Trump kooperiert nichtWie es nach der Ausrufung des Wahlsiegers jetzt weitergeht

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Donald Trump am Tag der Niederlage

Donald Trump auf dem Weg ins Weiße Haus, nachdem Joe Biden als Wahlsieger verkündet wurde

Am Samstagnachmittag hatte das Warten ein Ende, der Sieger der US-Wahl stand fest: Einstimmig haben die Datenanalysten der größten US-Medien auf Basis ihrer Berechnungen Joe Biden zum president-elect, zum nächsten Präsident der USA ausgerufen. Nur einer ignoriert die Zahlen: der amtierende Präsident. Schnell machte Donald Trump am Samstag klar, dass er das Ergebnis nicht akzeptiert. Ein chaotischer Machtwechsel zeichnet sich ab. Wie geht es also jetzt weiter?

Seit langem ist es in den USA Tradition, dass der Verlierer der Wahl zum Telefon greift, dem Gewinner gratuliert, und dann mit einigenden Worten vor seine Anhänger tritt, um seine Niederlage einzugestehen. Mit dieser Tradition hat Donald Trump gebrochen. Joe Bidens Siegesrede ging kein Anruf voraus, keine Gratulation von Trump und keine Rede für enttäuschte Republikaner. Das ist ungewöhnlich, jedoch im Kern nicht relevant. Die US-Verfassung schreibt nicht vor, dass ein Verlierer seine Niederlage anerkennen muss.

Schwieriger werden die kommenden Wochen. Trump ist weiterhin Präsident: bis zum 20. Januar 2021, dem Tag, an dem der nächste Präsident eingeschworen wird. Normalerweise wird die Zeit zwischen erstem Wahlergebnis um Amtsantritt für einen Übergabeprozess genutzt. Teams des amtierenden und des künftigen Präsidenten kommen zusammen, tauschen Informationen aus und ermöglichen so einen reibungslosen Machtwechsel. Dieser Prozess wurde bislang nicht eingeleitet. Das Team um Biden erklärte am Samstag: Niemand aus Trumps Team hat Kontakt aufgenommen.

Doch auch darauf muss Biden nicht warten. Er und die künftige Vizepräsidentin Kamala Harris haben bereits die Arbeit aufgenommen. In der kommenden Woche wollen sie ein Experten-Team zum Thema Coronavirus zusammenrufen, um einen Weg durch die Pandemie zu planen. Mit dem neuen Kabinett will Biden sich erst danach beschäftigen. Bis zum 20. Januar muss Biden sein Regierungs-Team zusammenstellen und Minister bestimmen. Die Vorbereitungen dafür haben wie üblich schon während des Wahlkampfs begonnen.

Unterdessen läuft die Stimmauszählung der US-Wahl weiter, wie es üblich ist. In einigen Staaten wird es zu Neuauszählungen kommen, weil das Ergebnis knapp ausgefallen ist. Auch das ist üblich. Dass diese Neuauszählungen jedoch zu so extrem abweichenden Wahlergebnissen kommen, dass der prognostizierte Wahlausgang beeinflusst würde, ist nicht zu erwarten.

Das Team um Trump wird weiter die Gerichte ersuchen, wie schon in der vergangenen Woche. Bislang hatte es mit seinen Versuchen keinen Erfolg. Belege für vermeintlichen Wahlbetrug gibt es nicht. Die vielen Klagen könnten jedoch ein ganz anderes Ziel haben: Zeit zu schinden und Unsicherheit schüren.

Heikle Deadlines im Dezember

Am 8. Dezember, dem „safe harbor“ (dt: sicherer Hafen), müssen die Staaten aufgrund der ausgezählten Ergebnisse ihre Wahlleute bestimmen. Trump könnte darauf setzen, die Auszählung durch Klagen zu verzögern und Druck auf Gouverneure auszuüben. Diese könnten nämlich theoretisch auch Wahlleute ernennen, die bei einem unsicheren Ergebnis für Trump votieren. Verboten ist das nicht.

Der 14. Dezember ist der Tag, an dem die gewählten Wahlleute ihre Stimmen abgeben. Vorstöße, diese beiden Deadlines in den Januar zu verschieben, um Staaten genug Zeit zur Auszählung zu geben und genug Luft für etwaige Gerichtsentscheidungen zu lassen, sind bislang gescheitert.

Am 6. Januar 2021 kommt der Kongress zusammen, um die Stimmen der Wahlleute offiziell zu zählen und die Wahl zu bestätigen. Offiziell ist erst das der Tag, an dem der nächste Präsident ernannt wird.

Am 20. Januar 2021, dem „inauguration day“, legt der nächste Präsident der USA den Amtseid ab. Sollte es sich dabei wie erwartet um Joe Biden handeln, müsste Trump spätestens an diesem Tag das Weiße Haus geräumt haben.

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