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3,3 Billionen neue Schulden?Trumps ziemlich hässliches Vorzeigegesetz schafft es im US-Senat

Lesezeit 4 Minuten
US-Präsident Donald Trump spricht bei einer Veranstaltung im Weißen Haus in Washington.

US-Präsident Donald Trump spricht bei einer Veranstaltung im Weißen Haus in Washington. 

Mit denkbar knapper Mehrheit hat der Präsident sein umstrittenes Haushaltspaket durch den US-Senat gebracht. Kurz vor der heiklen endgültigen Verabschiedung im Repräsentantenhaus fährt Tech-Milliardär Elon Musk seinem einstigen Chef in die Parade.

„Gigantisch“ soll es sein, „ein Meisterwerk“ und „die bedeutendste Gesetzgebung in der Geschichte unseres Landes“. So jedenfalls posaunt es Donald Trump seit Wochen heraus. Doch sein Haushalts- und Steuerpaket schleppt sich in einem quälenden Prozess auf die Zielgrade im Kongress. Das „One Big Beautiful Bill“ hat schon mehr als eine Schramme abbekommen. Nun nimmt es auch noch der ehemalige Präsidentenberater und Tech-Milliardär Elon Musk frontal ins Visier.

„Jedes Mitglied des Kongresses, das mit der Reduzierung der Regierungsausgaben geworben und dann sofort für die größte Schuldenerhöhung der Geschichte gestimmt hat, sollte sich schämen“, wetterte der reichste Mann der Welt auf seiner Plattform „X“.

Dieses Mal geht Musk noch weiter als beim ersten Aufflackern der Fehde vor vier Wochen: In mehreren Posts kündigte er finanzielle Zuwendungen für Republikaner, die gegen den Gesetzesentwurf stimmen, die Förderung von parteiinternen Gegenkandidaten der Unterstützer und sogar die Gründung einer neuen Partei an. „Wir leben in einem Ein-Parteien-Land“, behauptete er: „Dem der Schweinchen-Dick-Partei“ - ein Seitenhieb gegen die drohende Explosion der Staatsverschuldung.

Musk mischt sich ein - Trump reagiert

Die Reaktion des Präsidenten ließ nicht lange auf sich warten. Trump behauptet, die Kritik des Tesla-Eigners sei vor allem durch die Kürzungen bei der Elektromobilität motiviert. Kaum verhohlen droht er Musk mit finanziellen Konsequenzen: „Ohne Subventionen müsste Elon seinen Laden wahrscheinlich dichtmachen und nach Südafrika zurückgehen: Keine Raketenstarts, Satelliten oder Produktion von Elektroautos mehr. Und unser Land würde ein Vermögen sparen.“

Das neuerliche Säbelrasseln zwischen den beiden Riesen-Egos ist nur der Seitenaspekt einer viel größeren Auseinandersetzung. Seit Wochen hadern konservative Anhänger einer strikten Haushaltsdisziplin und sozialpolitisch moderatere Republikaner über das Haushaltspaket. Den einen gehen die Einschnitte in die Sozialversicherung zur symbolischen Teil-Gegenfinanzierung der gewaltigen Steuergeschenke nicht weit genug, die anderen fürchten dafür von den Wählern abgestraft zu werden.

Haushaltsgesetz hat rund 900 Seiten

Trump hat das in der jüngsten Version rund 900 Seiten umfassende Paragraphenwerk zum Herzstück seiner legislativen Agenda gemacht. Es ist das erste bedeutende Gesetz, das der weitgehend mit Erlassen und Dekreten regierende imperiale Präsident durch das Parlament zu bringen versucht. Am 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, will er es symbolträchtig unterschreiben. „Bringt die Sache zum Ende!“, forderte er den Kongress schon in der vergangenen Woche auf: „Beschließt das sofort!“

Doch so einfach ist das nicht. Erst haderten die Republikaner intern heftig, um den Entwurf mit der denkbar knappsten Mehrheit von einer Stimme im Repräsentantenhaus zu verabschieden. Dann wanderte das Gesetzespaket in den Senat, wo es auf Antrag der Demokraten in einer Marathon-Nachtsitzung komplett verlesen werden musste. Zwei Tage lang diskutierte die Kammer anschließend hitzig Änderungsanträge. Am Ende stimmten drei republikanische Senatoren mit „Nein“. Nur die Stimme von Vizepräsident J.D. Vance konnte das 50:50-Patt auflösen und Trump die Mehrheit sichern. Nun muss das modifizierte Paragraphenwerk noch einmal vom Repräsentantenhaus gebilligt werden.

Experten: Haushaltsgesetz wird Staatsverschuldung in die Höhe treiben

Jüngste Berechnungen der unabhängigen Haushaltsbehörde des US-Kongresses haben den Streit weiter angefacht. Laut den Experten wird Trumps Gesetz die mit 36,9 Billionen Dollar schon heute schwindelerregende Staatsverschuldung der USA in den nächsten zehn Jahren um 3,3 Billionen Dollar erhöhen. Gleichzeitig drohen elf Millionen Amerikaner ihren Krankenversicherungsschutz zu verlieren.

Die gigantischen Fehlbeträge entstehen vor allem durch die Verlängerung der eigentlich befristeten Steuersenkungen, die Trump 2017 durchgesetzt hatte und von denen vor allem Vermögende und Konzerne profitieren. Daneben sieht das Gesetz noch ein paar vergleichsweise kleinere Steuergeschenke vor allem für Servicekräfte vor, die Trump im Wahlkampf versprochen hatte. Außerdem werden erhebliche zusätzliche Summen für die Massendeportationen und das Militär bereitgestellt. Gekürzt werden soll vor allem bei Studienkrediten, Lebensmittelhilfen und Medicaid, der Krankenversicherung für Bedürftige, deren Etat in der bevorstehenden Dekade um eine Billion Dollar eingedampft werden soll.

Angesichts dieser Aussichten verwundert es nicht, dass die öffentliche Meinung über das „One Big Beautiful Bill“ skeptisch ist. In einer Umfrage des rechten Senders Fox News lehnten 59 Prozent der Befragten das Gesetz ab, während es nur 21 Prozent unterstützten.  Doch Trump übt gewaltigen Druck auf seine Parteifreunde aus, denen er mit einem Ende ihrer politischen Karriere droht. Zwei  Republikaner haben deshalb schon ihren Abschied aus dem Kongress zum Ende der Legislaturperiode erklärt.

„Die Republikaner müssen wie Lemminge über die Klippe springen“, glaubt der Trump-kritische konservative Publizist Charlie Sykes: „Sie haben schlichtweg Angst vor Donald Trump.“ (rnd)