Füße stillhalten!Clubgängerin rechnet mit den Egoisten der Generation Party ab

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Die Wasser-Demonstration für die Berliner Kultur «Für die Kultur - Alle in einem Boot» ist am späten Sonntagnachmittag aufgelöst worden.

  • Unsere Autorin Caroline Weigel ist 27 Jahre alt und vermisst das entspannte Weggehen mit Freunden in Kölner Kneipen und Clubs sehr. Trotzdem hat sie null Verständnis für das, was am vergangenen Wochenende in Berlin oder auch andernorts passiert ist.
  • Der Party- und Kulturszene in schwerer Not hilft das überhaupt nicht. Ein Appell von einer Clubgängerin an alle, die sich danach sehnen, endlich wieder tanzen gehen zu können.

Ich kann verstehen, dass viele es leid sind, zuhause zu sitzen, die Wochenenden alleine, maximal im engsten Freundeskreis in der eigenen Wohnung oder mit Abstand im Park zu verbringen. Zu leise Musik, kein Kontakt zu Fremden, immer wieder nur das gleiche. Ich kann es verstehen, weil es mir selber auch so geht. Die Clubs sind zu, andere Kulturangebote laufen nur schleppend und ganz anders an, als wir es gewohnt waren. Es ist warm, wir wollen raus, neue Leute kennenlernen und das Leben genießen, wie es war – vor der Pandemie.

Was ich aber nicht verstehe ist, dass die scheinbar logische Konsequenz aus diesem Frust für viele bedeutet, sich gegen die geltenden Abstandsregeln zu wiedersetzen und damit die Wiedereröffnung der Kultur- und Clubszene sogar weiter zu gefährden. Am vergangenen Wochenende endete die Demo in Berlin „Für die Kultur – Alle in einem Boot“ in einer Rave-Party mit knapp 3.000 Teilnehmenden, die dicht an dicht in Schlauchbooten und meist ohne Mundnasenschutz den Berliner Landwehrkanal fröhlich feiernd entlangschipperten.

Viel Kritik an Rave-Party

Zu recht hagelt es Kritik und Unverständnis für diese Aktion. „Während am Hermannplatz eine Black Lives Matter Demo stattfindet und Menschen wegen Corona im Krankenhaus liegen, feiert der privilegierte Berliner doch lieber einen Rave auf dem Landwehrkanal […]“, ärgert sich ein Twitter-User.

Nicht nur fand die Party-Demo direkt gegenüber eines Berliner Krankenhauses statt und war somit im übertragenen Sinne ein Mittelfinger mitten in die Gesichter des seit Wochen gegen die Corona-Pandemie ankämpfenden Pflegepersonals sowie von Ärztinnen und Ärzten. Sie fand auch zeitgleich mit einer Demo statt, die Gerechtigkeit für den bei einem Polizeieinsatz in den USA getöteten George Floyd forderte.

Ein „I can’t breathe“ Transparent, das auf der Rave-Demo zu sehen war, wirkte fast wie eine Legitimation für die große Party – geschmacklos, fanden viele. Ich auch. Ob diese Kritik die Feierwütigen in Zukunft von weiteren Party-Exzessen fernhält bleibt allerdings fraglich.

Die Abstandregeln wirken – kein Grund sie jetzt zu ignorieren

Ja, die Infizierten-Zahlen gehen zurück. Hier in Köln gibt es derzeit nur noch etwa 40 an Covid-19 erkrankte Personen. Da ist man schnell versucht, bei schönem Wetter im Grüngürtel etwas näher zusammenzurücken oder beim geliebten Büdchen-Kölsch am Brüssler Platz mit anderen auf die vermeintlich überstandene Krise anzustoßen. Aber sie ist eben noch nicht vorbei: Ausbrüche bei Familienfeiern und größeren Versammlungen sorgen derzeit in anderen Städten für rapide Infektions-Anstiege, die schnell außer Kontrolle geraten könnten.

Lasst uns vernünftig sein. Sicherheits- und Hygienekonzepte können nur wirken, wenn wir uns daran halten. Masken wirken nur, wenn wir sie tragen. Abstand nur, wenn wir ihn einhalten.

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Wenn wir diese Regeln nicht befolgen, werden unsere geliebten Clubs so schnell nicht wieder öffnen und die ohnehin schlimm getoffenen Kulturangebote immer weiter wegbrechen. Sind wir also nicht egoistisch. Halten wir die Füße noch ein bisschen still, damit wir bald wieder gemeinsam tanzen können.

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