Vermisste ValeriiaAuch diese 8 Kinder und Teenager aus NRW werden seit Jahren vermisst

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Das Polizeifoto zeigt die damals 15-jährige Tanja Mühlinghaus.

Das Polizeifoto zeigt die damals 15-jährige Tanja Mühlinghaus. (Archivbild)

Der Vermisstenfall Arian beschäftigt Deutschland seit Wochen. Auch in Nordrhein-Westfalen werden seit Jahren Kinder vermisst.

Die neunjährige Valeriia wollte am Montag (3. Juni) zur Schule in Döbeln, kam aber nie an. Was steckt hinter ihrem Verschwinden? Die zuständige Polizeidirektion in Chemnitz sucht seit mittlerweile neun Tagen nach dem vermissten Mädchen. Im Fokus der Ermittler stehen dabei Waldstücke, Felder und größere Freiflächen südlich bzw. südwestlich von Döbeln. Die Polizei hat die Vermutung, dass Valeriia sich in dieser Gegend aufhalten könnte.

Auch in Nordrhein-Westfalen werden Erinnerungen an Vermisstenfälle wach, die bis heute nicht aufgeklärt werden konnten. Wir erinnern an acht Fälle, deren Schicksal die Menschen bis heute beschäftigt.

Deborah „Debbie“ Sassen, vermisst seit Februar 1996

Bis heute ist das Schicksal von Deborah Sassen ungeklärt. Die damals achtjährige Schülerin aus Düsseldorf verschwand am 13. Februar 1996 spurlos. Zuletzt wurde sie auf dem Heimweg vom Schwimmunterricht gesehen. Trotz umfangreicher Suchaktionen und intensiver Ermittlungen von Polizei und Behörden gibt es bis heute keine Hinweise auf ihren Verbleib. Der Fall wurde in unzähligen Artikeln, Reportagen und Dokumentationen in den Medien immer wieder aufgegriffen. So auch vom WDR in der Reihe „Lokalzeit MordOrte“.

Um die Initiative „Vermisste Kinder“ zu unterstützen, zeigte der damalige Bayern-Kapitän Mark van Bommel 2010 vor einem Spiel ein Foto der vermissten Debbie und brach in Tränen aus. Auch die weitreichenden Folgen für ihre Familie waren immer wieder Thema der Berichterstattung. Vor allem das Schicksal ihrer Mutter Dagmar bewegt die Menschen. Ihr ist es unter anderem auch zu verdanken, dass der Fall nicht in Vergessenheit gerät.


Leonie Gritzka, vermisst seit Juli 2016

Seit dem 23. Juli 2016 wird die 15-jährige Leonie Gritzka aus Remscheid vermisst. An diesem Tag verabschiedete sie sich gegen 16 Uhr von ihrer Mutter und verließ die Wohnung. Als Leonie nicht wie erwartet zurückkehrte, informierte ihre besorgte Mutter noch am selben Abend die Polizei und erstattete eine Vermisstenanzeige, doch die Suche nach der Jugendlichen blieb erfolglos. Eine Freundin erzählte der Polizei später, Leonie sei in ein schwarzes Auto gestiegen und mit zwei Männern weggefahren.

Zwei Jahre später war der Vermisstenfall auch Thema in der Sondersendung „Wo ist mein Kind?“ der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“. Der „Remscheider General-Anzeiger“ berichtete im Sommer 2023, dass die Polizei den Fall immer noch nicht zu den Akten gelegt hat. Bis heute erinnert eine Facebook-Seite an die vermisste Remscheiderin.


Katrice Lee, vermisst seit November 1981

Seit über 40 Jahren fehlt jede Spur von der damals zweijährigen Katrice Lee, die am 28. November 1981 in Paderborn verschwand. Trotz groß angelegter Suchaktionen und intensiver Ermittlungen ist ihr Schicksal bis heute ungeklärt. Katrice verschwand aus einem Supermarkt auf einem britischen Militärstützpunkt. Im Jahr 2012 entschuldigte sich die Royal Military Police für Versäumnisse bei den ersten Ermittlungen und nahm die Ermittlungen unter dem Namen „Operation Bute“ wieder auf. Katrices Vater, ein ehemaliger Unteroffizier der britischen Armee, wartet jedoch immer noch auf eine Antwort über den Verbleib seiner Tochter.

Der Vater der verschwundenen Katrice Lee, Richard Lee, gibt anwesenden Journalisten in Paderborn ein Interview.

Der Vater der verschwundenen Katrice Lee, Richard Lee, gibt anwesenden Journalisten in Paderborn ein Interview. (Archivbild von 2018)

Die BBC berichtete im April 2024 über Richard Lee, der sagte, er werde sich anderen Veteranen anschließen, wenn er am 31. Mai zur Downing Street, dem Amtssitz von Premierminister Rishi Sunak, gehe, um seine Medaillen zurückzugeben, aus Protest dagegen, dass die britischen Ermittler nicht genug getan hätten, um Katrices Schicksal aufzuklären.


Emin Önen, vermisst seit Mai 1993

Im Mai 1993 verschwand in Kerpen-Buir der zehnjährige türkische Junge Emin Önen, der von seiner Familie auch Nemir (kurdisch für „unsterblich“) genannt wurde, spurlos. Trotz umfangreicher Suchaktionen, auch in den umliegenden Kiesgruben, konnte er nicht gefunden werden. Im Jahr 2004 wurde ein Junge aufgegriffen, der laut Zeugenaussagen Emin Önen sein könnte. Ein Gentest fiel jedoch negativ aus und zerschlug die Hoffnungen der Familie. Der Fall geriet in Vergessenheit, wurde aber 2011 in der ersten Spezial  „Wo ist mein Kind?“ der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ noch einmal aufgegriffen. 

