Podcast „Feuer und Brot“ live in Köln„Unsere Freundschaft kann niemand kopieren“

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Feuer und Brot 1

Alice Hasters (r.) und Maximiliane Häcke  

Frau Hasters, Frau Häcke, Sie haben „Feuer und Brot“ schon 2016 gestartet – also vor dem großen Podcast-Boom in Deutschland. Alice Hasters: Der große Unterschied war, dass die großen Verlage und Medienhäuser mit viel Geld im Hintergrund noch keine Podcasts hatten. Die Szene war vor allem inspiriert von dem, was in den USA passierte und noch relativ übersichtlich. Es gab viele Eigenproduktion ohne große Produktionsfirmen, zumindest in Deutschland. Es ist ja immer ein bisschen nervig, wenn die Leute von der guten alten Zeit reden, aber es war schön! Ich bin froh, dass wir zu diesem Zeitpunkt mit dem Podcast angefangen haben.

Warum? 

Alice Hasters: Es gab dieses eine Telefongespräch zwischen Maxi und mir, bevor wir unseren ersten Podcast aufgenommen haben. Ich war noch an der Journalistenschule in München und ich meinte: „Was ist denn überhaupt unser Konzept?“. Da meinte Maxi: „Ich glaube, wir brauchen kein Konzept, wir reden einfach.“ Und das ist so der Spirit, wie „Feuer und Brot“ gestartet ist. Wir haben nicht mit dem Gedanken angefangen, damit Geld verdienen zu wollen, wir haben einfach gemacht. Und hatten die Freiheit uns auszuprobieren. 

Feuer und Brot 2

Maximiliane Häcke (oben) und Alice Hasters 

Was hat sich verändert? 

Alice Hasters: Wer jetzt einen Podcast startet, baut natürlich auf einem gewissen Erfahrungswert im Podcast-Machen auf, ist aber vielleicht auch deswegen nicht mehr so experimentierfreudig. Immer wieder versuchen Leute auch zu kopieren, was schon Erfolg bringt - dann wird es natürlich irgendwann auch redundant. Was wahrscheinlich auch der Grund ist, warum es zum Beispiel so viele Sex- oder True-Crime-Podcasts gibt. Und wir von „Feuer und Brot“ hatten all das genau nicht, wir haben einfach gemacht, worauf wir Lust hatten. Das ist glaube ich nicht mehr so einfach, wenn man heute Podcasts macht. 

Maximiliane Häcke: Da muss man natürlich auch gucken: Wann platzt die Blase, gibt es einen Zeitpunkt, an dem alle Promi-Interviews gehört sind, oder alle True Crime Fälle erzählt… 

Zu den Personen, zum Podcast und zur Live-Veranstaltung in Köln

Alice Hasters, 33, besuchte die Deutsche Journalistenschule in München und arbeitet als freie Journalistin unter anderem für den Tagesschau, Deutschlandfunk Nova und den Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb). 2019 erschienen ihr Bestseller "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten" (Hanser). 

Maximiliane Häcke ("Maxi"), 33, arbeitet als Schauspielerin und vor allem als Synchronsprecherin für Film und Games, spricht in Hörspielen, liest Hörbücher ein und ist auch Werbe-Stimme. Schon als Kind sprach sie das Kikaninchen im Vorschulprogramm des Kika und war in 26 Folgen "Prinzessin Lillifee". 

Die Freundinnen sind in Köln-Nippes aufgewachsen und kennen sich seit der fünften Klasse. Heute leben sie in Berlin.

Feuer & Brot - der Name des Podcasts geht zurück auf den Spruch eines Klassenkameraden: "Ihr beide seid auch wie Feuer und Brot!". Vermutlich meinte er "Feuer und Wasser" - einmal mehr ein Beweis dafür, dass aus Fehlern oft die besten Ideen entstehen.

In ihrem Podcast, den sie seit 2016 einmal im Monat produzieren, besprechen die beiden  gesellschaftlich relevante, popkulturelle und persönliche Themen wie  Rap, Feminismus, Kulturelle Aneignung, Männlichkeit oder auch mal das Tabuthema der weiblichen Lust oder Menstruation.

Zu einem Live-Podcast kommen Alice Hasters und Maximiliane Häcke am Montag, 24 Januar ins Kölner Gloria (Apostelnstraße 11). Tickets kosten 24,90 Euro. 

https://feuerundbrot.de

Wie schauen Sie insgesamt auf den deutschen Podcast-Boom in den letzten Jahren?

Maximiliane Häcke: Insgesamt sehe ich das absolut positiv, weil ich großer Podcast-Fan bin. Es ist eine total gute und niedrigschwellige Weise, Themen zu bearbeiten, die sonst zu selten stattfinden, sich eine Nische zu suchen, mit einer Community in Austausch zu gehen.

