IslamismusReul: „Ich will nicht verschweigen, dass jederzeit etwas geschehen könnte“

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Herbert Reul Mikro

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU)

Düsseldorf – Herr Minister Reul, wie schätzen Sie die Razzia gegen die Dürener Islamistengruppierung ein?

Herbert Reul: Da muss man vorsichtig sein, da die Ermittlungen in diesem Fall noch laufen. Klar ist, dass die Anschlagsgefahr in Deutschland und in NRW unverändert groß ist. Der Fall in Düren zeigt, dass man diese Szene sehr ernst nehmen muss. Wenn da Menschen unterwegs waren, die eine Islamisten-Gruppe gebildet und Kampftrainings durchgeführt haben, die diverse Kontakte ins islamistisch-terroristische Spektrum innerhalb Deutschlands und im Ausland hatten, dann ist das schon besorgniserregend.

Und auch, wenn wir am Ende keine konkreten Hinweise auf einen geplanten Anschlag finden sollten, dann war es trotzdem gut, dass der polizeiliche Staatsschutz eingeschritten ist. Wir handeln, bevor es zu spät ist und sind hier äußerst wachsam.

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Derzeit wird meist über die Terrorgefahr durch Rechts- und Linksextremisten gesprochen, ist darüber die gewaltbereite Islamisten-Szene in Vergessenheit geraten?

Für uns stellen alle drei Felder ernstzunehmende Bedrohungen dar. Zwar ist die Zahl militanter Linksextremisten nicht ganz so groß, aber die Qualität ist ernst zu nehmen. Bei den Rechtsextremisten stellen wir eine deutliche Zunahme gerade unter jungen gewaltbereiten Männern fest, beim Islamismus handelt es sich oft um gefährliche Einzeltäter; nicht selten haben sie sich im Internet radikalisiert.

Der Hagener Fall, bei dem ein 16-jähriger Jugendlicher einen Sprengstoffanschlag auf die örtliche Synagoge verüben wollte, ist das Muster schlechthin. Der Tatverdächtige wurde über soziale Netzwerke von einem Mentor in den Bau einer Bombe eingewiesen. Wir können froh sein, dass unsere Sicherheitsbehörden sorgfältig aufpassen, und uns auch die Zusammenarbeit mit ausländischen Dienste hilft, geplante Attentate zu verhindern. Deshalb ist diesmal zum Glück nichts passiert, aber ich will auch nicht verschweigen, dass jederzeit etwas geschehen könnte.

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Dass die Behörden den Hagener Anschlagsplaner verhindert haben, war reiner Zufall. Muss einem dies nicht zu Denken geben?

Mittlerweile ist es recht einfach, sich mit ein paar Klicks eine Anleitung zum Bau eines Sprengkörpers aus dem Netz herunterzuladen. In diesem Fall war es ja auch so, dass der Beschuldigte keine Probleme hatte, einen Experten aus dem Ausland zu finden, der ihn in der Herstellung unterrichtet hat. Das ist sicher manchmal auch ein Stück Zufall, dass die hiesigen Behörden darauf aufmerksam werden und eingreifen.

Gleichzeitig profitieren wir immer wieder von der ausgezeichneten Zusammenarbeit aller Akteure; man ist im ständigen Austausch, das hilft ungemein. Am Ende kann man die Vorbereitung solcher Taten angesichts der Flut der Chats und Bewegungen im Netz allerdings nicht völlig unterbinden.

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