US-FlüchtlingspolitikVerstörende Bilder aus Auffanglagern bringen Biden unter Druck

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Tausende minderjährige Migranten campieren auf der mexikanischen Seite der Grenze mit den USA in der Stadt Tijuana in Zelten und warten auf eine Gelegenheit in die USA zu kommen. 

Washington – Wochenlang hat die neue US-Regierung versucht, die Zustände an der Südgrenze des Landes vor der Öffentlichkeit möglichst zu verbergen. Bis heute wird Journalisten der Zutritt zu den Auffanglagern für jugendliche Migranten verweigert.

Umso stärker ist nun die Wirkung der Fotos, die der demokratische Abgeordnete Henry Cuellar am Montag veröffentlichte: Sie zeigen Dutzende Kinder und Jugendliche in einem mit Plastikplanen unterteilten Zelt, die auf engstem Raum dicht gedrängt unter silbernen Rettungsdecken hocken oder liegen.

„Das System ist überlastet“, kommentiert der Parlamentarier aus Texas seine Aufnahmen: „Da gibt es kein Wenn und Aber.“ Während das linksliberale Amerika geschockt ist, kommt den Republikanern die Notlage für ihre Attacken auf den neuen Präsidenten Joe Biden geradezu gelegen.

Der habe durch die Öffnung der Grenze einen gefährlichen Sog ausgelöst und müsse nun zu den Methoden seines Vorgängers Donald Trump greifen: „Joe Biden steckt Kinder in Käfige“, propagiert nicht nur der republikanische Senator Marco Rubio. Beim rechten Sender Fox-News ist die „Krise an der Grenze“ das Dauerthema.

Biden setzte lediglich Trumps schärfere Regeln aus

Tatsächlich hat Biden die Südgrenze zu Mexiko keineswegs für alle Migranten geöffnet. Er hat lediglich einen Teil der Verschärfungen ausgesetzt, die Trump eingeführt hatte. Grundsätzlich hat nämlich jeder Flüchtling das Recht, in den USA einen Asylantrag zu stellen.

Trump hatte zuletzt auch wegen der Corona-Pandemie sämtliche Migranten pauschal abgewiesen. Unter Biden werden die Personalien von Erwachsenen und Familien aufgenommen, bevor sie nach Mexiko zurückgeschickt werden. Alleinreisende Kinder und Jugendliche aber schiebt die neue Regierung nicht ab.

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Laut Gesetz dürfen die Jugendlichen maximal 72 Stunden in den gefängnisartigen Auffanglagern an der Grenze bleiben, bevor sie in Übergangslager im Land beherbergt oder zu Familienangehörigen in den USA gebracht werden. Doch der gewaltige Ansturm von Migranten hat die unzureichend vorbereiteten Behörden völlig überfordert.

Mehr als 15.000 Kinder und Jugendliche befinden sich derzeit in staatlicher Obhut. Mindestens 3000 sitzen mehr als die erlaubten drei Tage fest. Er habe mit den Tränen kämpfen müssen, berichtete der demokratische Senator Chris Murphy nach dem Besuch eines Lagers: „Ich würde mein Kind nicht in einer solchen Einrichtung haben wollen.“

Zugleich aber verteidigte Murphy den Präsidenten gegen die republikanische Kritik: Die Situation sei nicht mit 2019 zu vergleichen, als Trump Migranten-Familien bewusst auseinanderriss. „Es gibt keine Käfige. Es gibt Ärzte und Sozialarbeiter“, betonte Murphy: „Und die Biden-Regierung will das Problem so schnell wie möglich lösen.“

Tatsächlich versucht die Regierung nun auf verschiedenen Ebenen, die Lage an der Grenze, die Regierungssprecherin Jen Psaki beharrlich nicht als „Krise“ bezeichnen will, zu entschärfen. So hat Washington die Katastrophenschutzbehörde Fema angewiesen, den Bau von Notunterkünften voranzutreiben und Hotels an der Grenze angemietet.

Um die Kinder und Jugendlichen schneller aus den gefängnisartigen Einrichtungen in Übergangslager transportieren zu können, wurde in Dallas das Konferenzzentrum geöffnet. Nach einer Woche sind dort bereits 2000 Minderjährige untergebracht, und die Kapazitätsgrenze ist bald erreicht.

Zugleich hofft Washington, mit warnenden Botschaften die Menschen in Mittelamerika von der Flucht abhalten zu können. „Jetzt ist nicht die Zeit zu kommen! Kommen Sie nicht!“, appelliert Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas mehrmals täglich.

Die US-Regierung hat tausende Radio- und Online-Spots in Brasilien, El Salvador, Guatemala und Honduras mit derselben Botschaft geschaltet. Doch es ist unklar, ob das die Menschen stoppt, die oft vor tödlicher Gewalt und extremer Not in ihrer Heimat fliehen.

So bittet die Biden-Regierung nun das Nachbarland Mexiko um Hilfe bei der Abwehr des Migrantenstroms. Am Dienstag traf eine US-Delegation in Mexiko-Stadt ein. Man wolle gemeinsam mit einen „humanen“ Aktionsplan das Problem in den Griff bekommen, teilte das Weiße Haus mit. Um die Migrationsrouten zu kontrollieren, hat Mexiko inzwischen mehr als 8700 Soldaten an seine Grenzen geschickt.  

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