Weltweite Trauer und EntsetzenExplosion an Gaza-Krankenhaus: Wer ist die Gruppe „Islamische Dschihad“?

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In dem Krankenhaus-Komplex Al-Ahli ist eine Rakete eingeschlagen und hat hunderte Menschen getötet. Israel macht die militante Gruppe „Islamische Dschihad“ verantwortlich.

In dem Krankenhaus-Komplex Al-Ahli ist eine Rakete eingeschlagen und hat hunderte Menschen getötet. Israel macht die militante Gruppe „Islamische Dschihad“ verantwortlich.

Bei dem Raketeneinschlag in Gaza sind mutmaßlich hunderte Menschen getötet worden. Israel macht eine Iran-finanzierte Gruppe verantwortlich.

Der Raketeneinschlag in einem Krankenhaus in Gaza hat weltweit entsetzte Reaktionen hervorgerufen. Nach Angaben der radikalislamischen Hamas sind bis zum Mittwochmittag mehr als 471 Menschen bei der Explosion am Dienstagabend in dem Krankenhauskomplex getötet worden. Unabhängig ließen sich die Angaben zunächst nicht überprüfen. Es ist eine weitere Eskalationsstufe in dem sich ohnehin dramatisch entwickelnden Nahostkonflikt.

Die radikalislamische Terroristengruppe hatte zunächst die israelischen Streitkräfte für den Angriff verantwortlich gemacht. Israel wehrte sich aber gegen die Vorwürfe und veröffentlichte Fotos, Videos und auch mitgeschnittene Ton-Aufnahmen, die nahelegen, dass die Rakete in Gaza gezündet wurde. Demnach stammt das Geschoss von der radikalen militanten Gruppierung „Palästinensische Islamische Dschihad“ (PIJ). Bei dem Raketeneinschlag in dem Al-Ahli-Krankenhaus soll es sich um eine fehlgeleitete Rakete der PIJ handeln. Die Aufklärung des Falls dauert an.

In dem Großangriff der Hamas auf Israel seit dem 7. Oktober ist die Gruppe „Palästinensische Islamische Dschihad“ (PIJ) bislang recht unauffällig geblieben. Welche Ziele hat die Gruppe und wie agiert sie? Eine Übersicht und Reaktionen auf die Krankenhaus-Explosion.

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Explosion in Gaza-Krankenhaus: Wer ist die Gruppe „Palästinensische Islamische Dschihad“?

Die Vereinigung „Palästinensische Islamische Dschihad“ (PIJ) gilt als eine der radikalsten militanten Gruppierungen im Nahen Osten. Auf ihr Konto gehen viele Anschläge und Selbstmordattentate in Israel mit zahlreichen Toten und Verletzten. Die Organisation entstand in den 1980er Jahren im Gazastreifen, sie ist aktiv im Nahostkonflikt.

Ihre Mitglieder feuern auch immer wieder Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel ab. Die Organisation gilt allerdings als weniger schlagkräftig als die im Gazastreifen herrschende Hamas und ihre Raketen gelten als weniger zielgenau als die der größeren Palästinenserorganisation.

Der „Islamische Dschihad“ strebt wie die Hamas die „Befreiung“ des gesamten historischen Palästinas mit Waffengewalt und damit die Vernichtung Israels an. Sie wird auch von EU und USA als Terrororganisation eingestuft. Die Gruppierung ist auch im Westjordanland aktiv.

Bewaffnete Terroristen der militanten Gruppe Palästinische Islamische Dschihad zeigen sich bei einem eigens für die Presse organisierten Termin im September 2010.

Bewaffnete Terroristen der militanten Gruppe „Palästinische Islamische Dschihad“ zeigen sich bei einem eigens für die Presse organisierten Termin im September 2010. (Archivbild)

Nach Informationen der israelischen Armee wird der „Islamische Dschihad“ vom Iran finanziert. Die Organisation war ebenfalls an dem Massaker in israelischen Grenzorten und einem Musikfestival beteiligt.

Trauer, Entsetzen, Proteste: So reagiert die Welt auf die Explosion im Gaza-Krankenhaus

Der Raketeneinschlag in dem Gaza-Krankenhaus löste weltweit entsetzte Reaktionen und Proteste aus. Während Israel und die palästinensischen Milizen im Gaza-Streifen sich gegenseitig die Verantwortung zuwiesen, äußerten deren Verbündete jeweils deutlich unterschiedliche Ansichten.

