„Worst-Case-Szenario“Vulkan bricht auf Island aus – Lava reißt Erdoberfläche über mehrere Kilometer auf

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Ein verheerender Vulkanausbruch hat Island erschüttert. Forscher hatten eine verheerende Katastrophe befürchtet.

Einer der stärksten Vulkanausbrüche der vergangenen Jahre erschüttert Island. Der seit Wochen aktive Magmatunnel unter der Reykjanes-Halbinsel im Südwesten Islands ist am Montagabend ausgebrochen. Die isländische Regierung hat den Notstand ausgerufen, die Eruption am Dienstagabend traf Forscher und Anwohner plötzlich.

Laut Angaben des isländischen Wetterdienstes und des Katastrophenschutzes hat sich nordwestlich der evakuierten Stadt Grindavík ein etwa vier Kilometer langer Riss an der Erdoberfläche gebildet, aus dem mehr als 200 Kubikmeter Lava pro Sekunde herausschießen. Sowohl Grindavík, als auch das naheliegende Erdwärme-Kraftwerk Svartsengi sind bedroht.

Vulkanausbruch auf Island: Kilometerlanger Magmatunnel bricht aus – „Worst-Case-Szenario“

Die Eruption ereignete sich demnach um 23.17 Uhr deutscher Zeit nach einer Reihe von Erdbeben entlang des Magmatunnels. „Die Erde ist ganz in der Nähe der Stelle aufgerissen, an dem sich die Lava in den vergangenen Wochen gesammelt hat. Wir haben den Ausbruch erst kurz zuvor kommen sehen. Für uns ist das ein Worst-Case-Szenario“, sagte Geophysiker Benedikt Ófeigsson dem isländischen Nachrichtensender RÚV.

Der Lavafluss entlang des Erdspalts hat sich nur wenige Stunden nach dem Ausbruch bereits deutlich verstärkt. Derzeit sieht es allerdings so aus, als würde die Lava nach Nordwesten ablaufen und nicht den Ort Grindavík treffen. „Die Lage ist noch sehr unübersichtlich. Wenn die Lava nach Süden fließen würde, würde sie Grindavík binnen weniger Stunden erreichen“, erklärte die Meteorologin Kristín Jónsdóttir.

Vulkanausbruch auf Island: Forscher befürchten zweite größere Eruption bei Grindavík

Der ausgebrochene Magmatunnel spuckte am Dienstag weiterhin mehrere Hundert Kubikmeter Lava pro Sekunde in die Luft. Erste Analysen von Vulkanologen lassen darauf schließen, dass sich der Erdspalt direkt über dem zuvor entdeckten Magmatunnel gebildet hat. Die vulkanische Aktivität soll im Laufe des Tages langsam nachlassen.

Das Auswärtige Amt hat seine Reisehinweise für deutsche Bürgerinnen und Bürger aktualisiert und warnt vor möglichen Gefahren durch den Vulkanausbruch. Laut Angaben des isländischen Katastrophenschutzes halten die Schutzbarrieren der Lava bisher stand, die Lage könne sich allerdings schnell ändern. Einige Geologen fürchten auch, dass ein zweiter, stärkerer Ausbruch folgen könnte.

Reykjanes-Halbinsel: Vulkan aus Island ausgebrochen – Magma reißt Erde kilometerlang auf

Der Riss nordwestlich von Grindavík sei deutlich größer als der bei den Ausbrüchen in den vergangenen Jahren. Der derzeit vier Kilometer lange Erdspalt sei noch dabei, sich in beide Richtungen auszuweiten und könnte so den Fluss der Tausenden Kubikmeter Lava verändern, heißt es in einer Einschätzung des isländischen Wetterdienstes.

Alle Menschen seien vor dem Ausbruch aus Grindavík gebracht worden, darunter auch Einsatzkräfte, die den Ort vor einem möglichen Ausbruch absichern sollten. Auch in der bei Touristen beliebten Bláa Lónið, der Blauen Lagune, die in der Nähe von Grindavík liegt, soll sich zum Zeitpunkt der Eruption niemand befunden haben. Die isländische Regierung rief den Notstand aus, um dem Katastrophenschutz weitreichende Befugnisse auf der Reykjanes-Halbinsel zu ermöglichen.

