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Kritik an StampJunge Liberale in NRW fordern FDP-Landesvorstand zum Rücktritt auf

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JuLi-Chef Alexander Steffen

Düsseldorf – Die Jungen Liberalen (JuLi) in NRW fordern nach den herben Verlusten der FDP bei der Landtagswahl den Rücktritt der gesamten nordrhein-westfälischen FDP-Parteispitze. „Die Partei braucht nach der bitteren und deutlichen Niederlage eine personelle Neuaufstellung“, sagte Alexander Steffen, Vorsitzender der Jungen Liberalen, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

„Wir schlagen deswegen vor, dass der gesamte FDP-Landesvorstand auf seiner nächsten Klausurtagung nicht nur einen konkreten Zeitplan für den angestrebten Prozess vorstellt, sondern auch zum nächsten ordentlichen Landesparteitag seinen Rücktritt erklärt“, fügte der Politiker aus Ratingen hinzu.

Die Klausurtagung des FDP-Landesvorstands findet am Wochenende im Oberbergischen Kreis statt. Dort wollen die Julis ein sechsseitiges Papier vorstellen, in dem die Fehler bei der Landtagswahl analysiert werden. Darin werden der bisherigen Parteispitze um Landeschef Joachim Stamp schwere Strategiefehler vorgeworfen. „Die CDU konnte im vergangenen Landtagswahlkampf besseren Wahlkampf mit unseren eigenen Ideen machen als wir selbst“, heißt es in der Analyse.

Alles zum Thema Joachim Stamp

Der FDP sei es nicht gelungen, sich „mit starken Persönlichkeiten mit erkennbarem Profil im Wording von der CDU“ abzugrenzen. Es müsse „immer sichergestellt sein, dass die liberale DNA in einer Regierungskonstellation erkennbar“ bleibe.

Abgrenzung zur CDU bei Finanz-Themen habe gefehlt

An diesem Anspruch ist die bisherige Führungsmannschaft der FDP nach Ansicht der JuLis (rund 4500 Mitglieder in NRW) klar gescheitert. Durch eine überzogene „staatstragende Haltung“ seien die Inhalte und Positionen von Freien Demokraten „zunehmend verwässert worden“. „Vor dann anstehenden Wahlen besteht in einer beängstigenden Regelmäßigkeit das Problem, den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr erklären zu können, warum überhaupt die FDP gewählt werden soll“, heißt es in dem Analysepapier.

Insbesondere bei finanzpolitischen Themen habe eine klare Abgrenzung zur CDU gefehlt: „Dass sich auch nach fünf Jahren NRW-Koalition bei der Grunderwerbsteuer bis auf ein fragwürdiges Förderprogramm nichts bewegt hat, steht symptomatisch dafür“, bilanzieren die JuLis. Die Unterstützung der Wahl von Hendrik Wüst (CDU) zum neuen Ministerpräsidenten, die im Oktober vergangenen Jahres stattfand, hätte „klar und deutlich an die Senkung der Grunderwerbsteuer geknüpft werden müssen“. CDU und FDP verfügten zu der Zeit im Landtag nur über eine knappe Ein-Stimmen-Mehrheit.

„Liberale Erfolge nur zögerlich verkauft“

In der schwarz-gelben Landesregierung wurde das Familienministerium, das Schulressort und das Wirtschaftsministerium von der FDP besetzt. Die Jungen Liberalen werfen den Ministern vor, ihre Erfolge nicht offensiv genug verkauft zu haben. „Die Kommunikation ist in Regierungszeiten ein A und O. Liberale Erfolge wurden in fast allen Ministerien jedoch nur sehr zurückhaltend und zögerlich verkauft. Der FDP wurden Erfolge wie das Offenhalten der Förderschulen, die Etablierung von Talentschulen oder auch eine ausgewogene Integrationspolitik zu selten zugeschrieben. Zu häufig wurden die Erfolge für die Koalition als Ganzes vereinnahmt.“

Deutliche Kritik äußern die Jungen Liberalen auch an der Führungskultur der FDP-Spitze. Auf Parteitagen werde man künftig keine „Regierungs-PR-Shows“ mehr akzeptieren. „Viele Debatten, die die Mitglieder unserer Partei bewegen, wurden hier durch Vorgaben der Parteiführung unterbunden“, schreiben die JuLis. Beispielhaft stehe hierfür die Debatte zu nachgelagerten Studienbeiträgen, mit der man sich „ins Rampenlicht“ hätte stellen können. „Wenn wir als Programmpartei auch zukünftig überzeugen wollen, müssen wir intern endlich wieder diskutieren können. Und wir brauchen keine Angst vor unseren Überzeugungen zu haben.“ Die FDP wieder „inhaltlich stärker provozieren“.

Zu wenige weibliche und junge Mandatsträger

Als Folge der Niederlage ist die FDP-Landtagsfraktion auf 12 Mitglieder geschrumpft. Vier Abgeordnete gehören dem Parlament bereits seit 22 Jahren an, vier weitere sind ehemalige Regierungsmitglieder, die ihr Mandat behalten wollen. Die Junge Liberalen beklagen, dass weibliche und junge Mitglieder in der neuen Landtagfraktion unterrepräsentiert seien. Damit künftig auch neue Mandatsträger zum Zuge kommen könnten, müsse das Aufstellungsverfahren überdacht werden. „Einzig die Zugehörigkeit zu einem Bezirksverband und die Frage, ob schon jemand Mitglied eines Parlamentes ist, kann bei Listenzusammensetzung nicht mehr zentraler Entscheidungsmaßstab sein“, fordern die JuLis.

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Die FDP hatte bei der Landtagswahl am 15. Mai 5,9 Prozent der Stimmen erzielt, 6,7 Prozent weniger als 2017. FDP-Chef Joachim Stamp hatte die Verantwortung für die Niederlage übernommen und angekündigt, die Ursachen der Wahlniederlage aufzuarbeiten. Die Jungen Liberalen verlangen, dass sich die FDP künftig nicht nur auf einen Spitzenkandidaten fokussiert, sondern als Team „mit unterschiedlichen Charakteren“ antritt. Der nächste ordentliche Landesparteitag ist für Frühjahr 2023 geplant.

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