Einfalt sehnen: „Karma“ von Nimo, Platz 4. Keine Ursache, gern geschehen. Und wo bleibt das Positive? Außerhalb der Charts. Gestern ist „The Gospel According To Water“ erschienen, das neue Album von Joe Henry.

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