Ist die Nähe zur Community auch ein Grund für Live-Auftritte wie der jetzt in Köln?

Alice Hasters: Für uns als Podcasterinnen ist es komisch: Wir senden dieses Gespräch raus im Internet und kriegen überhaupt nicht mit, wo wir die Leute dann damit begleiten. Deswegen ist es total schön, mal in Gesichter schauen zu können, ein Feedback und Live-Reaktionen zu bekommen. Das Tolle bei einem Podcast ist ja, dass man sich mit der Zeit eine Community heranzieht, die einem tatsächlich zuhört. Weil wir ja ziemlich tief inhaltlich in die Themen einsteigen und man auch erst interagieren kann, nachdem man uns tatsächlich zugehört hat. Und das ist glaube ich generell so ein Podcast-Ding, dass das so die spontane Schärfe rausnimmt, dass die Communitys deswegen oft liebevoller sind. 

"Wir lieben unsere Freiheit"

Sie stecken sehr viel Arbeit in den Podcast und werden nicht reich damit, trotz einer großen Hörerschaft. Kommt man da nicht auch mal in Versuchung – wie andere Podcaster - bei einem großen Anbieter unter zu schlüpfen

Alice Hasters: Natürlich ist uns das auch immer wieder mal durch den Kopf gegangen, aber Maxi und ich merken, dass wir diese Freiheit und dieses Selbständig-Sein sehr mögen. Wenn man das mit einem Medium macht, kann es auch passieren, dass man sich doch irgendwie sich anpassen muss, für ein breiteres Publikum. Dass es keinen Raum mehr für Nischen- oder nerdige Themen gibt. 

Maximiliane Häcke: Wir könnten ja auch viel reißerischer sein, alles darauf setzen, die Masse zu vergrößern, die uns zuhört. Aber das wir das nicht gezielt machen, ist schon eine bewusste Entscheidung für uns. 

Alice Hasters: Wir haben das Problem für uns jetzt so gelöst, dass wir Werbung schalten. Auch das war eine lange Abwägung, aber es ist für uns im Moment das beste Modell. Es ist schon ein Luxus, dass wir finanziell nicht abhängig sind von diesem Podcast und es eine reine Herzblut-Sache ist. 

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Frau Hasters, Sie arbeiten sehr erfolgreich als Journalistin und Autorin – haben Sie denn selbst die Erfahrung gemacht, dass Sie Themen, die Ihnen wichtig sind, in den Redaktionen nicht unterbringen konnten? 

Alice Hasters: Das ist ja der Grund, warum es so viele Menschen gibt, die sich wenig repräsentiert fühlen in den Leitmedien oder sogenannten „Mainstreammedien“– weil sie da mit ihren Themen kein Gehör finden, in den Redaktionen abgeschmettert werden. Aber Medien zu machen, hat sich zum Glück verändert. Dass nur die großen Player die Themen setzen – die Zeiten sind vorbei. Sehr viele talentierte, intelligente Leute, die keinen Platz bekommen würden in Radiosendern, sind jetzt nicht mehr davon abhängig. Und beeinflussen dann auch wiederum die etablierten Medien, wenn sie erfolgreich sind und gehört werden. Das geht natürlich auch mit bestimmten Risiken einher – nicht nur qualitativen. Fake News, Desinformation – das ist die Kehrseite. 

Wie sehen Sie ihre Rolle in „Feuer und Brot“ zwischen Freundinnen-Gespräch und Journalismus? 

Maximiliane Häcke: Ich denke, dass wir da eine tolle Mischung sind. Es ist eine ganz klare Sache, dass Alices journalistische Ausbildung, ihre Skills und ihr Know How uns weiter bringen wenn es um die Struktur der Folgen geht. Und ich habe wiederum durch meinen Job als Synchronsprecherin immer einen guten Draht zu den neuen Serien, den neuen Filmen: Was sind neue Themen, was kommt? Und habe Spaß an der Gestaltung unserer Cover, oder anderen visuellen Komponenten unseres Projekts. Und da sind wir einfach ein super Team. Und wir bringen etwas mit, was niemand so leicht kopieren kann: Dass wir uns schon so lange kennen, dass wir wirklich Freundinnen sind und jetzt schon so lange so echt gut miteinander arbeiten, was wirklich nicht selbstverständlich ist. 

Feuer und Brot 3

Alice Hasters (oben) und Maximiliane Häcke 

Hat die Corona-Pandemie Ihre Arbeit verändert? 

Alice Hasters: Wir haben ja 2016 quasi unter Lockdown-Bedingungen angefangen. Maxi hat in Berlin gewohnt und ich in München. Und wir haben via Telefonkonferenz mit einem Mikrophon aufgenommen. Insofern waren wir gut vorbereitet auf diese Bedingungen. 

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