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Vorwurf des MobbingsEx-Geschäftsführer des „domradio“ gewinnt Prozess gegen Erzbistum Köln

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Das Gebäude des Arbeitsgerichts Köln

Das Arbeitsgericht Köln

Carsten Horn wehrt sich erfolgreich gegen eine unangemessene Weiterbeschäftigung durch das Erzbistum und wirft seinem Arbeitgeber Mobbing vor. 

Was tun, wenn der Arbeitgeber einen leitenden Angestellten die sprichwörtlichen Büroklammern biegen, Servietten falten – oder Weihrauchkörner sortieren lässt, um es bildhaft auf den Fall zu beziehen, der jetzt vom Arbeitsgericht Köln gegen das Erzbistum entschieden wurde?

Carsten Horn, langjähriger Geschäftsführer des Kölner „domradio“ und von 2005 bis 2019 Büroleiter der Generalvikare Dominik Schwaderlapp, Stefan Heße, Dominik Meiering und Markus Hofmann, hatte auf eine angemessene Beschäftigung geklagt. Im November 2024 wurde Horn Knall auf Fall von seinem Geschäftsführerposten freigestellt, nachdem einige Monate zuvor schon der langjährige Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen abgelöst worden war. Im April dieses Jahres wies man Horn dann in der Bistumsverwaltung eine Aufgabe so weit unterhalb seiner vorherigen Stellung zu, dass seine Anwältin im Prozess von einem beleidigenden und degradierenden Verhalten des Erzbistums sprach.

Beamtenähnliches Arbeitsverhältnis

Horn, der aufgrund einer Besonderheit im kirchlichen Arbeitsrecht in einem unkündbaren beamtenähnlichen Arbeitsverhältnis steht, sollte sich auf Referentenebene um die Einführung einer neuen Software für die Kirchengemeinden kümmern. Ein laut Bistum zentrales Zukunftsprojekt, nach Horns Schilderung aber ein nachgeordneter, rein operativ-administrativer Job ohne Leitungs-, Personal- und Budgetverantwortung, was Horns vorigen Posten ausgezeichnet hatte.

Auf die Grundsatzentscheidung über die neue Software hatte er – weil längst getroffen – keinen Einfluss mehr. Der Vorsitzende Richter Joachim Lennarz ließ in der Verhandlung kaum einen Zweifel an der Auffassung des Gerichts, dass Horns aktuelle Aufgabe „nicht zu dem passt, was der Kläger beanspruchen kann“.

Für das Bistum argumentierte Rechtsanwalt Stephan Vielmeier (München) mit der faktischen Unmöglichkeit, Horns Ansinnen zu entsprechen. „Es gab keine passende Stelle, und es wird auch auf absehbare Zeit keine Stelle frei werden, die der Kläger für angemessen hält.“ Ein Dilemma, wie auch Richter Lennarz an Horn gewandt, deutlich machte. Auch wenn das Gericht zu seinen Gunsten entscheide – „was bringt Ihnen dann ein Urteil?“

Erstens sei es grundsätzlich Aufgabe des Erzbistums, ihren Mandanten adäquat zu beschäftigen, argumentierte Horns Anwältin Luca Borowski. Und zweitens habe das Erzbistum hohe Leitungsposten besetzt, ohne Horn auch nur in das Auswahlverfahren einzubeziehen. Die Vollstreckung des Urteils, das die 13. Kammer des Arbeitsgerichts zu Horns Gunsten fällte, sei in der Tat schwierig, räumte Borowski an. Aber mit dem Urteil in der Hand könne man den Bistumsverantwortlichen nun mit Zwangsgeld oder gar Zwangshaft drohen, wenn sie weiter untätig blieben. Im normalen Berufsleben sei das ein üblicher Schritt. „Aber sollte man gerade von der Kirche als Arbeitgeberin nicht erwarten können, dass sie sich rechtsstaatskonform und gesetzestreu verhält?“

