Trump droht Putin – und Moskau entfesselt „Wahnsinn“ über der Ukraine. Auch Europa rückt ins Visier. Merz bekommt derweil Kritik.
Duma nennt Krieg „unvermeidlich“Putin eskaliert, Trump schlingert – und Merz erklärt die Diplomatie für „ausgeschöpft“

Friedrich Merz (CDU) sitzt während der Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag. Der Kanzler äußerte sich am Mittwoch (9. Juli) auch mit deutlichen Worten zu Russlands Krieg gegen die Ukraine.
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Moskau bleibt bei dem mittlerweile bekannten Muster: Kaum sucht ein westlicher Staatschef das Gespräch oder erhöht wie zuletzt US-Präsident Donald Trump verbal den Druck, folgen erneute Rekordangriffe auf die Ukraine. So auch nachdem Trump dem Kremlchef vorgeworfen hatte, überwiegend „Bullshit“ zu erzählen. Die russische Armee habe mit 728 Drohnen und 13 Raketen insbesondere den Westen des Landes attackiert, teilte die ukrainische Luftwaffe am Mittwoch mit – die nächtlichen Luftangriffe seien die schwersten seit Kriegsbeginn gewesen, hieß es auf Kyjiw.
Neuer Rekordangriff: „Die Barbarei muss gestoppt werden“
„Es ist der reine Wahnsinn“, kommentierte der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, die Angriffswelle und sprach von einem neuen „Schreckensrekord“. Der Diplomat veröffentlichte dazu eine Grafik, auf der Ausmaß der russischen Angriffe sichtbar wurde. „Schauen Sie sich einfach diese Karten an – das Ausmaß spricht für sich“, fügte Melnyk an. „Die russische Barbarei muss gestoppt werden.“
Bereits nach Telefonaten von Trump und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Moskau seine Attacken auf das Nachbarland weiter eskaliert – gleichzeitig bekräftigt der Kreml weiterhin seine Maximalforderungen.
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US-Waffen: Moskau „ganz gelassen“ angesichts Trumps Kehrtwende
Sowohl der russische Außenminister Sergej Lawrow als auch der ehemalige Kremlchef Dmitri Medwedew betonten in dieser Woche, dass der Kreml seine imperialistischen Kriegsziele, die einer ukrainischen Kapitulation gleichkommen, erreichen werde.
Die russische Armee werde „unser Land zurückerobern“, kündigte Medwedew etwa angesichts Trumps jüngster Kritik an Putin freimütig an. Trumps „harte Formulierungen“ nehme man in Moskau derweil „ganz gelassen“ hin, erklärte am Mittwoch Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew posiert bei einem Vortrag vor einem Atompilz. Der Vertraute von Kremlchef Wladimir Putin schlägt seit Kriegsbeginn immer wieder schrille Töne an. (Archivbild)
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In der Vorwoche hatte der US-Präsident mit einem überraschenden Lieferstopp für US-Waffen an die Ukraine mit seinem Schlingerkurs noch für offene Freude gesorgt. Nun wird der Ton jedoch auch in Russland rauer – zumindest abseits der Aussagen des Kremlsprechers.
Russischer Abgeordneter hält Krieg mit Europa für „unvermeidlich“
„Die Staatsduma erklärte, dass der Krieg mit Europa unvermeidlich sei und es keine andere Möglichkeit mehr gebe“, berichtete etwa die kremlnahe Zeitung „Moskowski Komsomolez“ über angebliche Angaben eines russischen Abgeordneten, den die Zeitung nicht namentlich nannte. Der Grund für den „unvermeidlichen“ Krieg sei demnach aber nicht in Moskau zu finden, hieß es weiter, sondern in Europa. Dort werde man „bis 2030 für einen Krieg mit Russland bereit sein“, so die Prognose.
