Niederländische KI erkennt Corona-Symptome„Wir können anhand von Patientenakten ein Frühwarnsystem entwickeln“

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Fahrgäste laufen auf dem Bahnsteig der U-Bahn. Im öffentlichen Nahverkehr von Nordrhein-Westfalen gibt es keine Maskenpflicht mehr.

Niederländische Forscher haben einer KI beigebracht, Symptome von Corona zu erkennen.

Während hierzulande die Coronazahlen wieder steigen, wird in den Niederlanden an einer künstlichen Intelligenz gearbeitet, die Krankheitswellen vorhersagen kann.

Die Zahl der Corona-Infektionen nimmt weiter zu. In der vergangenen Woche wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums 4013 neue Fälle gemeldet. Das sind 1282 mehr als in der Vorwoche. Auf den ersten Blick deutlich weniger als letztes Jahr, aber nur offiziell, denn damals wurde noch erheblich mehr getestet. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts ist darüber hinaus weiterhin noch kein nennenswerter Anstieg schwerer Atemwegserkrankungen abzusehen. Der Anstieg sei aber zu erwarten, so das Ministerium, die Zunahme für die Jahreszeit typisch. Im Falle schwerer Symptome soll man sich in jedem Fall krankmelden. 

Wie der kommende Winter aussieht und ob die Krankenhausversorgung durch Covid-Infektionen stark belastet sein wird, kann das Ministerium nicht vorhersagen. „Eine verlässliche Aussage über den Verlauf der Saison kann nicht getroffen werden. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten“, sagt eine Sprecherin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Anfrage.

Für diese Prognosen in NRW werden statistische Modelle verwendet, die die aktuellen Fallzahlen mit denen der Vorjahreszeiträume vergleichen, um ungewöhnliche Anstiege in den Fallmeldungen zu erkennen. Ähnliche Methoden werden auch im Ausland angewandt.

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KI lernt, zwischen Corona und Erkältung zu unterscheiden

Doch auch die künstliche Intelligenz hält Einzug in die Prognosen von Krankheitswellen. In den Niederlanden haben Forscher der Universität Groningen ein Modell entwickelt, das Coronavirus-Wellen früh erkennen kann. Die KI analysiert die Gründe für Hausarztbesuche und erkennt Krankheitszeichen, die auf eine Corona-Infektion hinweisen.

Die Forscher brachten der KI bei, Symptome von Corona zu erkennen. Hierfür wurden Arztnotizen von bestätigten Coronafällen verwendet. Anschließend musste das Modell ähnliche Krankheitszeichen aus den Jahren vor der Pandemie analysieren. Dies ermöglichte der künstlichen Intelligenz, den Unterschied zwischen normalen Erkältungssymptomen und Corona zu lernen.

In einer Simulation der ersten Monate des Corona-Ausbruchs zeigte sich, dass das Modell in der Lage war, die Pandemie früher vorherzusagen als andere Methoden. „Das macht auch Sinn, denn bevor Patienten ins Krankenhaus kommen, suchen sie bei kleineren Beschwerden ihren Hausarzt auf“, sagt Wissenschaftler und Allgemeinmediziner Maarten Homburg.

Er ist beeindruckt von dem Modell. „Die KI erstellt Diagnosen mit einer Genauigkeit von 97 Prozent. Das heißt, dass wir ein Frühwarnsystem entwickeln können anhand von Patientenakten. Patientenakten sind eine wahre Schatzkammer an Daten, aber bislang war es nicht möglich, diese Art von Text in großem Umfang mit künstlicher Intelligenz zu analysieren.“

NRW ist interessiert, aber Digitalisierung und Datenschutz stehen im Weg

Die neue Forschung wird vom Gesundheitsministerium beobachtet. „Selbstverständlich wären solche Tools, die vorhandene Meldedaten auswerten, von Interesse“, sagt die Sprecherin des NRW-Gesundheitsministeriums.

Es ist jedoch nicht vorstellbar, dass ein ähnliches Modell in Deutschland kurzfristig funktionieren könnte. Das System der digitalen Patientenakten befindet sich aktuell erst im Aufbau. Das Landeszentrum Gesundheit NRW hat keinem Zugriff auf elektronische Patientenakten. „Es ist auch nicht geplant, dass es diesen Zugriff erhält“, heißt es aus dem Ministerium.

Obwohl die niederländische Studie mit anonymisierten Daten arbeitet, ist der Datenschutz auch ein mögliches Hindernis für die Anwendung ähnlicher Modelle in Deutschland. Nach Angaben des Ministeriums „ist es fraglich, ob die Nutzung von Gesundheitsdaten in entsprechenden KI-Systemen mit dem bestehenden Datenschutzrecht in Deutschland vereinbar wäre.“

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