Die Kommunalwahl könnte Folgen für das schwarz-grüne Regierungsbündnis in Düsseldorf haben – aber auch für die anderen Parteien.
Nach Wahlpleite der GrünenDroht Hendrik Wüst jetzt Zoff in der Landesregierung?

Hendrik Wüst, Vorsitzender der nordrhein-westfälischen CDU und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, steht mit Stichwahlkandidaten im Garten der Parteizentrale zusammen.
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Das Bild sollte Geschlossenheit demonstrieren. Rund hundert kommunale Mandatsträger der CDU versammelten sich am Montag im Garten der Landesparteizentrale und positionierten sich beim Statement von Hendrik Wüst hinter dem Ministerpräsidenten. Der war zu Scherzen aufgelegt, erklärte bei seiner Ankunft, der aufbrandende Applaus gelte ja wohl nicht ihm, sondern Landesgeschäftsführer Thomas Breuer, der ein paar Schritte vorausgeeilt war. „Wir haben die Kommunalwahlen klar gewonnen“, ruft er dann unter dem Jubel der Zuhörer ins Mikrofon. „Ohne Euer Engagement wäre das nicht möglich gewesen.“
Am Tag eins nach der Kommunalwahl zeigt sich die CDU zuversichtlich. Wüst betont, die „blaue Welle“ haben das Land nicht so stark getroffen wie befürchtet. Die AfD habe – obwohl sie seit der Bundestagswahl in bundesweiten Umfragen zugelegt habe –, in NRW seit März wieder an Zustimmung eingebüßt. Der Erfolg von Rechtsextremem sein kein „Automatismus“, wenn die demokratischen Parteien die Sorgen der Menschen erst nähmen. „Lösungsorientierte Politik kann den Unterschied machen“, so Wüst. Er wiederholte seine Zusage an die SPD vom Wahlabend, die CDU werde in Stichwahlen mit AfD-Beteiligung die SPD-Bewerber unterstützen.

In Euskirchen erlitt die Sabine Preiser-Marian, Hoffnungsträgerin der CDU, bei der Landratswahl eine herbe Niederlage.
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In seiner Wahlanalyse zeigt sich Wüst hochzufrieden damit, dass die CDU in 18 von 23 Großstädten die Stichwahl erreicht hat. In Essen und Oberhausen bestünden gute Chancen, dass die CDU-Amtsinhaber die Duelle für sich entscheiden. Ausdrücklich dankt der CDU-Landeschef Bundeskanzler Friedrich Merz für seinen Wahlkampfeinsatz: „Unser Erfolg war möglich, weil die ganze Union mitgekämpft hat.“
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Nach einer Auswertung der Parteizentrale erzielte die CDU landesweit die besten Ergebnisse in den Kreisen Olpe (49,1 Prozent), Borken (46,6 Prozent) und Coesfeld (46,1 Prozent). Für Enttäuschung sorge in Parteikreisen das schlechte Abschneiden bei der Landratswahl im Kreis Euskirchen. CDU-Kandidatin Sabine Preiser-Marian galt als große Hoffnungsträgerin und erhielt im Wahlkampf hochkarätige Unterstützung. Am Wahltag erhielt sie nur 31,86 Prozent – eine schmerzhafte Niederlage.
Grüne wollen sich stärker abgrenzen
Die Grünen gratulierten ihrem Koalitionspartner in der Landesregierung zum Wahlsieg. Landeschef Tim Achtermeyer erklärte, man könne „durchaus stolz“ auf den Wahlausgang sein: „Wir haben unser zweitbestes Ergebnis überhaupt bei einer Kommunalwahl in NRW erzielt. Und wir liegen deutlich über unserem Ergebnis bei der Bundestagswahl. Diesen Aufwärtstrend wollen wir fortführen“, sagte Achtermeyer. In Köln, Bonn, Münster, Düsseldorf und Aachen stehen Grüne in der OB-Stichwahl. Gute Ergebnisse erzielten die Grünen auch in Paderborn, Lohmar, Nettetal, Emsdetten, Telgte, Niederkrüchten, Velbert, Brühl und Kranenburg. Keine andere Partei stehe „so für Aufbruch wie wir Grünen“, sagte Achtermeyer.

