Werdende Eltern besorgtWie gefährlich ist Covid-19 für Schwangere und ihre Kinder?

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt

197 Schwangere mit einer Covid-19-Infektion stehen im deutschen Corona-Register. 30 Prozent von ihnen haben keine Symptome (Symbolbild).

  • 197 Schwangere mit einer Covid-19-Infektion stehen im deutschen Corona-Register.
  • Welche Erkenntnisse lassen sich bisher aus diesen Fällen gewinnen?
  • Welchem Risiko Schwangere und ihre ungeborenen Kinder durch Covid-19 ausgesetzt sind, erklärt Dr. Ulrich Pecks, der Leiter der Studie.

Köln – Ob Sars-CoV-2 für Schwangere gefährlicher ist als für den Rest der Bevölkerung und welche Langzeitfolgen es für das Kind hat, wenn die Mutter in der Schwangerschaft an der Infektion litt, lässt sich noch nicht eindeutig sagen. Noch ist die Datenlage zu dünn. Doch erste Tendenzen lassen sich ablesen.

So scheint die Infektionsgefahr bei Covid-19 für Schwangere nicht größer zu sein, sagt Ulrich Pecks, Leiter der Geburtshilflichen Abteilung an der Universitätsklinik Schleswig-Holstein. „Unsere Befürchtung war, dass die Ansteckungsgefahr und die Verläufe bei Schwangeren schlimmer sind – wie wir es von anderen Infektionen wie Influenza oder Sars-1 kennen.“

197 Schwangere mit einer Covid-19-Infektion stehen im deutschen Corona-Register. Die CRONOS-Studie wird von Ulrich Pecks geleitet. Mit der Studie wollen Ärzte herauszufinden, wie hoch das Risiko für Schwangere durch Covid-19 ist und welche Folgen eine Infektion für Mutter und Kind hat. Die Daten stammen aus 120 Krankenhäusern aus der ganzen Bundesrepublik. 30 Prozent der Schwangeren haben keine Symptome gezeigt, wurden aber positiv auf Sars-CoV-2 getestet.

Mehr Frühgeburten unter erkrankten Schwangeren

Was bisher auffällt: „Es gibt mehr Frühgeburten unter den Frauen mit Infektion – normal haben wir rund neun Prozent, hier sind es knapp 16 Prozent“, sagt der Gynäkologe. Ob dies durch das Virus verursacht werde, sei nicht ganz klar. Es könne auch sein, dass Ärzte den Säugling etwas früher auf die Welt holen müssen, um die Covid-19-Infektion der Mutter besser behandeln zu können. „Außerdem ist die Kaiserschnittrate leicht erhöht – vier von zehn Kindern von an Covid-19 erkrankten Schwangeren müssen per Kaiserschnitt geholt werden, normalerweise sind es im Durchschnitt drei von zehn Kindern.“ In Großbritannien werden sogar sechs von zehn Säuglingen per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht, wenn die Mutter an Covid-19 erkrankt ist.

Neuer Inhalt

Ulrich Pecks.

Von den knapp 200 Frauen haben zehn Schwangere einen schweren Verlauf gehabt und mussten intensivmedizinisch betreut werden. Auch ein mütterlicher Todesfall wegen Covid-19 ist in Deutschland zu verzeichnen. Zwei Totgeburten gab es unter den infizierten schwangeren Frauen, diese sind laut der behandelten Ärzte aber nicht direkt auf Sars-CoV-2 zurückzuführen. Auffällig seien zwei Totgeburten bei knapp 200 Schwangeren schon, so Pecks, sonst liege die Quote in Deutschland im Durchschnitt bei drei bis vier auf 1.000 Schwangere.

