AfD-Chefin Alice Weidel attackiert den Verfassungsschutz – und bekommt dafür nun rauen Gegenwind von Polizei, Politik und Experten.
„Menschenverachtend“Weidel-Aussagen sorgen für Empörung bei Polizei und Politik

Alice Weidel, Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, und Tino Chrupalla, Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, bei einer Pressekonferenz. (Archivbild)
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AfD-Chefin Alice Weidel bekommt Gegenwind für ihre Aussagen über den Verfassungsschutz: Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die Behörde nun gegen scharfe Kritik von AfD-Vertretern in Schutz genommen. „Mit diesen gezielten und menschenverachtenden Attacken soll die Arbeit des Verfassungsschutzes in Frage gestellt und deren Mitarbeiter eingeschüchtert werden“, erklärte der GdP-Vorsitzende Jochen Kopelke am Sonntag.
AfD-Chefin Alice Weidel setze auf Polemik, anstatt sich mit den „fremdenfeindlichen und gegen die Menschenwürde gerichteten Bestrebungen“ ihrer Partei auseinanderzusetzen, so der GdP-Vorsitzende.
Alice Weidel bezeichnet Verfassungsschutz als „Stasi-Spitzel“
Weidel hatte die Beschäftigten des Verfassungsschutzes am Donnerstag in einer Sendung von Welt TV als „schmierige Stasi-Spitzel“ bezeichnet. Insbesondere den Präsidenten des Thüringer Verfassungsschutzes Stefan Kramer griff sie persönlich an: „Diesen Kramer da mit diesem Bart und so. Wie der aussieht, was das für Leute sind“, sagte die AfD-Chefin.
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Später legte sie auf der Plattform X noch einmal nach: In keinem demokratischen Land gebe es eine „ähnliche Inlands-Meinungs-Spitzel-Überwachungsbehörde wie in Deutschland den Verfassungsschutz“, schrieb sie dort. Die Behörde bespitzle und verfolge die Opposition.
Auch Björn Höcke nimmt Verfassungsschutz ins Visier
Kopelke nahm außerdem Bezug auf Äußerungen des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke. Im Mai hatte dieser den Beschäftigten des Verfassungsschutz nahegelegt, sich eine neue Arbeit zu suchen. „Am Ende wird es wie immer in der Geschichte heißen: Mitgehangen – mitgefangen“, schrieb der AfD-Landeschef auf X. Der Eintrag ist inzwischen nicht mehr verfügbar.
Der Verfassungsschutz hatte den AfD-Bundesverband zuvor zur gesichert rechtsextremistischen Bestrebung hochgestuft. Weil die AfD dagegen klagte, lässt die Behörde die neue Einstufung bis zu einer juristischen Klärung aber vorerst ruhen. In Ostdeutschland sind bisher vier AfD-Landesverbände vom jeweiligen Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft, unter anderem in Thüringen.
„Fassungslosigkeit“ bei der GdP über Weidels Stasi-Vergleich
„Die Beobachtung oder Einstufung von Organisationen durch den Verfassungsschutz kommen nicht von ungefähr, sondern sind stets auf Aktionen und Äußerungen der Mitglieder zurückzuführen“, erklärte dazu die GdP. Der Vergleich zur Stasi mache „fassungslos“, hieß es weiter. „Jedem Versuch der AfD, unsere Sicherheitsbehörden zu diffamieren, setzen wir uns als Gewerkschaft entgegen“, so Gewerkschaftschef Kopelke.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann im Bundestag. (Archivbild)
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Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sieht eine zunehmende Radikalisierung der Rechtsaußen-Partei. „Die AfD radikalisiert sich unter der Führung von Alice Weidel und Tino Chrupalla immer mehr“, sagte er der „Bild am Sonntag“ und fügte hinzu: „Frau Weidel entwickelt sich selbst immer mehr zum rechtsextremen Verdachtsfall.“
Carsten Linnemann attackiert Alice Weidel
Konkret kritisierte Linnemann Weidels Weigerung, sich davon zu distanzieren, dass ein Mitglied im Bundesvorstand der AfD-Jugend das Motto der Hitlerjugend („Jugend muss durch Jugend geführt werden“) als Vorbild gelobt hatte. Genau wie bei der Verwendung des Ausdrucks „Alles für Deutschland“ verstehe sie die Aufregung nicht, sagte Weidel.
„Alles für Deutschland“ war die Losung der SA und ihre Verwendung ist unter Umständen als verbotenes Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar. Björn Höcke ist deshalb rechtskräftig verurteilt worden.
Scharfe Kritik an Alice Weidel: „Verhöhnt die zahllosen Opfer“
Die jüngsten Aussagen Weidels über den Verfassungsschutz sorgten unterdessen auch bei anderen Parteien für Empörung. „Die Relativierung des DDR-Unrechts durch Alice Weidel ist symptomatisch für die Politik der AfD“, schrieb etwa der Grünen-Politiker Konstantin von Notz auf der Plattform X.
„Mit dieser Aussage beleidigt Alice Weidel nicht nur die vielen tadellosen Beamten der Verfassungsschutzbehörden, sondern sie verhöhnt damit auch die zahllosen Opfer, die von der Stasi bespitzelt, diskreditiert, erpresst oder sogar ermordet wurden“, schrieb unterdessen der FDP-Politiker Christopher Vogt und bezeichnete die Aussagen der AfD-Chefin als „widerlich“.
Verfassungsschutzpräsident kontert Weidel
Der von Weidel persönlich attackierte Thüringer Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer reagierte ebenfalls auf die Aussagen der Parteichefin. „Der Versuch von AfD-Führungskräften, den Verfassungsschutz als Sicherheitsbehörde durch einen Stasivergleich zu delegitimieren und die Angehörigen der Dienste zu diffamieren, ist nicht neu und gehört fast schon zu unserem täglichen Geschäft“, kommentierte Kramer die Attacke am Wochenende gegenüber dem „Handelsblatt“.
Es scheine „ein verzweifelter Versuch zu sein, von der in Teilen eigenen Verfassungsfeindlichkeit, belegt durch umfangreiche Faktensammlungen und teilweise bereits gerichtlich bestätigt, ablenken zu wollen“, fügte der Verfassungsschutzpräsident hinzu.
Kölner Politologe Thomas Jäger: „Das ist die Lust am Umsturz“
Auch auf die persönlichen Attacken der AfD-Chefin ging Kramer ein. „Solche Methoden werden seit geraumer Zeit eingesetzt, wenn man Fakten und Argumente nicht mit sachlichen Gegenargumenten in einer fairen Auseinandersetzung zu widerlegen vermag“, erklärte der Verfassungsschutzpräsident. Es gehe der AfD dabei darum, Menschen mundtot zu machen, einzuschüchtern und ein Klima der Angst zu verbreiten. Das sei „nicht nur schlechter Stil“, sondern zeige, „wessen Geistes Kind die Urheber sind“, erklärte Kramer.
Ähnlich fällt auch die Einschätzung bei Politikwissenschaftlern aus. „Das ist keine konservative Partei, sondern die Lust am Umsturz“, kommentierte etwa der Kölner Politologe Thomas Jäger die Worte der AfD-Chefin auf der Plattform X. „Wohin das stürzen wird, kann sich jeder ausrechnen. Wie man das Grundgesetz verteidigen und diese Partei wählen kann, ist ein Rätsel.“ (mit afp)

