Wie Corona die Lunge schädigtErreger greift auf dreifache Weise an

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Viele Menschen merken noch lange nach einer Corona-Infektion, dass das Virus ihren Körper angegriffen hat.

  • Corona-Symptome wie Husten, Kurzatmigkeit und Erschöpfung können nach einer Infektion noch lange bestehen bleiben.
  • Denn das Virus hinterlässt seine Spuren im menschlichen Körper.

Das Coronavirus ist winzig, mit bloßem Auge überhaupt nicht zu erkennen und doch kann es große Schäden anrichten. Zum Beispiel in der Lunge. Nicht umsonst ist Covid‑19 von Ärztinnen und Ärzten anfangs als „neuartige Lungenkrankheit“ eingestuft worden. Die Erkrankung manifestierte sich damals durch kräftigen Husten – auch heute noch eines der markantesten Corona-Symptome. Doch lange Zeit war unklar, wie es überhaupt zu diesen Beschwerden kommt.

Was geschieht in der Lunge, wenn das Virus dort eindringt? Welche Schäden richtet es an? Und wie lassen sich diese behandeln – beziehungsweise: Lassen sie sich überhaupt behandeln?

Antworten auf diese Fragen fanden Forschende erst im weiteren Verlauf der Pandemie. Inzwischen ist klar: Es gibt gleich drei Wege, wie das Coronavirus die Lunge schädigt.

Virus verringert Luftstrom und Lungenvolumen

Der Krankheitserreger kann zum Beispiel für eine Atemwegsobstruktion sorgen, die auch nach der Corona-Infektion noch anhält.

Die Atemwege sind dabei eingeengt, der Luftstrom vermindert. Helfen können hier Inhalatoren, die Wirkstoffe freisetzen, die die Atemwege wieder öffnen, schreiben die Assistenzprofessoren für Medizin Jeffrey M. Sturek und Alexandra Kadl von der University of Virginia Ende September in einem Beitrag für „The Conversation“.

Zum Teil leiden Corona-Genesene aber auch unter einer restriktiven Lungenerkrankung. Die Lunge kann sich nicht mehr so ausdehnen wie vorher, sodass das Lungenvolumen und damit die Luftmenge, die sie aufnehmen kann, reduziert ist. Gerade Patientinnen und Patienten, die einen schweren Covid‑19-Verlaufen hatten, sind von einer solchen Restriktion betroffen.

Sie entsteht häufig durch die Bildung von Narbengewebe – in medizinischen Fachkreisen als Fibrose bekannt. Dabei verdicken sich die Wände der Lungenbläschen, der kleinsten Verästelungen in der Lunge, was den Gasaustausch stört. „Die langfristige Erholung der Lungenfunktion bei diesen Patienten ist noch unbekannt“, erklären Sturek und Kadl.

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Überschießende Immunreaktion zerstört Lungenbläschen Eine Studie der Berliner Charité hatte im vergangenen Jahr untersucht, wie es zu diesen Lungenschäden kommt. „Die Zerstörung des Lungengewebes bei schweren Covid‑19-Verläufen wird nicht direkt durch die Vermehrung des Virus in den Zellen verursacht“, war Molekularbiologe Emanuel Wyler vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in einer Pressemitteilung der Klinik zitiert worden. Schuld sei stattdessen eine starke Entzündungsreaktion.

Das Forscherteam hatte beobachten können, wie bestimmte Zellen des Immunsystems das Coronavirus aufnehmen und daraufhin überreagieren. Sie senden Botenstoffe aus, die starke entzündliche Prozesse in Gang setzen. Die Folge: Die Lungenbläschen werden weitgehend zerstört, das Lungengewebe vernarbt. Betroffene leiden deshalb teilweise noch Wochen oder Monate nach der Corona-Infektion unter Atembeschwerden.

Die gute Nachricht ist: Die Vernarbungen der Lunge sind potenziell reparabel. Zumindest hätten darauf Computertomographiebilder der betroffenen Patientinnen und Patienten hingedeutet, hieß es in der Studie, die im Fachmagazin „Nature Communications“ erschienen war.

Gerinnsel hemmen die Blutzufuhr

Corona kann die Lunge aber auch schädigen, indem es den Blutfluss verringert. Das geschieht vor allem, wenn sich Blutgerinnsel bilden, die die Blutbahnen verstopfen. Schlimmstenfalls kann es dann zu einer lebensbedrohlichen Lungenembolie kommen. Covid‑19 geht grundsätzlich mit einem erhöhten Risiko für Blutgerinnsel einher. Langfristig können Blutgerinnsel auch chronische Probleme verursachen, zum Beispiel eine chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie, kurz CTEPH.

Die beiden Assistenzprofessoren Sturek und Kadl weisen ferner darauf hin: „Es gibt Hinweise darauf, dass schwere Covid‑19-Infektionen die Blutgefäße der Lunge direkt schädigen und den Blutfluss während der Genesung beeinträchtigen können.“

Omikron infiziert Lungenzellen seltener

Was Lungenfachärztinnen und Lungenfachärzte trotz alledem freuen dürfte: Die aktuell zirkulierende Corona-Variante Omikron ist schlechter darin, die Lunge zu befallen. Sie dringt nicht mehr ganz so tief in den Körper vor, sondern befällt eher Zellen der oberen Atemwege. Das hatte eine Studie aus den USA Anfang des Jahres nahegelegt. Folglich nimmt die Lunge bei einer Corona-Infektion nicht mehr so viel Schaden wie noch bei vorherigen Virusvarianten.

Vollkommen harmlos ist das Coronavirus deshalb aber nicht. Schließlich hat sich herausgestellt, dass es ein Multiorganvirus ist. Der Krankheitserreger kann sich auch auf das Gehirn oder das Herz auswirken. Wie und warum er dort Schäden anrichtet, beginnen Forschende ebenfalls langsam zu verstehen. Gerade Komplikationen mit dem Herzen werden weltweit eifrig erforscht. Ebenso wird nach Medikamenten gesucht, die zur Behandlung eingesetzt werden können. Die Gefahr des kleinen Virus ist also noch nicht ganz gebannt.

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