Brisante Protokolle von Telefonaten eines hochrangigen Putin-Beraters geben Hinweise auf das Zustandekommen von Trumps „Friedensplan“.
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US-Präsident Donald Trump (l.) zusammen mit Steve Witkoff bei dessen Amtsantritt als Sondergesandter im Mai. (Archivbild)
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Die Transkripte zweier Telefonate sorgen für neuen Sprengstoff rund um das Zustandekommen des angeblich amerikanischen „Friedensplan“ für die Ukraine, der in der letzten Woche öffentlich geworden war und die Rolle des US-Sondergesandten Steve Witkoff. Die Nachrichtenagentur Bloomberg veröffentlichte am Dienstag zwei in diesem Kontext brisante Protokolle. Eines stammt demnach von einem Gespräch zwischen Witkoff und Juri Uschakow, einem hochrangigen Berater von Kremlchef Wladimir Putin. Das andere von einem Gespräch zwischen Uschakow und dem russischen Sondergesandten Kirill Dmitrijew.
Beide Transkripte deuten darauf hin, dass es sich bei dem ursprünglich 28 Punkte umfassenden Plan tatsächlich in großen Teilen um eine „russische Wunschliste“ gehandelt haben könnte. Diese Bezeichnung hatten zuvor bereits US-Senatoren gewählt, nachdem sie von US-Außenminister Marco Rubio über die US-Pläne informiert worden waren. Die US-Regierung betonte jedoch, dass es sich um einen amerikanischen Entwurf gehandelt habe, der weiterentwickelt werden solle.
Transkripte von Uschakow-Telefonaten veröffentlicht
Der Plan forderte von der Ukraine bedeutende territoriale und weitere weitreichende Zugeständnisse sowie die Zusage, nicht der Nato beizutreten und wurde weithin als sehr vorteilhaft für Moskau eingestuft. Die nun bekannt gewordenen Telefonate aus dem Oktober geben Einblick in das Zustandekommen des lautstark als „prorussisch“ kritisierten Dokuments.
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Kremlchef Wladimir Putin zusammen mit Steve Witkoff im August im Kreml. Im Hintergrund ist Putins Berater Juri Uschakow zu sehen. (Archivbild)
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Laut den von Bloomberg veröffentlichten Transkripten telefonierte Witkoff zunächst am 14. Oktober mit Uschakow und gab dem Putin-Berater dabei Ratschläge zu einem möglichen „Friedensplan“ für die Ukraine und zum richtigen Umgang mit US-Präsident Donald Trump. Er glaube, dass Russland „immer einen Friedensdeal gewollt“ habe, sagte Witkoff demnach und äußerte „tiefsten Respekt“ für Kremlchef Putin.
Bloomberg: Trump-Unterhändler gibt Moskau Ratschläge
Der US-Gesandte riet Uschakow außerdem, Putin solle Trump in einem Telefonat für die erzielte Waffenruhe im Gazastreifen loben. Dieses Gespräch sollte möglichst vor einem für den 17. Oktober vorgesehenen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus stattfinden, lautete demnach Witkoffs Ratschlag für Uschakow.
Trumps Unterhändler schlug zudem vor, einen 20-Punkte-Friedensplan für die Ukraine zu erstellen, „so wie wir es für Gaza getan haben“. Was nötig sei, um einen Friedensplan zum Abschluss zu bringen, sei ihm bekannt, erklärte Witkoff weiter und brachte die Anerkennung von besetzten ukrainischen Regionen ins Spiel. „Donezk und ein Gebietsaustausch irgendwo“, sagte Witkoff demnach mit Blick auf die von Russland beanspruchte Region im Osten der Ukraine.
Nach Witkoff-Ratschlag: Trump distanziert sich von Tomahawks
Das Telefonat zwischen Trump und Putin fand schließlich am 16. Oktober statt – also wie von Witkoff empfohlen noch vor dem Besuch von Selenskyj in Washington. Der US-Präsident bezeichnete es als „sehr produktiv“ und stellte die ukrainischen Forderungen nach Tomahawk-Raketen infrage – zuvor hatte Trump die Lieferung der US-Waffen selbst mehrfach ins Spiel gebracht, um den Druck auf Moskau zu erhöhen.
Das zweite nun von Bloomberg veröffentlichte Transkript soll von einem Gespräch am 29. Oktober zwischen Uschakow und Putins Sondergesandten Kirill Dmitrijew stammen, der stark in die Gespräche mit US-Vertretern involviert ist. Das Gesprächsprotokoll liefert eindeutige Hinweise auf die Urheberschaft vieler Punkte in dem ursprünglichen „Friedensplan“ der US-Regierung, der mittlerweile Berichten zufolge einigen Änderungen unterzogen wurde.
„Ich glaube nicht, dass sie unsere Version genau so übernehmen“
„Ich denke, wir werden dieses Papier über unsere Position erstellen, und ich werde es informell in Umlauf bringen“, sagte Dmitrijew demnach. „Ich glaube nicht, dass sie unsere Version genau so übernehmen werden, aber zumindest wird es so nah wie möglich daran sein“, fuhr er fort, offenbar in Anspielung auf US-Vertreter.

Putins Sondergesandter Kirill Dmitrijew zusammen mit seinem amerikanischen Amtskollegen Steve Witkoff bei einem Zusammentreffen in St. Petersburg. (Archivbild)
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Auf der Plattform X bezeichnete Dmitrijew den Bloomberg-Bericht kurz nach seiner Veröffentlichung als „Fake“. Putin-Berater Uschakow bestritt die Echtheit der Leaks unterdessen gegenüber der russischen Zeitung „Kommersant“ zunächst nicht, sondern schien sie eher indirekt zu bestätigten.
