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„Polizei kommt an ihre Grenzen“Gegen Putins Drohnen ist NRW machtlos

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Eine Drohne fliegt vor einem Flybot-Detektionssystem mit Radar und Wärmebildkamera des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt auf dem Flughafen Cochstedt.

Eine Drohne fliegt vor einem Flybot-Detektionssystem mit Radar und Wärmebildkamera des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt auf dem Flughafen Cochstedt (Symbolbild).

Die vermehrten Drohnensichtungen in Deutschland beunruhigen auch die Politik in NRW. Die Polizei kann militärische Drohnen nicht abfangen.

Die Drohnen sind nicht viel größer als die, die man im Supermarkt kaufen kann. Die Flugobjekte sind blau-gelb lackiert und tragen das Landeswappen von NRW. „Polizei“ steht darauf. Seit 2021 schweben die Drohnen über NRW, um den Sicherheitsbehörden zu helfen. Ursprünglich waren sie dafür konzipiert, Unfallaufnahme-Teams zu unterstützen und Tatorte zu vermessen. Durch die verschärfte Bedrohungslage kommt jetzt auch eine neue Generation zum Einsatz.  „Wir haben Systeme, mit denen wir Drohnen gezielt abfangen und vom Himmel holen können. Und zwar sowohl aus der Luft als auch vom Boden“, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul.

In den ersten neun Monaten des Jahres fanden laut Innenministerium in NRW insgesamt 195 verdächtige Drohnenüberflüge statt, 82 erfolgten über kritischer Infrastruktur – darunter fallen Ministerien, Verfassungsorgane des Bundes oder Landes, Flughäfen, Industrieanlagen, Kraftwerke oder Krankenhäuser. Je nach Lage könne die Polizei „mehrere Verteidigungslinien einsetzen“, sagte Reul. Zum Schutz von Großveranstaltungen könnten Drohnen mit mobilen Störsendern gestoppt werden. Mit stationären Störsendern könne innerhalb eines Gebietes eine „Störglocke“ erzeugt werden, in der eindringende Drohnen nicht mehr fliegen könnten. Möglich sei auch, die Steuerung der Drohne zu übernehmen, sie also zu „kapern“.

Zu großen Veranstaltungen – wie zum Beispiel Kirchentagen – bei den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit im Saarland, würden die Spezialisten der NRW-Polizei regelmäßig angefordert. „In Nordrhein-Westfalen hat die Polizei bei der Drohnendetektion und -abwehr die Nase vorn“, sagt Innenminister Reul.

„Spaßvögel“ steuern Drohne über Kaserne

Oft sei unklar, wer hinter den Drohnenflügen stecke. Zum einen gebe es die Menschen der Kategorie „Spaßvögel“, die sich gar nichts dabei denken würden oder nur private Zwecke verfolgten, berichtet Reul. So überflog im Mai dieses Jahres im Kreis Siegen-Wittgenstein eine Drohne die „Hachenberg-Kaserne“, was einen Einsatz auslöste. „Die beiden Piloten konnten von der Polizei ausfindig gemacht werden und haben tatsächlich schlicht ihre Waldhütte, nicht aber den militärischen Sicherheitsbereich filmen wollen“, so der Innenminister. Die NRW-Polizei „habe da nicht nur ein Fernglas im Wandschrank stehen – sondern ein ganzes Arsenal von Drohnenabwehrmitteln im Magazin“.

Nun habe man es aber zunehmend mit einer anderen Lage zu tun. Über Deutschland seien militärische Drohnen zu sehen, große Starrflügler, mit mehreren hundert Kilometern Reichweite und einer Geschwindigkeit von bis zu 200 Stundenkilometern. Die unbemannten Kampfmittel könnten per Satellit von jedem Punkt der Welt aus gesteuert werden. Ihr Auftauchen sei nicht planbar. „Da kommt die Polizei an ihre Grenzen“, betont Reul. Das Land NRW verfüge über eine Fläche von mehr als 34.000 Quadratkilometern. „Und genauso wenig, wie wir an jede Straßenecke einen Polizisten stellen können, können wir überall eine Drohnenabwehr installieren“, betont Reul.

Der Staat darf die Flughäfen mit dieser Bedrohung nicht länger allein lassen
Flughafenverband ADV

Im Bereich militärischer Anlagen sei beispielsweise grundsätzlich die Bundeswehr zuständig. Die Flugsicherung spiele bei der Sicherheit im Luftraum auch eine Rolle.

Die jüngsten Zwischenfälle mit Drohnen in unmittelbarer Nähe europäischer Flughäfen wie in Kopenhagen, Oslo und München unterstrichen erneut, wie ernst die Bedrohung durch unbemannte Fluggeräte für den Luftverkehr sei, heißt es vom Flughafenverband ADV. „Der Staat darf die Flughäfen mit dieser Bedrohung nicht länger allein lassen. Die hoheitliche Aufgabe der Drohnendetektion und -abwehr muss umfassend und konsequent angegangen werden“, teilt der ADV mit.

Flughafen Köln/Bonn setzt bei Drohnen auf „bewährte Meldeketten“

Alexander Weise, Sprecher des Flughafens Köln/Bonn, betont, im Luftverkehr und an Flughäfen sei die Sicherheit stets von höchster Priorität. Am Flughafen Köln/Bonn seien daher „bewährte Meldeketten“ zwischen der Flugsicherung, den Polizeibehörden und dem Flughafenbetreiber implementiert.

Bislang bleibt den Betreibern aber meist nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis der Spuk vorbei ist. Bis Ende August 2025 wurden bereits 144 Störungen durch Drohnen an deutschen Flughäfen registriert. Die Fälle reichen von einzelnen Sichtungen über gezielte Störaktionen. Die Flughafenbetreiber haben keine Zuständigkeit für die Bereitstellung technischer Systeme zur Detektion von Drohnen. Nur an ausgewählten Standorten gibt es Evaluierungsprojekte für Detektionssysteme, meist unter Federführung der Deutschen Flugsicherung (DFS). Eine flächendeckende, einheitliche Ausstattung fehlt bislang.

Der CDU-Politiker Gregor Golland forderte im Landtag, man brauche einen „Deutschland-Dome“, um das Land zu schützen.  Damit spielt er auf das israelische Flugabwehrsystem „Iron Dome“ (Eiserne Kuppel) an. Bewaffnete Drohnen könnten nur durch militärische Maßnahmen erfolgreich bekämpft werden. „Die Mittel dazu hat nur die Bundeswehr“, sagte der Innenexperte.