Indirekt ging der Vermisstenfall in die Musikgeschichte ein: Er wurde im selben Jahr in die deutsche Schnittfassung des Musikvideos zum Klassiker „Runaway Train“ der Rockgruppe Soul Asylum eingeblendet. Das Video zeigte eine Reihe von Vermisstenfällen aus verschiedenen Regionen der Welt. Während 26 Fälle, insbesondere in den USA, aufgeklärt werden konnten, wartet die Familie von Emin bis heute auf eine Antwort. Sie erinnern auf TikTok an Emin.


Tanja Mühlinghaus, vermisst seit Oktober 1998

Reportagen, Dokumentationen, True-Crime-Podcasts: Auch über das ungeklärte Schicksal von Tanja Mühlinghaus aus Wuppertal wurde in den Medien viel berichtet, doch eine Antwort gibt es bis heute nicht. Die 15-jährige Schülerin war wie immer zum Gymnasium gefahren, doch als ihre Mutter sie abholen wollte, fehlte von Tanja jede Spur. Mysteriöse Briefe, im Sande verlaufende Spuren und ein angeblicher Freund, der 14 Jahre später behauptet, er wisse, wo Tanja sei, haben die Familie zermürbt.

Welch perfides Katz-und-Maus-Spiel der vermeintliche Freund mit Tanjas Mutter spielte, zeigt die erschütternde WDR-Dokumentation „Verschwunden: Eltern suchen ihre Kinder“. Hier sagte die Mutter offen, dass sie nicht mehr daran glaubt, dass die Kripo das Schicksal ihrer Tochter aufklären kann.


Bianca Blömeke, vermisst seit August 2000

Auch die Mutter von Bianca Blömeke wartet seit fast 25 Jahren verzweifelt auf eine Antwort, was mit ihrer Tochter geschehen ist. Die damals 19-Jährige, die wenige Monate zuvor selbst Mutter geworden war, verschwand im August 2000 spurlos aus Essen. Zuvor hatte es Streit mit ihrem Freund gegeben. Der verstrickte sich später in Widersprüche, saß sogar einige Tage in Untersuchungshaft. Zu einer Anklage kam es nie – keine Beweise, keine Leiche, kein Prozess.

Ein Plakat mit dem Foto der vermissten Bianca Blömeke.

Ein Plakat mit dem Foto der vermissten Bianca Blömeke. (Archivbild)

Biancas Schicksal ist bis heute ungeklärt. Ein möglicher Totschlag wäre strafrechtlich ohnehin verjährt – im Gegensatz zu Mord, der nie verjährt. Die Ungewissheit über ihr Schicksal belastet ihre Familie sehr, die weiterhin auf neue Hinweise hofft, um den Fall endlich aufklären zu können. Ihre Mutter, die mehrfach über das Schicksal von Bianca berichtet hat, unter anderem in „Aktenzeichen XY“, hat für Bianca eine Website und eine Facebook-Seite eingerichtet.


Ramona Herling, vermisst seit Mai 1989

Am 11. Mai 1989 verschwand die damals elfjährige Ramona Herling aus Bad Driburg im Kreis Höxter auf mysteriöse Weise. Sie war auf dem Weg zu einem Schwimmbad, das nur 500 Meter von ihrem Wohnort entfernt lag. Dort kam sie nie an. Bis heute gibt es keine Spur von ihr, aber einige Theorien, was mit ihr passiert sein könnte.

Die wohl bekannteste ist die, dass sie ein Opfer des britischen Serienmörders Robert Black wurde, dem die Entführung, Vergewaltigung und Ermordung mehrerer Mädchen nachgewiesen werden konnte. Die Ermittlungen ergaben Hinweise, dass er sich zur Tatzeit in der Region aufgehalten haben soll. Black kann nicht mehr befragt werden. Er starb 2016 im Alter von 68 Jahren in einem nordirischen Hochsicherheitsgefängnis an einem Herzinfarkt. Auch einer der bekanntesten Serienmörder Frankreichs, Michel Fourniret, wird verdächtigt, für das Verschwinden von Ramona verantwortlich zu sein. Auch erst ist bereits gestorben († 2021).


David Lück, vermisst seit April 1990

Ein besonders tragischer Fall, denn seit 34 Jahren fehlt nicht nur jede Spur von David Lück, sondern auch von seiner Mutter Henriette, die zuletzt in Köln lebten. Nach dem Verschwinden von David und seiner Mutter geriet schnell der Vater des Kindes, Stjepan I., in Verdacht.

David Lück

David Lück (Archivbild)

Die Ermittler konnten ihm den Mord an Henriette Lück jedoch nie nachweisen. Die Ermittlungen gegen ihn wurden schließlich neun Jahre später, im Juli 1999, von der Staatsanwaltschaft offiziell eingestellt.

Zuletzt ging die Kölner Polizei davon aus, dass der damals elf Monate alte David noch am Leben sei. Deshalb wurde eine Zeit lang nach ihm gefahndet. Laut Medienberichten aus dem Jahr 2016, unter anderem im „Kölner Stadt-Anzeiger“, „Bild“ und „Spiegel“, ging die Polizei davon aus, dass David als kleiner Junge unter anderem Namen in München und Zagreb bei Verwandten oder Freunden des Kindsvaters lebte. Dies konnte jedoch bis heute nicht geklärt werden.

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