Vulkanausbruch auf Island: Katastrophenschutz misst giftige Gase in der Luft

Durch die heranrauschende Lava könnten mehrere Wasserleitungen gefährdet sein, die nördlich von Grindavík liegen. Auch hätte der Katastrophenschutz bereits giftige Gase in der Luft festgestellt, diese würden allerdings derzeit in nicht besiedelte Gebiete abziehen, hieß es in der Nacht zu Dienstag weiter.

Mehrere Anwohner berichteten, dass durch den plötzlichen Riss in der Erdoberfläche Straßen zerstört worden seien. Die Lage sei allerdings noch unübersichtlich. Der Ausbruch sei in etwa halb so stark wie der Ausbruch der Lavafelder am Holuhraun. Für die Reykjanes-Halbinsel sei die derzeitige Eruption aber höchst ungewöhnlich, so Vulkanologen.

Vulkanausbruch auf Island: Lavafluss bedroht Grindavík – Forscher von plötzlicher Eruption überrascht

Die Sicherheitsbehörden warnen davor, die Region um Grindavík zu betreten. Mehrere Straßen wurden kurz nach dem Vulkanausbruch für nicht notwendige Reisen gesperrt, der Flugverkehr am internationalen Flughafen in Reykjavik wurde eingeschränkt. „Wir haben eine große Menge an Lava gemessen. Der Beginn des Ausbruchs war heftig“, erklärt Meteorologin Jónsdóttir weiter.

Derzeit seien Helikopter der Luftwaffe dabei, die Gegend zu überfliegen und Aufnahmen von dem kilometerlangen Riss zu machen. Die Lava würde vor allem in Richtung des Vulkans Fagradalsfjall ablaufen, erklärte der Vulkanologe Ármann Höskuldsson dem Sender RÚV. „Der Ausbruch kann allerdings noch mehr als eine Woche dauern“, erklärte der Forscher weiter.

Magmatunnel auf Island: Eruption erschüttert Halbinsel – Hunderte Kubikmeter Lava pro Sekunde treten aus

Vulkanologen hatten im Vorfeld des Ausbruchs auf der Reykjanes-Halbinsel eine „verheerende Katastrophe“ befürchtet, sollte der etwa 15 Kilometer lange Magmatunnel unter dem 3600-Einwohner-Ort Grindavík ausbrechen. Die Bewohner waren nach starken seismischen Aktivitäten und mehreren großen Erdrissen im Stadtzentrum Anfang November evakuiert worden.

Die ausgestoßenen Lavamengen nähern sich dem verheerenden Ausbruch des Eldfell im Jahr 1973 an, als dieser auf der Inselgruppe Vestmannaeyjar südlich von Island ausgebrochen war. Damals hatten Forscher bis zu 300 Kubikmeter Lava pro Sekunde gemessen. Ähnliche Lavamengen waren zunächst auch bei dem Ausbruch auf der Reykjanes-Halbinsel befürchtet worden.

Vulkanausbruch auf Island: Forscher befürchten verheerende Katastrophe durch Eruption

Erst vor wenigen Monaten war auf der Reykjanes-Halbinsel ein Vulkan nahe dem Berg Litli-Hrútur ausgebrochen, der entstandene Erdspalt war allerdings nicht mal einen Kilometer lang. Forscher befürchten, dass die Schäden um Grindavík herum deutlich größer sein könnten. Um das Erdwärme-Kraftwerk Svartsengi waren zuvor mehrere Schutzwälle errichtet worden, um die Stromversorgung von 30.000 Menschen zu sichern.

Entstanden ist der Magmatunnel durch seismische Aktivitäten im Jahr 2019 am Berg Thorbjörn, der in einer Kraterlandschaft ganz in der Nähe des jetzigen Ausbruchs liegt. Insgesamt vier Magmatunnel wurden im Anschluss durch die Geologen entdeckt, drei von ihnen brachen in den vergangenen Jahren jeweils abseits der Zivilisation aus. (shh)

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