„Fatale Auswirkungen“Warum viele NRW-Studierende das 49-Euro-Ticket ablehnen

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Eine S-Bahn der Deutschen Bahn auf einem Gleis im Bahnhof Köln Deutz. Köln,

Für Studenten könnte das Bahnfahren mit der Einführung des Deutschlandtickets deutlich teurer werden.

Was wird aus dem Semesterticket, wenn am 1. April das 49-Euro-Ticket kommt? In NRW fürchten Studierende, dass der ÖPNV für sie deutlich teurer werden könnte.

Die Studierendenwerke der Hochschulen in NRW sind sich einig. Wenn das Deutschlandticket, mit dem der öffentliche Nahverkehr in ganz Deutschland für 49 Euro im Monat genutzt werden kann, wie geplant am 1. April eingeführt wird, darf das nicht auf Kosten der Studierenden gehen.

Sie fordern daher die Einführung eines deutschlandweit gültigen 129-Euro-Semestertickets, das von allen 750.000 Studierenden in NRW solidarisch finanziert wird und das bisherige Semesterticket ersetzt. Der AStA der RWTH Aachen hat bereits einen E-Mail-Aufruf an die verantwortlichen Ministerien und Abgeordneten im Landtag und im Bundestag gestartet.

Studierendenwerk fordert preiswerte Nachfolgeregelung

Das Aachener Semesterticket kostet derzeit rund 33 Euro und ist damit deutlich billiger als das geplante Deutschlandticket. Sollte es wegfallen, müssten die Studierenden tiefer in die Tasche greifen. „Bezahlbare Mobilität ist für die Gruppe der Studierenden besonders wichtig, da ein Großteil nur ein geringes Einkommen zur Verfügung hat“, heißt es in einer Erklärung der Aachener Studentenvertretung. Ihr Einkommen liege meist deutlich unter der Armutsgrenze von 1251 Euro im Monat. Der BAföG-Höchstsatz betrage 934 Euro im Monat, doch nicht einmal elf Prozent aller Studenten bekämen überhaupt BAföG.

Alles zum Thema 49-Euro-Ticket

Das bisherige Semesterticket gilt bisher nur in NRW. Ein Nachfolger müsse auch deutschlandweit gültig sein.

„Die Einführung des geplanten 49-Euro-Tickets wird fatale Auswirkungen auf das Angebot der kostengünstigen Semestertickets bundesweit haben“, fürchtet Matthias Anbuhl, Generalsekretär des Deutschen Studierendenwerks (DSW). Ein regionales Semesterticket, das alle Studierenden bezahlen müssen und das sich preislich nicht deutlich vom geplanten Deutschlandticket unterscheide, sei „nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr vertretbar“.

Arbeitsgruppen befassen sich mit neuem Solidarticket unter 49 Euro

Die monatlichen Ticketpreise für Studierende müssten daher deutlich unter dem 49-Euro-Ticket liegen. Deshalb müsse das neue Studententicket mit besonderen Zuschüssen ausgestattet werden.

Im NRW-Verkehrsministerium steht man dieser Forderung zurückhaltend gegenüber. Es gebe keinen direkten Zusammenhang zwischen der Einführung des Deutschlandtickets und den Semestertickets, heißt es auf Anfrage. Letztere seien schon jetzt landesweit gültig und lägen beim Preis im Jahresdurchschnitt deutlich unter 49 Euro.

„Unabhängig davon beschäftigen sich die Arbeitsgruppen aber auch mit der Frage, welche Zielgruppen ein mögliches Solidarticket unterhalb der 49 Euro-Grenze umfassen müsste. Hierbei spielen auch Studentinnen und Studenten eine Rolle. Eine Entscheidung darüber gibt es aber noch nicht“, sagte ein Sprecher.

Hochschulen warten Entscheidungen ab

Entsprechend zurückhaltend äußern sich die Hochschulen in NRW. Die Vereinbarungen über das Semesterticket würden von den Studierendenwerken mit den Verkehrsverbünden geschlossen, so ein Sprecher der Universität Bonn. „An Spekulationen zu etwaigen Auswirkungen von Neuregelungen, die zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht feststehen, möchten wir uns nicht beteiligen.“

„Die Aushandlung des Semestertickets ist eine Angelegenheit der Studierendenvertretungen und der Studierendenwerke. Wir an der HHU halten das Semesterticket für eine sinnvolle Regelung und eine wichtige Errungenschaft“, sagt Professor Christoph J. Börner, Prorektor für Studienqualität und Lehre der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Auch an der HHU gibt es sicherlich eine gewisse Anzahl von „Schein-“ oder „Ticketstudierenden“, also Menschen, die sich einschreiben, um studentische Vorteile zu erlangen, aber nicht ernsthaft studieren. Diese Anzahl ist – soweit beobachtbar – schon während der Hochphase der Covid-Pandemie gesunken, als ein billiges Ticket für den Nahverkehr angesichts von Lockdowns und Homeoffice an Relevanz verloren hatte. Deshalb erwarten wir bei der Einführung des 49-Euro-Tickets keine großen zusätzlichen Effekte. Die finanziellen Auswirkungen dürften überschaubar bleiben.“

Das Semesterticket sei angesichts von Verkehrswende und Inflation wichtiger denn je. „Wir setzen uns auch künftig dafür ein, dass es nie teurer sein darf als ein anderes Ticket mit vergleichbaren Eigenschaften. Vielmehr sollte es den schmalen Budgets der Studierenden gerecht werden und – wie bisher – ein ganzes Stück günstiger sein." Da es immer sechs Monate vorausbezahlt wird, schaffe es für die Verkehrsbetriebe zudem eine bessere Planbarkeit als das allgemeine 49-Euro-Ticket. 

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