Uschakow: „Es gibt einige Gespräche über WhatsApp“
„Es gibt Kontakte über geschlossene Kommunikationskanäle, bei denen es praktisch keine Informationslecks gibt, es sei denn, eine der Seiten lässt dies absichtlich zu. Und es gibt einige Gespräche über WhatsApp, die offenbar irgendwie von jemandem mitgehört werden können“, sagte Uschakow demnach und bezweifelte, dass die Leaks von einem der Beteiligten stammen.
„Hier kann man kaum davon ausgehen, dass ein solcher Informationsverlust von den Gesprächsteilnehmern ausgegangen sein könnte“, zitierte „Kommersant“ den Putin-Berater. „Niemand wird mit einem Partner zusammenarbeiten, der Informationen über das Besprochene weitergibt. Oder es wird ein misstrauisches Gespräch, das zum Scheitern verurteilt ist.“
Moskau deutet Intrige gegen Witkoff in den USA ab
Auch Witkoff könne daran kein Interesse gehabt haben, erklärte Uschakow weiter und erinnerte an den Fall Michael Flynn. Der ehemalige US-Sondergesandte musste 2017 nach einem abgehörten Gespräch mit dem russischen Botschafter in den USA seinen Posten räumen. Uschakow habe damit angedeutet, dass „Witkoff im Weißen Haus möglicherweise Feinde hat“, ordnete „Kommersant“ die Anspielung ein.
Ähnlich äußerte sich auch Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Es ist eindeutig, dass es viele Leute in verschiedenen Ländern, die USA eingeschlossen, gibt, die die Tendenz einer Entwicklung zum Frieden stoppen wollen“, sagte Peskow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. Zugleich maß er dem Leak keine große Bedeutung bei.
Donald Trump stellt sich hinter Steve Witkoff
Der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, Steven Cheung, erklärte derweil, die Enthüllungen könnten lediglich beweisen, dass Witkoff „fast jeden Tag mit Vertretern Russlands und der Ukraine spricht, um Frieden zu erreichen.“ Der US-Sondergesandte mache somit genau das, wofür Trump ihn ernannt habe, hieß es weiter von Cheung.
Auch der US-Präsident selbst erklärte gegenüber Reportern, er habe die Gesprächsaufzeichnungen zwar nicht gehört, es handele sich jedoch um eine „ganz normale Verhandlungsform“.
Auf die Frage, ob er besorgt sei, dass Witkoff zu russlandfreundlich sei, entgegnete Trump: „Russland hat deutlich mehr Soldaten. Daher denke ich, wenn die Ukraine einen Deal machen kann, ist das eine gute Sache.“ Witkoff werde deshalb in der nächsten Woche nach Moskau reisen, um in einem Gespräch mit Putin „einige strittige Punkte“ zu besprechen, kündigte Trump an.
Scharfe Kritik an US-Regierung und „Friedensplan“ in den USA
Aus Russland hatte es zuvor allerdings eindeutige Signale gegeben, dass weder der ursprünglich 28 Punkte umfassende US-Plan noch eine nach Gesprächen mit der Ukraine und Europa überarbeitete Fassung auf Zustimmung treffen. Kremlchef Putin sprach angesichts des für Russland vorteilhaften ersten Entwurfs davon, dieser könne lediglich eine „Grundlage“ für weitere Verhandlungen sein. Andere Moskauer Politiker bekräftigten derweil die russischen Kriegsziele. Diese kommen weiterhin einer ukrainischen Kapitulation gleich.
In den USA sorgt die Posse rund um den „Friedensplan“ derweil weiterhin für scharfe Kritik an der US-Regierung, die sich nach den geleakten Telefonaten nun auch innerhalb Trumps Partei noch einmal deutlich verschärft hat.
Entsetzen über Steve Witkoff: „Er sollte entlassen werden“
„Für alle, die sich gegen die russische Invasion aussprechen und die Ukraine als souveränes und demokratisches Land erhalten wollen, ist klar, dass Witkoff die Russen uneingeschränkt unterstützt“, schrieb etwa der republikanische Kongress-Abgeordnete Don Bacon bei X und fügte hinzu: „Ihm kann man die Leitung dieser Verhandlungen nicht anvertrauen. Würde ein von Russland bezahlter Agent weniger tun? Er sollte entlassen werden.“
Auch Michael McFaul, ehemaliger US-Botschafter in Moskau, sprach von „schockierenden“ Enthüllungen. „Die Aufgabe aller Beamten im Bereich der nationalen Sicherheit der US-Regierung besteht darin, die nationalen Interessen Amerikas zu fördern, nicht die Interessen anderer Länder und insbesondere nicht die Interessen barbarischer imperialer Kriegstreiber wie Putin“, schrieb der ehemalige Diplomat bei X.
„Als ob Witkoff und der Präsident mit den Russen im Bett sind“
Bei den Demokraten fällt die Kritik derweil noch deutlicher aus. „Steve Witkoff soll für die Vereinigten Staaten arbeiten, nicht für Russland“, kommentierte der Kongress-Abgeordnete Ted Lieu bei X die Enthüllungen und bezeichnete Trumps Sondergesandten als einen „wahren Verräter“.
Lieus Parteikollege Gregory Meeks fand bei CNN angesichts der öffentlich gewordenen Transkripte ebenfalls scharfe Worte für die US-Regierung. „Es scheint, als ob Witkoff und der Präsident mit den Russen im Bett sind“, sagte Meeks dem US-Sender. Die Berichte machten den Eindruck, dass die Trump-Regierung „nichts tut, um Russland zu stoppen“, fügte der Demokrat hinzu. (mit afp)

