Neue Studie zum schulischen GanztagIn NRW fehlen Tausende Fachkräfte

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Ganztag

Schüler im Ganztag (Symbolbild)

Düsseldorf – Das Ziel, in Nordrhein-Westfalen bis zum Ende des Jahrzehnts allen Grundschulkindern den gesetzlich garantierten Ganztagsplatz tatsächlich anbieten zu können, wird einer aktuellen Untersuchung zufolge verfehlt – dafür fehlten Tausende Erzieherinnen und Erzieher sowie Sozialpädagogen.

„NRW kann die Umsetzung des Rechtsanspruchs nicht für alle Kinder bis 2030 stemmen, denn der Fachkräftebedarf ist bis dahin kaum zu decken“, so Kathrin Bock-Famulla, Autorin der am Dienstag von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichten Studie „Fachkräfte-Radar für Kita und Grundschule 2022“.

Masterplan für NRW gesucht

Um bis Ende des Jahrzehnts allen Grundschulkindern einen Ganztagsplatz bieten zu können, fehlen gut 260.000 Plätze und 17.000 Fachkräfte. Laut Prognose kommen aber bis 2030 nur um die 3000 neue Fachkräfte hinzu - daher brauche NRW dringend einen Masterplan, um Konzepte gegen den Mangel zu entwickeln.

Alles zum Thema Jochen Ott

In NRW nutzen derzeit 49 Prozent der Grundschulkinder ein Ganztagesangebot. Weitere 19 Prozent nehmen ein Übermittagsangebot bis 14.30 Uhr wahr. Dies entspreche dem westdeutschen Schnitt, wobei auch die anderen westdeutschen Bundesländer mit ähnlich düsteren Zukunftsaussichten zurechtkommen müssen wie NRW als bevölkerungsreichstes Bundesland. Besser sei die Lage laut Studie in Berlin, Hamburg und Thüringen, wo genügend Personal bereitsteht, den Ganztag umzusetzen. Auch die anderen ostdeutschen Bundesländer können jedem Kind einen Ganztagsplatz bieten, allerdings bei einem deutlich schlechteren Betreuungsschlüssel.

Rechtsanspruch beschlossen

Bund und Länder haben im vergangenen September einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule beschlossen. Vom Schuljahr 2026/2027 an gilt die Regelung für Kinder der ersten Klasse, von 2029/2030 für alle Klassen. Der Koalitionsvertrag der neuen schwarz-grünen Regierung in NRW kündigt eine „Fachkräfte- und Qualitätsoffensive“ bei der frühkindlichen Bildung und beim schulischen Ganztag an. „Die neue Landesregierung darf allerdings keine Zeit verlieren, diesen umzusetzen. Sonst kommen wir einem Kollaps der Systeme immer näher“, sagt Sandra van Heemskerk von der Gewerkschaft komba, die unter anderem Beschäftigte der Kommunen vertritt.

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Jochen Ott, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW, bezeichnet die Studie als Alarmsignal für die Bildungspolitik in Nordrhein-Westfalen. Der Koalitionsvertrag bleibe in dieser Frage viel zu vage und sage nichts über konkrete Maßnahmen aus. „Dabei ist bekannt, was die Probleme im Ganztag sind und woher sie kommen“, so Ott: „Es gibt zu wenig Plätze im Ganztag, weil Räume fehlen. Und es gibt zu wenig Personal. Schulen – und damit auch Ganztagsschulen – müssen gute Arbeitsplätze sein. Doch Beschäftigte im Ganztag arbeiten viel zu oft zu prekären Bedingungen.“ Der SPD-Politiker fordert deshalb tarifliche Regelungen, so wie auch Stephan Osterhage-Klingler von der Bildungsgewerkschaft GEW. Es brauche Tarifverträge für alle Fachkräfte und weiteren Beschäftigten im Ganztag, über den Tag gestückelte Dienstzeiten müssten vermieden werden.

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