Gute Nachricht in der StreikwelleVRS verzichtet auf zweite Fahrpreiserhöhung im Juli

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Bahnen vor dem Deutzer Bahnhof außer Betrieb, 11.11.2023, Bild: Herbert Bucco

S-Bahnen stehen auf den Gleisen im Abstellbahnhof Deutzerfeld.

Im Januar waren die Preise im VRS um 10,4 Prozent gestiegen – mit Ausnahme des Deutschlandtickets. Dessen Finanzierung scheint gesichert.

Mitten in der Streikwelle im öffentlichen Nahverkehr und bei der Deutschen Bahn ist das ein kleiner Trost für Pendler: Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) will auf eine zweite Erhöhung der Fahrpreise verzichten, die im Juli erfolgen sollte.

Eine entsprechende Empfehlung hat nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ der Unternehmensbeirat abgegeben, in dem die Vertreter der Verkehrsbetriebe sitzen, die zum VRS gehören. Die Fahrpreise waren mit Ausnahme des Deutschlandtickets zuletzt im Januar um durchschnittlich 10,4 Prozent gestiegen.

Zweite Preisrunde am Markt nicht durchsetzbar

Als Begründung führt der Unternehmensbeirat an, eine zweite Preisrunde lasse sich im Markt angesichts der vielen Probleme mit Verspätungen und Fahrtausfällen aufgrund von Personalmangel und der hohen Zahl von Baustellen bei der Deutschen Bahn nicht durchsetzen. Die Empfehlung muss von den VRS-Gremien noch bestätigt werden.

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Die Zuschüsse von Bund und Ländern für das Deutschlandticket werden nach einer aktuellen Prognose des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) für die Jahre 2023 und 2024 reichen, um die Verluste der Verkehrsbetriebe auszugleichen. Insgesamt stehen für beide Jahre sechs Milliarden Euro bereit.

Der VDV berechnet den Zuschussbedarf für 2023 mit 1,954 Milliarden Euro, weil das neue Ticket erst im Mai eingeführt wurde. Für 2024 soll der Finanzbedarf bei 3,944 Milliarden Euro liegen.

VRS rechnet 2024 mit einem Minus von 275 Millionen Euro

Das ist ein weiterer Grund, warum der VRS die Fahrpreise nicht erhöhen will. Sollte am Ende 2024 die VDV-Prognose aufgehen und das Geschäftsjahr des VRS mit einer schwarzen Null enden, hätte man die Fahrgäste, die ohne Deutschlandticket unterwegs sind, unnötig belastet.

Beim VRS ist man skeptisch, ob diese VDV-Rechnung aufgeht. „Wir halten das für sehr knapp kalkuliert und wollen die Kommunen vorwarnen“, sagt der Tarifexperte Sascha Triemer. „Sollte das Geld nicht reichen, werden Bund und Länder nach jetzigem Stand keinen Euro nachschießen. Die Kommunen könnten also auf den Mindereinnahmen hängenbleiben.“

Der VRS, in dessen Gebiet rund vier Prozent aller Einwohner Deutschlands leben, aber 4,8 Prozent der Fahrgeldeinnahmen erzielt werden, rechnet mit Verlusten für 2023 von knapp 147 Millionen Euro. 2024 wird diese Summe auf 275 Millionen Euro steigen, darin ist eine Erhöhung der Fahrpreise von durchschnittlich acht Prozent schon einkalkuliert.

Kunden mit Deutschlandticket laut Umfrage zu 70 Prozent sehr zufrieden

Rund 510.000 VRS-Nutzer fahren mittlerweile mit dem Deutschlandticket, aber nur jeder 20. ist einer neuer Kunde, die übergroße Mehrzahl sind Umsteiger, die zuvor mit teureren Zeitkarten unterwegs waren. Das geht aus einer aktuellen Befragung hervor, die der VRS mit Unterstützung der Verkehrsunternehmen durchgeführt hat. Ungefähr 50 Prozent der Befragten waren zuvor mit einem Abo für den Nahverkehr unterwegs. Der Anteil des Jobtickets am Deutschlandticket beträgt beim VRS rund ein Drittel, das ist deutlich höher als im Bundesdurchschnitt.

Weil seit Februar rund 50.000 Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen in Köln auch das Deutschlandticket nutzen können und künftig 120.000 Studenten im VRS-Gebiet vom Semesterticket umsteigen werden, wird sich die Gesamtzahl auf knapp 700.000 erhöhen. „Das ist natürlich ein großer Erfolg“, sagt Tarifexperte Triemer. „Auf die Einnahmen wirkt sich auch das nicht positiv aus, weil auch das keine neuen Kunden sind, sondern nur das Ticket wechseln.“

Die VRS-Kunden sind mit dem Deutschlandticket zu 70 Prozent sehr oder sogar vollkommen zufrieden. Im Vergleich zu den anderen Tickets im öffentlichen Nahverkehr ist das ein Spitzenwert. Obwohl es monatlich kündbar ist, nutzt die Mehrheit das Angebot in jedem Monat. Insgesamt werden im durchschnittlich etwa 30 Fahrten pro Monat unternommen.

„Mit der Einführung des Deutschlandtickets konnte die Zahl der ÖPNV-Abos in der Region noch mal deutlich gesteigert werden. Die hohe Zufriedenheit im Ergebnis der Marktforschung unterstreicht diesen positiven Trend“, betont Sascha Triemer. „Umso wichtiger ist, dass Bund und Land nun zeitnah eine nachhaltige Finanzierung für das Deutschlandticket sicherstellen, auch über das Ende des Jahres 2024 hinaus.“

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