Katja Dörner (Grüne), Oberbürgermeisterin von Bonn, muss in die Stichwahl.
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Bei den Grünen geht man davon aus, dass der Aufbruch mit einer stärkeren Abgrenzung zur CDU einhergehen wird. „Wenn wir nicht sichtbarer werden, gewinnen wir keinen Blumentopf dazu“, sagte eine Landtagsabgeordnete dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Vor allem in der Innenpolitik sei man zu sehr auf einem „Konsenstrip“ gewesen. Der müsse jetzt beendet werden. „Wenn die Koalition 2027 weiterregieren will, müssen wir deutlich zulegen“, erklärte die Grüne. Daran sollte auch die CDU ein Interesse haben.
Sollte die bisherige Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner in der Stichwahl unterliegen, könnte sie perspektivisch in der Landespolitik wieder eine wichtige Rolle spielen, heiß es hinter vorgehaltener Hand. Nach der Niederlage der rot-grünen Regierung von Hannelore Kraft im Jahr 2017 war Dörner als neue Frontfrau der Grünen gehandelt worden.
FDP stark in ostwestfälischer Kleinstadt
Die FDP hat bei der Kommunalwahl kaum Erfolge erzielt. Herausragend ist allerdings das Ergebnis in der ostwestfälischen Kleinstadt Stemwede (13.200 Einwohner), wo der frühere FDP-Landtagsabgeordnete Kai Abruszat mehr als 80 Prozent der Stimmen erhielt. Der Jurist und Schlagersänger ist in seiner Heimat so populär, dass er auf Plakate verzichtet hatte. Christof Rasche, Landtagsvizepräsident der FDP, erzielte bei seiner Landratskandidatur im Kreis Soest 12,5 Prozent, hatte sich aber sogar Siegchancen ausgerechnet.

Der Bürgermeister von Stemwede, Kai Abruszat (FDP), steht vor einem Feld. Der Politiker tritt erneut bei der Wahl zum Bürgermeister von Stemwede an.
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Dietmar Brockes, ebenfalls ein Urgestein der Liberalen im NRW-Parlament, erreichte bei seiner Landratskandidatur im Kreis Viersen 8,3 Prozent – und liegt damit deutlich über dem Landestrend. Bislang sieht es so aus, dass der amtierende Parteichef Henning Höne im Rennen um die Spitzenkandidatur keine Konkurrenz fürchten muss.
AfD gewinnt in einstigen SPD-Hochburgen dazu
Die SPD muss in ihren früheren Hochburgen Duisburg und Dortmund in eine Stichwahl mit der AfD. Balsam auf die Seele ist der deutliche Wahlerfolg in Hamm. Dort erreichte der Amtsinhaber Marc Herter nach eigenen Worten „ein Traumergebnis“ von 63 Prozent.

Marc Herter, stellvertretender SPD-Landesvorsitzender, erzielte bei den OB-Wahlen in Hamm ein gutes Ergebnis.
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Nach der Kraft-Abwahl war von den politischen Nachlassverwaltern versucht worden, Herter als neue Nummer eins im Landesverband aufzubauen. Als der Plan durchkreuzt wurde, weil die Landtagfraktion ihm überraschend die Gefolgschaft verweigerte, wechselte Herter in die Kommunalpolitik. Mit dem Erfolg als Oberbürgermeister im Rücken, kehrt er nun in die Riege der möglichen Spitzenkandidaten bei der Landtagwahl 2027 zurück.
Bei der AfD könnte die Landtagsabgeordnete Enxhi Seli-Zacharias künftig eine wichtigere Rolle spielen. Sie ist die Parteichefin der Rechtspopulisten in Gelsenkirchen, wo die AfD fast 30 Prozent der Stimmen erhielt. Die Politologin wurde in Tirana (Albanien) geboren. Wegen ihrer scharfen Rhetorik wird sie im Landtag bereits als „Alice Weidel vom Rhein“ bezeichnet. Wenn Seli-Zacharias ihren Hut in den Ring werfen sollte, hätte sie gute Chancen, bei der NRW-Wahl 2027 als Spitzenkandidatin antreten zu können.