Im Gespräch mit seinem Verteidiger schwieg der Beschuldigte aber zu seinem Motiv.
Angriff in BielefeldTatverdächtiger soll IS-Sympathie schon früh geäußert haben

Ein bewaffneter Täter greift am Wochenende Feiernde vor einer Bar in Bielefeld an. Offen bleibt zunächst die Frage nach dem Motiv.
Copyright: Friso Gentsch/dpa
Als der mutmaßliche Bielefelder Attentäter kurz vor elf Uhr am Abend des 19. Mai aus seinem Versteck in einer Wohnung in Heiligenhaus abgeführt wurde, ließ er keinen Zweifel an seiner Gesinnung. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Sicherheitskreisen erfuhr, soll Mahmoud M. eingeräumt haben, ein Sympathisant der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) zu sein. Dies soll der 35-jährige Syrer per Google Übersetzer gegenüber den Ermittlern gestanden haben. Nachdem ein Verteidiger den Fall übernommen hatte, schwieg der Beschuldigte dann aber zu seiner Motivlage.
In der Nacht des 18. Mai hatte der mutmaßliche Islamist vor einer Bar in Bielefeld auf Gäste eingestochen und vier von ihnen teils lebensgefährlich verletzt. Inzwischen hat die Bundesanwaltschaft den Fall übernommen und bestätigte den Verdacht, dass die Tat religiös motiviert sein könnte. Damit sei sie als Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verstehen, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Der Tatvorwurf lautet auf vierfachen versuchten Mord und gefährliche Köperverletzung.
Weitere Hinweise werden noch ausgewertet, etwa arabische Aufzeichnungen, die sich bei der Durchsuchung seines Zimmers in der kommunalen Flüchtlingsunterkunft in Harsewinkel fanden durch einen Islamwissenschaftler. Was aber bereits bekannt ist: Die Asylprüfungen durchlief der Attentäter von Bielefeld problemlos. Nach Informationen dieser Zeitung aus Sicherheitskreisen, soll Mahmoud M. nach seiner Einreise im August 2023 im Asylantrag vorgegeben haben, er fürchte in Syrien um seine Sicherheit. M. äußerte demnach seine Angst vor der brutalen Willkür des damaligen Regimes von Diktator Baschar al-Assad. Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) soll er erzählt haben, man habe ihm in der Heimat geraten, „ruhig zu sein oder wegzuziehen“. Zudem habe er befürchtet, zur Armee eingezogen zu werden.
Weil M. von keiner konkreten Gefährdungslage berichtet hatte, erhielt er durch das BAMF einen nach damaliger Erlasslage üblichen subsidiären Schutzstatus. Subsidiär schutzberechtigt sind Menschen, die Gründe dafür vorbringen, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Dieser kann sowohl von staatlichen als auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen.
Ausländerbehörde erteilte Aufenthaltsgenehmigung
Nach dem Sturz des Assad-Regimes hat das BAMF die Bearbeitung syrischer Asylanträge am 9. Dezember vergangenen Jahres zunächst ausgesetzt. Betroffen waren damals 47.270 Personen, deren Fälle noch nicht entschieden waren, darunter rund 46.000 Erstanträge. Für bereits bestehende Entscheidungen hatte die neue Lage in Syrien dagegen keine Auswirkungen. Seit Anfang Mai erfolgen zwar wieder erste Anhörungen syrischer Asylbewerber. Aktuell werden allerdings weiterhin keine Entscheidungen zu diesen Verfahren getroffen. Derzeit erarbeitet das BAMF mit dem Bundesinnenministerium noch die zukünftigen Richtlinien für den Umgang mit Antragstellern aus dem arabischen Land.
Die Ausländerbehörde des Kreises Gütersloh, die anschließend für Mahmoud M. zuständig war, erteilte ihm Anfang 2024 eine bis zum 21. Februar 2027 befristete Aufenthaltsgenehmigung. „Eine Befragung hat nicht stattgefunden, da die Ausländerbehörde bei asylrechtlichen Feststellungen an die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gebunden ist”, teilte Kreissprecher Jan Focken auf Anfrage mit: „Eine eigene Entscheidungskompetenz steht der Ausländerbehörde darüber hinaus nicht zu.” Auch die Gewährung einer Aufenthaltsgenehmigung von drei Jahren sei also nach der vorherigen Schutz-Entscheidung des BAMF alternativlos gewesen.
Wie diese Zeitung bereits berichtete, war Mahmoud M. von der Türkei unter anderem auch über die EU-Staaten Bulgarien sowie Tschechien nach Deutschland eingereist. Allerdings hatte er es vermieden, dort einen ersten Asylantrag zu stellen. Folglich konnte er nicht nach dem europäischen Dublin-Abkommen nach Sofia oder Prag abgeschoben werden. Zuständig waren einzig die hiesigen Behörden, und hier beging der 35-Jährige das Attentat.