Neue Task-ForceNRW-Spezialeinheit sucht nach verschleierten Vermögen

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Polizisten bei einer Razzia gegen Clans in Duisburg im März. 

Bonn – Haftstrafen würden die Täter, vor allem wenn es „Berufskriminelle“ seien, gelegentlich ohne große Aufregung absitzen, weiß NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU):. „Das sei gewissermaßen einkalkuliert, gehöre eben zum Risiko, höhnen viele dieser Leute“, so Biesenbach: „Aber wenn wir denen dann ans Geld gehen, sprich an die unrechtmäßig erworbenen Vermögen, dann weicht die Gleichgültig und die Aufregung wird plötzlich groß.“

Oft aber würden Straftäter ihr Vermögen verschleiern. „Verurteilte erzählen etwa, sie seien bettelarm, übertragen ihr Vermögen auf den  Ehepartner, geben Schlüsselpositionen in ihrer Firma ab, verfügen über kein Bankkonto mehr – und im Internet posieren sie dann mit hochklassigen Sportwagen“, sagte der Minister am Donnerstag bei der Vorstellung einer neuen nordrhein-westfälischen Spezialeinheit zur Beschlagnahme und Einziehung kriminell erworbenen Vermögens.

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Ex-Justizminister Peter Biesenbach

Die „Confiscation Group“ (Beschlagnahme-Gruppe) ist eine bei der Staatsanwaltschaft Bonn angesiedelte Sonderkommission, bestehend aus vier Staatsanwälten und einem abgeordneten Richter des Landgerichts Bonn.

In der Regel ist ein Rechtspfleger dafür zuständig, die per Gerichtbeschluss avisierten Vermögenswerte einzuziehen. Oft aber ist dies schwierig. Ende vergangenen Jahres beispielsweise wurden in Düsseldorf fünf Männer verurteilt, die Geldwäsche und illegale Finanztransfers in Höhe von 175 Millionen Euro ins Ausland zu verantworten hatten. Im Ermittlungsverfahren gesichert werden konnten jedoch nur etwa 25 Millionen Euro. „Und genau da soll zukünftig die neue Spezialeinheit zum Einsatz kommen“, so Biesenbach.

Ermittler suchen in Grundbuchämtern und sprechen mit Versicherung

Diese beginnt auf der Suche nach den verschwundenen Vermögenswerten mit eigenen umfangreichen Ermittlungen, wenn ein Rechtspfleger um Unterstützung bittet. Die Spezialisten suchen beispielsweise bei den Grundbuchämtern nach Immobilien der Beschuldigten, checken die Konten und Kontenumsätze auf etwaige Querverbindungen, kommunizieren mit der Rentenversicherung oder anderen Landes- und Bundesbehörden, durchforsten die Facebook- oder Instagram-Accounts und beziehen im Zweifel die Finanzermittler der Polizei noch einmal mit ein und ordnen erneute Durchsuchungen an.

„Durch das Aktenstudium mit weiteren Straftaten, für die ein Beschuldigter verurteilt wurde, haben wir zuletzt beispielsweise eine Garage aufgespürt, in der Geld und Vermögenswerte versteckt waren“, so Staatsanwalt Asher Brungs von der Spezialeinheit. Bei einem Mann, der wegen Subventionsbetruges mit der Corona-Soforthilfe verurteilt wurde und der angeblich bettelarm war, „wurden mehrere Bankkonten mit zum Teil erheblichen Geldbeträgen entdeckt“. Und bei einem angeblich mittellosen Clan-Mitglied, das sich 10.000 Euro ergaunert hatte, wurde auch das Umfeld durchleuchtet. Dies führte die Ermittler schließlich zu einem berufslosen Mann, der im Alter von 18 Jahren mehrere Immobilien erworben hatte.

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Der „naheliegende Verdacht der Geldwäsche“ habe jetzt zu einem weiteren Ermittlungsverfahren geführt, so Brungs. Und die es gebe auch Hinweise darauf, wie das verschwundene „Betrügergeld“ kurzfristig sichergestellt werden kann.

„Jeder Betrag wird vollstreckt“

Die im Oktober vergangenen Jahres gegründete Spezialeinheit, die derzeit 57 Verfahren bearbeitet und sich in Zukunft beispielsweise auch mit verschwundenen Steuergeldern bei Cum-Ex-Transaktionen beschäftigen soll, kümmert sich aber nicht nur um Fälle mit Millionensummen. Die Rentnerin, die durch einen so genannten Enkeltrick reingelegt wurde, oder die Alleinerziehende, der 100 Euro gestohlen wurden, seien genauso wichtig wie die Großverfahren, betonte Justizminister Biesenbach. Die bisher kleinste Summe, die die Ermittler eingetrieben hätten, wären 129,64 Euro nach einem aufgeklärten Diebstahl in einer Apotheke gewesen. „Die Botschaft soll sein, dass jeder Betrag vollstreckt wird“, betonte Biesenbach.

Die ersten Erfahrungen jedenfalls, die mit dem Modellprojekt in Bonn gesammelt wurden, seien „sehr vielversprechend“. Ob und wie die Arbeit der Spezialeinheit dann  womöglich noch ausgeweitet werden oder landesweit beispielgebend sein könnte, müsse jedoch noch abgewartet werden, sagte der Minister.

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