Fragen und AntwortenDie Impfungen in NRW beginnen am Samstag

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Medizner hält Impfstoff

Ein Mediziner hält eine Dosis des Impfstoffs gegen das Coronavirus in der Hand. (Symbolbild)

Düsseldorf – Der Impfstoff, er sei „mindestens ein Lichtblick am Ende eines Tunnels“, wenn auch eines langen Tunnels. So formulierte es der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bei seiner letzten Pressekonferenz im Jahr 2020 am Dienstag in Düsseldorf. Er jedenfalls habe Hoffnung geschöpft, dass „wir die Pandemie im nächsten Jahr hinter uns lassen können“. Und es kann ja auch schon los gehen: Seit diesem Dienstag sind die Corona-Vakzinen des Mainzer Unternehmens Biontech sowie der US-Pharmafirma Pfizer durch die Kommission der Europäischen Union (EU) offiziell zugelassen. Doch wie lange wird es dauern, bis alle durchgeimpft sind? Und wer ist wann dran? Ein Überblick.

Wo befindet sich der Impfstoff jetzt?

Die Impfdosen werden derzeit im Werk des US-amerikanischen Biontech-Partners Pfizer im belgischen Puurs gelagert. Dort werden Ausgangsstoffe, die in den verschiedenen Produktionsstätten von Biontech hergestellt werden, weiterverarbeitet und abgefüllt.

Wann geht es los?

Ab Samstag, 26. Dezember, wird aus Belgien heraus der Impfstoff innerhalb der EU verteilt. Für Deutschland und somit auch NRW ist ein umgehender Impfstart am Sonntag, 27. Dezember, vorgesehen. 9750 Impfdosen werden in der ersten Lieferung laut des Gesundheitsministeriums für NRW erwartet. Jeder Kreis und jede kreisfreie Stadt soll zunächst gleich viele Impfdosen erhalten, nämlich 180. Am 28. und am 30. Dezember sollen weitere Lieferungen mit insgesamt 273.000 Impfdosen folgen. Im Januar würden dann wöchentlich exakt 141.374 Portionen des Serums erwartet.

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Wer wird zuerst geimpft?

Zur ersten Gruppe, der mit der „höchsten Priorität“, gehören: Menschen über 80 Jahre sowie die Bewohner von Pflegeheimen und das Personal im Gesundheitswesen. Ab dem 27. Dezember sollen in NRW zunächst mobile Teams in stationäre Pflegeeinrichtungen fahren, um die Bewohner vor Ort zu impfen. Denn: „Gerade in Pflegeheimen ist das Infektionsgeschehen besonders kritisch“, so Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am Dienstag.

Die 53 Impfzentren in NRW, wie etwa das in der Kölner Messe, werden erst zu einem späteren Zeitpunkt den Betrieb aufnehmen, wenn ausreichend Impfstoff vor Ort vorhanden ist. Dort können sich zunächst Menschen über 80 Jahre impfen lassen, die noch mobil sind. Zu denen, die das nicht sind, kommt nach Terminvereinbarung ein mobiles Team nach Hause.

Und das ist alles schon organisiert?

Laut Landesregierung: ja. Die ersten Impfdosen werden direkt zu den Pflegeheimen geliefert. Aber auch die Impfzentren sind laut Laschet schon jetzt betriebsbereit, die Lieferketten stünden. 14.000 Freiwillige, darunter Ärzte, medizinische Fachangestellte und Pflegekräfte, hätten sich gemeldet und würden helfen. Damit es später nicht zu langen Warteschlagen kommt, steht auch schon eine bundeseinheitliche Nummer zur Terminvereinbarung bereit: 116.117.

Wie ist dann die Reihenfolge?

In der zweiten Gruppe mit „hoher Impfpriorität“ sind über 70-Jährige an der Reihe. Dazu kommen Ärzte und Pfleger mit mittlerem Risiko sowie Personen, die an Demenz leiden oder eine Organspende erhalten haben. In der dritten Gruppe („erhöhte Priorität“) folgen die Menschen, die älter als 60 Jahre alt sind oder bestimmte Vorerkrankungen haben.

Dazu zählen Diabetes, Krebs, Rheuma und Adipositas. Auch Polizei, Feuerwehr, Apotheken-Personal, Erzieher und Lehrer kommen in Gruppe drei an die Reihe. Genauso wie Menschen mit anderen systemrelevanten Berufen, zum Beispiel Politiker und Mitarbeiter im Handel und in der Transportwirtschaft.

