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NRW-MinisterpräsidentIn den letzten zwölf Monaten sprach Wüst nur vier Mal im Landtag

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Hendrik Wüst, CDU, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, bei einer Rede im Landtag von NRW.

Hendrik Wüst, CDU, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, bei einer Rede im Landtag von NRW. 

In den vergangenen 12 Monaten hat sich NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst am Rednerpult des Landtags rar gemacht. Was sind die Ursachen dafür?

Der Platz des Ministerpräsidenten auf der Regierungsbank im Düsseldorfer Landtag ist direkt rechts neben dem Rednerpult. Die unmittelbare Nähe befördert häufig die Debattenkultur, dem Regierungschef gelingt es oft nicht, sich der direkten Ansprache durch die Abgeordneten zu entziehen. Auftritte des Ministerpräsidenten vor dem Landesparlament sind indessen zuletzt rar geworden. Nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat Hendrik Wüst (CDU) in den vergangenen zwölf Monaten lediglich vier Reden im NRW-Parlament gehalten.

Auch bei der Vorstellung des „NRW-Plans für gute Infrastruktur“ hatte der Ministerpräsident NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) im Oktober das Rednerpult überlassen. Dabei handelt es sich um das größte Infrastruktur- und Investitionsprogramm in der Geschichte von NRW, das in den nächsten zwölf Jahren Investitionen in einer Höhe von insgesamt 31,2 Milliarden Euro vorsieht. „Warum hat Wüst bei der Vorstellung dieses historischen Projektes nicht selbst das Wort ergriffen?“, fragte sich auch mancher CDU-Abgeordneter.

Zu welchen Themen sich Wüst geäußert hat

Wüst hatte sich am 4. Dezember 2024 zur finanziellen Förderung der jüdischen Gemeinden in NRW geäußert, zum gleichen Thema sprach er am 18. Dezember. Am selben Tag sprach er zum Haushaltsplan. Erst ein halbes Jahr später, am 10. Juni 2025, ergriff der Ministerpräsident erneut das Wort, als es um die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in NRW ging.

Hendrik Wüst (2.v.l, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, nahm neben Lars Riedel, Roman Weidenfeller und Patrick Owomoyela am 30. RTL-Spendenmarathon teil.

Hendrik Wüst (2.v.l, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, nahm neben Lars Riedel, Roman Weidenfeller und Patrick Owomoyela am 30. RTL-Spendenmarathon teil.

Ein Sprecher der Düsseldorfer Staatskanzlei sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, Wüst ergreife im Plenum des Landtags „regelmäßig“ das Wort. „Der Ministerpräsident spricht traditionell in der Haushaltsdebatte und zu Gedenk- und Jahrestagen, wie beispielsweise dem Holocaust-Gedenktag oder in diesem Jahr dem 75. Jubiläum der Landesverfassung. Zudem ergreift er das Wort bei Debatten zu aktuellen Ereignissen, die für das gesamte Land von großer Bedeutung sind“, hieß es.

Ministerpräsident lasse die Ressorts sprechen

Im Jahr 2024 habe es deutlich mehr solcher Anlässe und Debatten gegeben als 2025, betonte der Sprecher, und nannte den zweiten Jahrestag des Angriffs auf die Ukraine, Angriffe auf Kommunalpolitiker, Krieg im Nahen Osten, den gewaltsamen Tod eines Jugendlichen in Bad Oeynhausen, den Terrorakt von Solingen und das Sicherheitspaket als Reaktion auf den Terrorakt als Beispiele. Entsprechend häufig habe der Ministerpräsident 2024 das Wort im Plenum ergriffen.

„In Plenardebatten, in denen Fragestellungen diskutiert werden, die überwiegend in der Zuständigkeit einzelner Ressorts liegen, überlässt der Ministerpräsident grundsätzlich den Fachministerinnen und Fachministern das Wort“, erklärte der Sprecher. Dies entspräche „der grundsätzlichen Staatspraxis, die auch die vorherigen Inhaber des Amtes des Ministerpräsidenten ausgeübt“ hätten, weshalb auch bei ihnen die Anzahl der Redebeiträge pro Jahr variiert habe.

„Er ist offenbar ein Ministerpräsident für die Medien“

Das sieht die SPD indessen anderes. Die frühere NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hatte des im Jahr 2015 immerhin auf 30 Reden gebracht, hieß es. Im Jahr 2011 seien es 24 Reden gewesen, 2013  nur eine weniger.

Ina Blumenthal, Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD im Landtag, erklärte, man habe eine Regierungserklärung zum „sogenannten NRW-Plan“ erwartet, den er mit „großem Tamtam“ angekündigt habe. „Er ist offenbar ein Ministerpräsident für die Medien, nicht für die gewählten Bürgerinnen und Bürger im Parlament.“

In dieser Woche stehen im Düsseldorfer Landtag vier Plenartage an. Sollte Wüst nicht das Wort ergreifen, ist spätestens im Dezember mit einem Comeback am Mikrophon zu rechnen. Dann steht die Generaldebatte über den Haushalt auf der Tagesordnung.  Der Auftritt beim traditionellen Schlagabtausch von Regierung und Opposition ist ein Pflichttermin für den Ministerpräsidenten.