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1.500 Kilometer hinter der FrontUkrainischer Angriff auf Industrieanlage verschärft Putins Benzinkrise

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Rauch steigt über einem Öllager auf, das nach einem Militärschlag der ukrainischen Streitkräfte in Brand geraten ist. (Archivbild)

Rauch steigt über einem russischen Öllager auf, das nach einem Militärschlag der ukrainischen Streitkräfte in Brand geraten ist. (Archivbild)

Ukrainische Drohnen treffen eine Raffinerie in Orsk – und das mehr als 1.500 Kilometer von der Front entfernt. Wie reagieren die russischen Behörden?

Die Ukraine hat eine russische Erdölraffinerie im Südural mit Drohnen angegriffen. „In der Region wurde durch feindliche Drohnen ein Angriffsversuch auf ein Industrieobjekt unternommen“, schrieb der Gouverneur des Gebiets Orenburg, Jewgeni Solnzew, bei Telegram. Verletzte habe es nicht gegeben, und die technischen Prozesse im Unternehmen seien nicht gestört worden. 

Dagegen zeigten Videos in sozialen Netzwerken mehrere Drohneneinschläge auf dem Gelände einer Raffinerie in Orsk. Die Großstadt nahe der kasachischen Grenze ist fast 1.500 Kilometer von Stellungen der Ukraine entfernt. 

Ukraine greift Russland tief im eigenen Land an

Der Angriff verschärft die sich in Russland seit geraumer Zeit bemerkbar machende Benzinkrise. Die Ukraine greift seit Monaten gezielt Raffinerien an, erst am Mittwoch war in einer russischen Ölraffinerie in der Region Jaroslawl ein Feuer ausgebrochen, meldeten die örtlichen Behörden. Mehrere ähnliche Vorfälle hat es in den letzten Wochen gegeben.

Die russische Medienholding RBK berichtete vor wenigen Tagen unter Berufung auf Daten der Consultingagentur Siala, dass der Ausfall von Raffinerien in Russland Ende September einen historischen Höchststand erreicht habe und bei 38 Prozent aller Anlagen liege. Etwa 70 Prozent davon sollen durch ukrainische Drohnenangriffe ausgeschaltet worden sein – das bedeutet, dass die Ukraine etwa ein Viertel aller russischen Ölraffinerien zum Stillstand gebracht hätte.

Gezielte Angriffe auf Ölraffinerien macht russischer Wirtschaft zu schaffen

Am Freitag berichtete die russische Staatsagentur Tass, dass Russlands Öl- und Gaseinnahmen im September 2025 im Vergleich zum Vorjahr um 24,5 Prozent auf 582,5 Milliarden Rubel (rund sieben Milliarden US-Dollar) zurückgegangen sei. Dies sei aus Berechnungen der Agentur und Zahlen des Finanzministeriums hervorgegangen. Überprüfbar sind diese Zahlen nicht. Sicher ist: Durch das Öl-Embargo, den Preisdeckel auf Rohöl und Einschränkungen für den Öltransport auf dem Seeweg hat Russland erhebliche Einbußen bei den Einnahmen hinnehmen müssen.

Ein Tanker der so genannten „Schattenflotte“ Russlands nahe der westfranzösischen Hafenstadt Saint-Nazaire am 1. Oktober.

Ein Tanker der so genannten „Schattenflotte“ Russlands nahe der westfranzösischen Hafenstadt Saint-Nazaire am 1. Oktober.

Um die Sanktionen zu umgehen, musste Russland seine Abhängigkeit von der von westlichen Reedereien organisierten Handelsschifffahrt verringern – und seine eigene Flotte aufstellen. Über Mittelsmänner werden dabei Tankschiffe aufgekauft und mit eigenen Versicherungen ausgestattet, die jedoch nicht internationalen Standards entsprechen.

Drohenangriffe treffen Russland empfindlich – Folgt jetzt Tomahawk?

Es sind meist alte Schiffe, die unter Billigflaggen fahren und ungeachtet der internationalen Sanktionen russisches Öl in alle Welt exportieren: die sogenannte „Schattenflotte“ Russlands.

Neben der Benzinkrise dürfte den Kreml ein anderes Problem beschäftigen. Bei einem weiteren ukrainischen Drohnenangriff am Donnerstag auf ein Düngemittelwerk in Beresniki im Gebiet Perm am Ural wurde laut Gouverneur Dmitri Machonin ein Wohnhaus beschädigt. Zwar gab es keine Opfer und der Schaden blieb überschaubar, doch auch Beresniki liegt über 1.500 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

Wladimir Putin warnt die USA vor der Lieferung von Tomahawk-Raketen.

Wladimir Putin warnt die USA vor der Lieferung von Tomahawk-Raketen.

Kremlchef Wladimir Putin will nicht nur deswegen vermeiden, dass die USA der Ukraine – wie laut Wolodymyr Selenskyj in Aussicht gestellt – weitreichende Tomahawk-Raketen zur Verfügung stellen könnte. Der Einsatz solcher Waffen sei nicht ohne die Beteiligung von US-Militärs möglich, sagte der russische Präsident auf dem politischen Waldai-Forum in Sotschi am Schwarzen Meer. „Das ist gefährlich.“

Zwar werde sich das Kräfteverhältnis auf dem Schlachtfeld im Ukraine-Krieg nicht verändern. Die Waffen könnten aber zu einer „absolut neuen, qualitativ neuen Etappe der Eskalation“ führen, zitiert Tass den russischen Staatschef.

Die Ukraine wehrt sich seit mehr als dreieinhalb Jahren mit westlicher Hilfe gegen die russische Invasion und greift dabei immer wieder auch weit entfernte Ziele in Russland mit Kampfdrohnen an. (mit afp/dpa)