Während aus Moskau immer drastischere Worte kommen und Trump erneut einen erratischen Kurswechsel in seinem Umgang mit Kremlchef Putin vollzieht, steigt in Deutschland derweil mittlerweile auch der Druck auf Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).
„Wir Europäer müssen und können mehr tun“
„Wir Europäer müssen und können mehr tun, um die Luftverteidigung der Ukraine zu verbessern“, schrieb etwa der Sicherheitsexperte Nico Lange am Mittwoch bei X. „Sonst kommt mindestens eine neue Fluchtwelle auf uns zu“, warnte er weiter.
„Raketen über der Westukraine in Reichweite westlicher Systeme abzuwehren ist möglich, mehr und bessere Drohnenabwehr auch“, führte Lange auch mit Blick auf russische Luftangriffe aus, die Polens Grenze immer näher kommen.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisiert Kanzler Merz
Deutlichere Worte kamen unterdessen von FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die sich mit ihrer Kritik sowohl an bestimmte Kreise in der SPD als auch an den Bundeskanzler wandte. „Wer jetzt noch über ‚Eskalation durch Waffenlieferungen‘ fabuliert oder weltfremde Manifeste verfasst, hat absolut nichts verstanden“, schrieb Strack-Zimmermann zunächst mit Blick auf ein „Manifest“ aus SPD-Kreisen, das von den Sozialdemokraten Ralf Stegner und Ex-Fraktionschef Rolf Mützenich unterstützt worden war.
Die Ukraine brauche „dringend mehr Flugabwehr – zum Schutz ihrer Bevölkerung und zur Verteidigung europäischer Sicherheit“, forderte die Europaabgeordnete der FDP außerdem. Dass die neue Bundesregierung um Kanzler Merz öffentlich nicht mehr über Waffenlieferungen an die Ukraine debattieren möchte, sei zwar nachvollziehbar, schrieb Strack-Zimmermann bei X.
Umgang mit Putin: „Scholz-Stil“ nun auch bei Merz?
Dass die Realität jedoch „nicht anerkannt“ und „notwendige Unterstützung wie der Taurus“ weiterhin verweigert werde, sei hingegen nicht. Das sei „Scholz-Stil“, kritisierte die FDP-Politikerin mit Blick auf Merz’ Amtsvorgänger.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) geht vor der Generaldebatte zum Haushalt am Mittwoch (9. Juli) durch den Bundestag.
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Ex-Kanzler Olaf Scholz hatte stets seine „Besonnenheit“ hinsichtlich Waffenlieferungen betont – und sich oft erst spät zu weiteren Lieferungen durchgerungen. Eine Lieferung des Marschflugkörpers Taurus schloss Scholz stets aus. Merz hielt das im Wahlkampf noch anders – mittlerweile fallen seine Statements zu Taurus jedoch auch zurückhaltender aus.
Friedrich Merz: „Mittel der Diplomatie sind ausgeschöpft“
Bei der Generaldebatte im Bundestag äußerte sich Merz auch zu Putins Eskalation und der Lage der Ukraine. „Wir werden der Ukraine weiter helfen“, stellte der CDU-Politiker klar, zunächst allerdings, ohne dazu Einzelheiten zu nennen. Die Positionen der AfD, aber auch der Linkspartei, attackierte Merz unterdessen als „russlandfreundlich“ – und bedachte auch die russische Regierung um Putin mit deutlichen Worten.
Es handele sich in Moskau um „ein verbrecherisches Regime, das mit militärischer Gewalt das Existenzrecht eines ganzen Landes in Frage stellt“, erklärte Merz. Russlands Ziel sei es, die Ukraine zu zerstören. „Die Bundesregierung wird alles tun, um dies zu verhindern“, sicherte der Kanzler zu und zeigte sich mit Blick auf eine Verständigung mit Russland skeptisch: „Die Mittel der Diplomatie sind ausgeschöpft“, erklärte Merz. Taurus-Marschflugkörper erwähnte der Kanzler derweil nicht. (mit dpa)