Das schönste Engelpaar Kölns kann als auch ein Beitrag zur aktuellen Genderdebatte betrachtet werden
Schock-Werners Adventskalender (17)Die schönsten Engel von Köln

Engel in den Gewändern eines Diakons - Figur aus dem Kölner Museum Schnütgen
Copyright: Alexander Schwaiger
Es war einmal ein Restaurator, der behauptete: Die beiden Engel im Museum Schnütgen seien ihrer Entstehung nach siamesische Zwillinge: Rücken an Rücken geschnitzt aus einem einzigen Holzstamm – wie die Madonnenfigur, die im Raum der ehemaligen Cäcilienkirche von der Decke hängt. Andere bestreiten das. Tatsächlich gehört das um 1530 in Köln entstandene Paar zu den geheimnisumwittertesten Exponaten im Bestand des Schnütgen. Wofür waren sie gedacht? Vielleicht als Teil eines Beichtstuhls? Schließlich halten Sie Spruchbänder, die zum Bekenntnis der Sünden, zu Umkehr und Buße aufrufen. Man weiß es nicht.
Besser beichten
Aber ich weiß wohl: Es sind die beiden schönsten Engel Kölns, und in dem Beichtstuhl, der mit diesen Gottesdienern geschmückt gewesen sein mag, ließ sich bestimmt einst besser beichten.
Die Flügel bräuchte es eigentlich gar nicht, um die beiden als Himmelsbewohner auszuweisen: Sie sind mit ihrem milden Lächeln von geradezu überirdischer Schönheit. An der ondulierten Haarpracht dürfte ein Profi-Friseur lange gearbeitet haben. Bekleidet ist das Engelpaar mit den liturgischen Gewändern des Diakons, Schultertuch, Untergewand (Albe) und Übergewand (Dalmatik). Dazu tragen sie einen schweren, prachtvollen Chormantel, dessen Borten übrigens mit überraschend weltlichen Motiven verziert sind: Man erkennt zum Beispiel einen Ochsenkopf oder nackte, geflügelte Putten, wie sie in der Kunst der Renaissance beliebt waren.
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Engelpaar, Köln, um 1530
Copyright: Alexander Schwaiger
Ob es sich bei diesen anmutigen Gestalten um Frauen oder Männer handelt, dürfen Sie gern für sich entscheiden. Das Geschlecht der Engel war eine theologisch durchaus intensiv diskutierte Frage. Angesichts der heutigen Genderdebatten würde ich sagen: Auf einseitige Festlegungen kam es dem Holzschnitzer des frühen 16. Jahrhunderts offensichtlich nicht an.
Aufgezeichnet von Joachim Frank
In unserem Adventskalender stellt Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner jeden Tag ein besonderes Ausstellungsstück aus einem von sechs Kölner Museen vor. Alle Folgen finden Sie hier:
www.ksta.de/weihnachten
Das Museum Schnütgen, Cäcilienstraße 29-33, 50667 Köln (Eingang über das Rautenstrauch-Joest-Museum), ist geöffnet von 10 bis 18 Uhr, donnerstags von 10 bis 20 Uhr und am „Köln-Tag“, dem ersten Donnerstag im Monat, von 10 bis 22 Uhr. Montags sowie unter anderem an Heiligabend, am ersten Weihnachtsfeiertag (25.12.), an Silvester und Neujahr geschlossen. Eintritt: 6 Euro (ermäßigt 3,50 Euro). Freien Eintritt haben unter anderem Kinder und Jugendliche unter 18 aus Köln.