Schwangere mit Covid-19 müssen eher ins Krankenhaus

Eine große Studie der amerikanischen Seuchenschutzbehörde „Centers for Disease Control and Prevention“ (CDC) kommt zu dem Schluss, dass das Risiko für Schwangere, die an Covid-19 erkrankt sind, höher ist, im Krankenhaus oder gar auf der Intensivstation behandelt werden zu müssen. In einer Metaanalyse aus dem „British Medical Journal“ werden 77 Studien, darunter die Daten der CDC-Studie, analysiert – auch hier das Ergebnis: Schwangere mit einer Covid-19-Infektion müssen eher intensivmedizinisch behandelt werden als gleichaltrige nicht schwangere Frauen. Ob Schwangere wegen einer Covid- 19-Infektion häufiger im Krankenhaus oder auf der Intensivstation behandelt werden müssen, lasse sich noch nicht sagen, erklärt der Gynäkologe Ulrich Pecks. „Die große Studie der CDC lässt keine Schlüsse zu, weil nicht erhoben wird, warum die Schwangeren intensivmedizinisch behandelt werden.“

Eine Untersuchung aus Schweden zeigt, dass das Risiko für Schwangere höher sein könnte, wegen einer Sars-CoV-2-Infektion intensivmedizinisch behandelt werden zu müssen. Eine Publikation aus China weist darauf hin, dass Schwangere eher einen schweren Covid-19-Verlauf haben. In beiden Studien werden Schwangere mit nicht schwangeren Frauen verglichen, die an Covid-19 erkrankt sind. In den beiden Untersuchungen wird allerdings mit einer sehr limitierten Fallzahl gearbeitet, wodurch die Aussagekraft eher gering ist.

Schwangere sollten sich gegen Grippe impfen lassen

Riskant kann eine Sars-CoV-2-Infektion für Schwangere trotzdem sein, denn sie können nicht so behandelt werden, wie Ärzte nicht schwangeren Frauen medizinisch versorgen würden. „Einer Schwangeren können wir nicht alle Medikamente geben, die wir anderen Sars-CoV-2-Patienten geben würden“, erklärt Pecks. Bei einem schweren Verlauf könne eine schwangere Frau nicht wie üblich in Bauchlage beatmet werden. Auch den Säuglingen können Ärzte nicht alle Medikamente verabreichen. „Eine Sars-CoV-2-Infektion könnte für Frauen in der zweiten Schwangerschaftshälfte beschwerlicher sein, da die Atmung flacher wird, je größer das Kind und der Uterus ist“, sagt der Gynäkologe. 

Ulrich Pecks rät Schwangeren zur Vorsicht. Sie sollten die allgemeinen Hygienemaßnahmen, wie Handdesinfektion, Kontaktbeschränkung, Abstand halten und Maske tragen, beachten. Er appelliert: „Schwangere sollten sich in diesem Jahr unbedingt gegen Grippe impfen lassen!“ Influenza sei für Schwangere gefährlicher als für nicht schwangere Frauen. Außerdem vermeiden Schwangere es so, dass sie Grippe und Covid-19 gleichzeitig bekommen.

Covid-19 von Mutter auf Kind übertragbar

Doch wie wirkt sich eine Sars-CoV-2-Infektion der Mutter auf das ungeborene Kind aus? In einer Fallstudie in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ berichten französische Ärzte von einem Neugeborenen, das ähnliche neurologische Symptome hat wie Erwachsene. Es hatte sich im Mutterleib mit Covid-19 infiziert. Die Studie aus Frankreich zeige nachweislich, dass das Virus von der Mutter auf das Kind übertragen werden kann, sagt Ulrich Pecks. Allerdings sei dies extrem selten. Durch einen sogenannten ACE-2-Rezeptor kann das Coronavirus wahrscheinlich in Zellen gelangen. Eine Untersuchung in „Science Direct“ erklärt, dass das Virus über diesen Rezeptor auch in die Plazenta gelangen könnte und so ein Ungeborenes infiziert werden könnte.

Das könnte Sie auch interessieren:

Um genau zu wissen, wie sich Covid-19 auf Schwangere und ihre Kinder auswirkt, brauche es noch mehr Daten. Auch das Robert Koch-Institut informiert darüber, dass die Auswirkungen der Infektion noch weiter untersucht werden müssen, um sichere Aussagen zu treffen.

KStA abonnieren