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Ansturm auf BoosterNiedergelassene Ärzte sehen sich mit Drittimpfungen überfordert

Lesezeit 3 Minuten
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Riesige Nachfrage nach Drittimpfungen in Arztpraxen.

Düsseldorf – Der Andrang auf die dritte Corona-Impfung überfordert die niedergelassenen Ärzte. „Wir schaffen es nicht, alle Geimpften auch bis Ende des Jahres zu boostern“, sagte Frank Bergmann, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) am Donnerstag in Düsseldorf.

Auch in Arztpraxen herrsche Überlastung. Seit der Schließung der Impfzentren seien die Teams in Praxen, die Corona-Impfungen durchführen, „in einem Ausnahmezustand.“ Der KNVO-Chef stellte in Aussicht, dass bis Jahresende in ganz NRW zwischen 2,5 und drei Millionen Drittimpfungen durchgeführt werden könnten. Die Gesamtnachfrage könne jedoch nicht bedient werden, räumte Bergmann ein, der Prozess werde sich zeitlich bis in die ersten Monate des neuen Jahres ziehen.

Zusätzliches Impfen an Adventswochenenden

Zugleich kündigte Bergmann die Ausweitung der Impf-Angebote bei Niedergelassenen in der Adventszeit an. Ab dem ersten Adventswochenende am 27. und 28. November öffneten einige Ärzte ihre Praxen für „Walk-in-Impfungen“, eine Terminvereinbarung sei für das Angebot bewusst nicht vorgesehen. Wie viele Ärzte sich an der Aktion beteiligten, kann die KVNO derzeit noch nicht beziffern. Wo offene Angebot bestehen werden, will der Verband ab Ende kommender Woche auf der Homepage unter www.kvno.de veröffentlichen.

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Vulnerable Gruppen zuerst boostern

Die große Nachfrage jüngerer Menschen, die eine dritte Impfung wünschten, erzeuge in den Praxen enormen Druck, sagte Bergmann. Er appellierte an die Öffentlichkeit, den vulnerablen Gruppen den Vortritt zu lassen – auch mit Blick auf die gerade ergangene Stiko-Empfehlung zur Drittimpfung von über 18-Jährigen, also allen Erwachsenen. Die medizinischen Fachkräfte in Praxen erlebten viel Aggression – Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen im Extremfall gehörten bei impfenden Niedergelassenen zum Alltag.

Laut KVNO zeigt sich bei den Drittimpfungen derzeit eine wachsende Dynamik, vor allem in der Altersgruppe über 60. So sei die vergangene Woche mit knapp über 171.000 durchgeführten Impfungen die beste Impfwoche im Bereich Nordrhein seit der Schließung der Impfzentren gewesen.

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Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung liegt NRW im bundesweiten Vergleich bei Erst- (74,4 Prozent) und Zweitimpfungen (71,1 Prozent) auf Rang 5; bei den Booster-Impfungen (5,6 Prozent) liegt NRW auf Rang 6. Die Quote für die Drittimpfung wächst in der Altersgruppe der Über-60-Jährigen am schnellsten, derzeit liegt sie laut KVNO bei 13,4 Prozent.

„Boostern allein kann die vierte Welle nicht brechen"

Gleichwohl gab Bergmann zu bedenken, dass die Drittimpfung allein die vierte Corona-Welle nicht brechen werde. Die immer noch zu hohe Zahl der Ungeimpften zu verringern müsse weiterhin oberste Priorität haben. Im Hinblick darauf, dass in NRW keine separaten Inzidenzwerte für Geimpfte und Ungeimpfte beziffert werden, wie in anderen Bundesländern, sprach sich Bergmann für mehr Klarheit aus: „Wir würden es begrüßen, wenn auch für NRW diese Zahlen erhoben würden – je mehr gesicherte Daten es zum Thema Inzidenzwerte gibt, desto mehr Anhaltspunkte gibt es auch, um die Pandemie bekämpfen und eindämmen zu können“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Dem Vorschlag, auch in den Apotheken impfen zu lassen um das Impftempo zu erhöhen, den RKI-Chef Lothar Wieler jüngst aufgebracht hatte, erteilte Bergmann eine Absage. „Impfen ist eine medizinische Maßnahme mit möglichen Risiken und Nebenwirkungen. Das gehört in die Hand eines Arztes“, sagte er.