Kommentar zu WoelkiErzbistum Köln liefert ein Lehrstück des strukturellen Versagens

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Woelki Zeigefinger

Der Kölner Kardinal Rainer Woelki

Köln – Der Ausgang von Krisen hängt oftmals weniger vom Handeln der Beteiligten ab als von ihrer Fähigkeit zu einer sachgerechten, transparenten und glaubwürdigen Kommunikation.

Am Beginn der Pandemie waren die Deutschen in einer übergroßen Mehrheit bereit, dem Krisenmanagement der Bundesregierung zu folgen, weil ihr genau dieser Dreischritt gelungen war. Heute hingegen wirkt ein Gewirr widersprüchlicher Empfehlungen und Lagebeurteilungen auch mit Blick auf den Corona-Herbst alles andere als vertrauenserweckend. 

Unentwirrbares Knäuel

Kommen in Krisen dann noch eklatante Führungsschwäche und Organisationsmängel hinzu, ist das Scheitern fast unvermeidbar. Die Probleme selbst und ihre unzulängliche Vermittlung werden zu einem unentwirrbaren Knäuel.

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Das Erzbistum Köln mit seiner sogenannten Aufarbeitung des Missbrauchsskandals liefert hier seit nunmehr drei Jahren das Lehrstück eines strukturellen Versagens. Was die Kirchenspitze um Kardinal Rainer Woelki der Öffentlichkeit vorführt, wirkt von außen betrachtet wie eine Form von organisierter Verantwortungslosigkeit.

Krisenberater sollten „Überleben“ im Amt sichern

Die jüngste Erklärung des Bistums zu Woelkis PR-Strategie auf dem Höhepunkt der Missbrauchskrise 2020 ist dafür ein erneutes Beispiel. Der Erzbischof selbst hielt es nicht für nötig, sich persönlich dazu zu äußern, wie seine Krisenkommunikationsberater ihm vor gut zwei Jahren das – so wörtlich – „Überleben“ im Amt sichern wollten.

Er überließ die Antwort stattdessen seinem „Alter Ego“, Generalvikar Guido Assmann – und verspielte damit die Chance, verlorenes Vertrauen in ihn als Person auch nur ansatzweise wiederherzustellen.

Maß nehmen an Robert Habeck

Ob Woelki in den vergangenen Monaten wohl gelegentlich Maß genommen hat an einem Politiker wie Robert Habeck? Auch der Grünen-Minister musste zuletzt wiederholt Standpunkte verändern und angreifbare, unpopuläre Entscheidungen vertreten. Das gelang ihm selbst nach Einschätzung politischer Gegner für viele überzeugend, weil er die Dilemmata offenlegte und nicht wirkte wie jemand, der Probleme kleinredet oder mit dem Finger auf andere zeigt. 

Würde man die Kirche ganz profan als eine Dienstleisterin betrachten, dann müsste die Attraktivität ihres Angebots in wahrnehmbarer Nähe, Zuwendung, Fürsorge bestehen. In der Selbstdarstellung der Kölner Bistumsspitze ist das mittlerweile zu einer bloßen Authentizitäts-Simulation verkommen.

Der Papst hatte recht

Womöglich wusste Papst Franziskus selbst nicht, wie recht er hatte, als er Woelki im September 2021 aufgrund „großer Fehler auf der Ebene der Kommunikation“ in eine fünfmonatige Auszeit schickte.

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Diese Phase der Läuterung und der Besinnung hat bislang keine erkennbare Veränderung zum Besseren gezeitigt. Seit der Enthüllung der „Woelki-Papers“ zur PR und der unzulänglichen Reaktion darauf ist klarer denn je: Das Erzbistum Köln ist die Krise in Permanenz.

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