Ehemaliger Geschäftsführer spricht von Mobbing

Horn selbst sprach mit Blick auf seine kirchlichen Vorgesetzten von Mobbing. Ein hochrangiger Vertreter des Bistums habe ihm in einem von vielen Gesprächen rundheraus gesagt, es sei für ihn kein Führungsposten vorhanden – und man werde für ihn auch keinen „schnitzen“. Just zu diesem Zeitpunkt sei parallel das Verfahren zur Besetzung einer Führungsposition gelaufen, die Horn sich nach seinen Worten gut für sich hätte vorstellen können. In der Gerichtsverhandlung ließen die Bistumsvertreter die mehrfache Frage des Vorsitzenden, ob der Rechtsstreit dann nicht doch einvernehmlich zu lösen gewesen wäre, in der Sache unbeantwortet. Aus alledem, so Horn, habe er den Eindruck gewonnen, „dass das Erzbistum mich partout nicht in leitender Stellung beschäftigen will“.

Der 56-Jährige steht damit nicht allein. Zurzeit sind beim Arbeitsgericht noch zwei weitere Klagen ehedem leitender Bistumsmitarbeitender anhängig, deren Fälle ähnlich gelagert sind wie Horns. Kenner des Bistums meinen übereinstimmend, dass alle drei Führungspersönlichkeiten auf die eine oder andere Art in Ungnade gefallen und abserviert worden seien.

Auch die zwei anderen Betroffenen wollen diesen Umgang nicht hinnehmen. Bei einer der beiden Personen kamen jüngst Versuche ans Licht, sie durch Kollegen ausspionieren zu lassen. Ihre Anwältin wertet dies im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ als Fortsetzung eines „zunehmend feindseligen“ und „gezielt schikanösen Verhaltens“, das „den Tatbestand des Mobbings“ erfülle und „auf die gezielte Herabwürdigung und Ausgrenzung meiner Mandantin gerichtet“ sei.

Erzbistum bestreitet Zusammenhang mit Heirat

Die Motivlage der Bistumsleitung ist naturgemäß schwer zu überprüfen. Carsten Horn hat, was ihn betrifft, einen distinkten Verdacht: Genau zwei Tage, nachdem Horn seinen langjährigen Lebenspartner geheiratet hatte, stellte man ihm beim „domradio“ einen zweiten Geschäftsführer an die Seite, was nicht nur Horn selbst als Entmachtung betrachtete. Das Erzbistum bestritt in dem Rechtsstreit energisch, dass das eine mit dem anderen zu tun gehabt habe.

Und tatsächlich gibt es dafür keine belastbaren Belege. Das allerdings hat nach den Worten von Ramona Kielblock, Mitglied im Vorstand der katholischen Queer-Initiative „Out in Church“, System. Seit eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts das formelle Vorgehen gegen Mitarbeitende wegen ihrer sexuellen Orientierung praktisch unmöglich macht, würden „andere Wege gesucht und gefunden, Leute loszuwerden, gerade dann, wenn man sich in Fragen der katholischen Sexualmoral so aufstellt und einlässt wie Kardinal Woelki“.

Out in Church: „Die Angst ist nicht weg, sie bleibt“

Nach den Beobachtungen von „Out in Church“ ist es die Kehrseite des veränderten Arbeitsrechts, „dass wir uns jetzt in einem diffusen Raum bewegen. Die Angst ist nicht weg, sie bleibt.“

Das Erzbistum bat auf Anfrage „um Verständnis, dass wir uns in Personalangelegenheiten und zu laufenden Gerichtsverfahren grundsätzlich nicht äußern“. Offen blieb damit auch die Frage nach einer Berufung gegen das Urteil beim Landesarbeitsgericht.

Nicht durchsetzen konnte sich Horn im Übrigen mit einer Klage auf Schadenersatz wegen der durch Versetzung auf den subalternen Posten erlittenen Einbuße seiner Reputation. Zwar betreffe die Beschäftigung unter Wert Horns Persönlichkeitsrechte. Deren Verletzung führe aber nicht unmittelbar zum Anspruch auf eine Geldzahlung, erläuterte Richter Lennarz. Die Kammer folgte in diesem Punkt dem Antrag des Erzbistums und wies die Klage ab.


Aktenzeichen 13 Ca 3828/25. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16. Dezember 2025 ist Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln möglich.