Deutschland

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich „entsetzt“ über die Bilder der Explosion in dem Krankenhaus. „Es ist wichtig, dass dieser Vorfall sehr genau aufgeklärt wird“, erklärte der Kanzler. Unschuldige seien verletzt und getötet worden. Aber der Vorfall verdeutliche: „Die Hamas hat mit ihrem schrecklichen Terrorangriff vom 7. Oktober schlimmes Leid über die Bürgerinnen und Bürger in Israel gebracht und in der Folge auch viel Leid über die Menschen in Gaza“, sagte er bei einem Besuch in Ägypten. Ähnlich äußerte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Auch er forderte schnelle Aufklärung.

EU

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete die Explosion als „entsetzlich und erschreckend“. „Es gibt keine Entschuldigung für den Beschuss eines Krankenhauses voller Zivilisten“, sagte sie vor dem EU-Parlament in Straßburg. Es gelte nun festzustellen, wer für den Beschuss verantwortlich sei. „Alle Fakten müssen einwandfrei festgestellt werden und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, erklärte von der Leyen.

USA

US-Präsident Joe Biden stellte sich nach seiner Ankunft in Israel hinter die israelische Darstellung, wonach die Palästinensermiliz Islamischer Dschihad für den Angriff mit mindestens 200 Toten verantwortlich sei. „Auf Grundlage dessen, was ich gesehen habe, scheint es so, als sei es von der Gegenseite ausgeführt worden, nicht von euch“, sagte Biden bei einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Tel Aviv.

Arabische Welt

In der arabischen Welt übernahmen viele Politiker die Version der Palästinenser und legten Israel den Raketeneinschlag zur Last. Der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi sprach von einem „israelischen Bombenangriff“ auf das Krankenhaus. Dieser sei eine „klare Verletzung des Völkerrechts“.

Pro-palästinensische Proteste auch in Ankara (Türkei): Menschen schwenken Türkei- und Palästina-Flaggen am Mittwoch, 18. Oktober.

Pro-palästinensische Proteste auch in Ankara (Türkei): Menschen schwenken Türkei- und Palästina-Flaggen am Mittwoch, 18. Oktober.

Jordanien wies ebenfalls Israel die Verantwortung zu und sagte ein für Mittwoch geplantes Vierer-Gipfeltreffen mit US-Präsident Joe Biden, dem jordanischen König Abdullah II., Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und al-Sisi ab. Ein solches Treffen werde stattfinden, „wenn die Entscheidung getroffen wurde, diesen Krieg zu beenden und den Massakern ein Ende zu setzen“, erklärte der jordanische Außenminister Ayman Safadi.

Iran und Hisbollah

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi rief einen nationalen Trauertag aus. „Die Flammen der US-israelischen Bomben (...) auf das Krankenhaus in Gaza werden bald auch die Zionisten verzehren“, sagte er nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz im Libanon verkündete am Mittwoch einen „Tag des Zorns“ und sprach von einem „Massaker“

Beirut im Libanon: Menschen schwenken Hisbollah-Fahnen bei eine pro-palästinensischen Demonstration.

Beirut im Libanon: Menschen schwenken Hisbollah-Fahnen bei einer pro-palästinensischen Demonstration.

Russland und China

Russland und China hielten sich mit Zuschreibungen der Verantwortlichkeit zurück. Es sei ein „Verbrechen“ und ein „Akt der Entmenschlichung“ , sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Sie forderte Israel und die USA auf, Satellitenbilder vorzulegen, um den Ursprung des Einschlags zu klären. Der russische Präsident Wladimir Putin sprach von einer „Tragödie“ und einer „humanitären Katastrophe“. Er hoffe sehr, dass der Beschuss ein „Signal“ dafür sein werde, „dass dieser Konflikt so rasch wie möglich enden muss“, sagte Putin.

China zeigte sich „entsetzt“ und verurteilte den Raketeneinschlag „auf das Schärfste“. „China ist entsetzt über die vielen Opfer, die der Angriff auf ein Krankenhaus in Gaza verursacht hat“, erklärte das Außenministerium in Peking. China rufe zu einer „sofortigen Waffenruhe und einer Beendigung des Krieges“ zwischen Israel und der Hamas auf. (mit dpa/apf)

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