Wer sind die Köpfe hinter Biontech?

Der Chef von Biontech Ugur Sahin hatte Biontech gemeinsam mit seiner Frau Özlem Türeci vor etwa zwölf Jahren gegründet. Er wurde in der Türkei geboren und kam später mit seinen Eltern nach Deutschland. Wie auch seine Frau studierte er Medizin. Mit ihrer Firma wollen die beiden eigentlich die Krankheit Krebs bekämpfen. Ende Januar wurde Ugur Sahin erstmals auf das Coronavirus aufmerksam.

Da entschieden er und sein Team, einen Impfstoff dagegen zu entwickeln. Denn seine Firma hatte die Möglichkeiten dazu. „Dass uns die EU jetzt die Möglichkeit gibt, die Menschen mit unserem Covid-19-Impfstoff zu versorgen, erleichtert uns und macht uns glücklich“, sagte Sahin.

Kann der Impfstoff die Situation an den Schulen entspannen?

Das ist derzeit noch offen. Ob es zum Beispiel 2021 in NRW ein reguläres Abitur geben wird, konnte Ministerpräsident Laschet am Dienstag noch nicht sagen. Das Abitur 2021 gehöre zu den „Unwägbarkeiten“ der Pandemie. Prognosen, die über den 10. Januar hinausgingen, seien nicht möglich.

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Laschet verwies aber darauf, dass im ablaufenden Jahr 2020 trotz der Corona-Pandemie deutschlandweit ein reguläres Abitur ermöglicht worden sei. „Wir tun alles, dass das nächstes Jahr auch möglich wird“, betonte Laschet. Die Schulschließungen im Frühling, so Laschet, zähle er rückblickend zu den Fehlern im Pandemiemanagement seiner Landesregierung.

Ist die Mutation des Coronavirus schon in Deutschland angekommen?

Die in Großbritannien und anderen Ländern nachgewiesene Mutation des Coronavirus befindet sich vermutlich bereits in Deutschland. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Mutation unerkannt in Deutschland sei, so der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, sei „sehr, sehr hoch“ – trotz des generellen Beförderungsverbots für Reisende aus Großbritannien, Nordirland und Südafrika, das das Bundesgesundheitsministerium am Dienstag verhängt hatte.

Wie gefährlich ist die Mutation?

Bisher wird davon ausgegangen, dass die neue Form des Erregers deutlich ansteckender ist als die bisherige. Der Chefvirologe der Berliner Charité, Christian Drosten, schrieb zu den neuen britischen Daten zur Mutante auf Twitter, „das sieht leider nicht gut aus“. Eine Kontaktreduktion scheine aber wie beim bekannten Erreger auch hier gegen die Verbreitung zu wirken. Biontech-Chef Sahin erwartet, die Mutation des Coronavirus mit dem in seinem Unternehmen entwickelten Impfstoff in den Griff zu bekommen. Der bestehende Impfstoff gegen das Coronavirus könnte, falls erforderlich, binnen sechs Wochen „umgearbeitet“ und speziell auf die Mutation zugeschnitten werden, sagte Sahin.

Wann wirkt der Lockdown?

RKI-Präsident Wieler appellierte unabhängig von der möglicherweise auch in Deutschland auftretenden Mutation eindringlich an die Bevölkerung, alle Kontakte „auf das absolute Minimum“ zu reduzieren. Die Menschen sollten trotz der bevorstehenden Weihnachtstage auf alle Reisen verzichten.

Wieler erwartet, dass es trotz des harten Lockdowns Wochen dauern wird, bis sich die Zahl der Schwerkranken und Toten reduziert. Am Dienstag meldete das RKI 19.528 Neuinfektionen und 731 weitere Tote – dies waren 5000 mehr Infektionen und 231 mehr Tote als am Dienstag der Vorwoche.

Wie entwickelt sich die Lage in den Kliniken weiter?

Momentan liegen so viele Covid-Patienten auf den deutschen Intensivstationen wie noch nie. Und die Lage wird wohl in den kommenden Wochen weiterhin extrem angespannt bleiben. Es werde bis in den Januar hinein eine „fortgesetzte Grenzsituation auf den Intensivstationen“ geben, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Uwe Janssens. Die Zahlen auf den Intensivstationen in Deutschland würden weiter steigen – „egal, wie gut der Lockdown funktioniert“ . Die Experten rechnen mit etwa 6000 Patienten und damit etwa 1000 Menschen mehr als momentan. (mit dpa/afp)

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