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Zahl grippaler Infekte steigtErste Erkältungswelle in Rhein-Sieg ist da – Kein Mangel an Medikamenten

5 min
Eine Frau liegt mit einer Decke auf der Couch. Auf dem Tisch vor ihr stehen ein Wasserglas, liegen Taschentücher und Medikamente gegen Erkältung.

Es geht los mit der Erkältungszeit, nichts Besonderes in dieser Jahreszeit, doch die Erkältungswelle fängt stark an, sagt eine Hennefer Ärztin. (Symbolbild)

Einen kräftigen Start bescheinigt Ärztin Jacqueline Hiepler aus Hennef der ersten herbstlichen Erkältungswelle – stärker als im vergangenen Jahr.

Es ist nicht gerade eine Seltenheit zu dieser Jahreszeit: In den Zügen und Bussen geht das Husten los, an jeder Ecke schnieft jemand und so manchem dröhnt der Kopf. Es ist Erkältungszeit und die erste Herbstwelle hat uns voll im Griff.

Das ist zumindest der Eindruck von Dr. Jacqueline Hiepler, Vorsitzende der kassenärztlichen Vereinigung im Rhein-Sieg-Kreis und Ärztin mit eigener Praxis in Hennef. „Es ist ein kräftiger Anlauf der Erkältungswelle“, ist ihre Einschätzung. Das sei aber natürlich saisonal und wetterbedingt sozusagen üblich: „Es ist wie jedes Jahr, wenn die Schulen, Unis und Kitas auf sind und die erste Kälte kommt. Wir werden krank.“ 

RKI bewertet Inzidenz der Atemwegserkrankungen Anfang Oktober mit „hoch“

Sie sehe zurzeit keinen beunruhigenden Anstieg der Krankheitsfälle, zumal sie auch nur die in ihrer Praxis treffe, die eine Krankmeldung bräuchten, so die Ärztin. Die Dunkelziffer von Erkrankten, die sich zu Hause auskurierten, sei sicher durchaus größer. Dennoch sei der Anfang der diesjährigen Erkältungswelle stärker als im vergangenen Jahr, ist ihr Eindruck für die Region. Das zeigten auch die Zahlen des Robert-Koch-Instituts, die einen besseren Überblick gäben, weil sie ganz Deutschland erfassten.

Auf Bevölkerungsebene sei die Aktivität von Akuten respiratorischen Erkrankungen (ARE), zu denen auch Influenza- also Grippeviren gehören, zwischen dem 29. September und dem 5. Oktober angestiegen, so das RKI, auf eine Inzidenz von 8900 (das bedeutet 8900 Fälle pro 100.000 Einwohner), was mit „hoch“ bewertet wird. Diese geschätzten Inzidenzen beruhen auf den Selbstauskünften von Personen, die sich bei GrippeWeb registriert haben, erklärt das RKI im entsprechenden Wochenbericht.

Auch Jacqueline Hiepler hält dies für eine recht hohe Inzidenz. Zum Vergleich: Im Sommer liege die Inzidenz etwa bei 2000, das sei niedrig. Aber alles ab 8000 sei hoch. Im ambulanten Bereich bestehe aktuell dennoch eine „vergleichsweise niedrige Zahl an Arztkonsultationen“, betont das RKI. 

7,5 Millionen Personen pro Woche mit einer Atemwegserkrankung

Demnach habe es 7,5 Millionen Personen pro Woche mit einer neu aufgetretenen akuten Atemwegserkrankung und 1,15 Millionen Personen pro Woche mit einer grippeähnlichen Infektion gegeben. Das sei für diese Jahreszeit eine übliche Beobachtung. Die ARE-Erkrankungen würden derzeit hauptsächlich durch Rhinoviren und Corona-Viren bestimmt. 

Im aktuellen ARE-Wochenbericht des RKI, der die Zeit vom 6. Oktober bis 12. Oktober erfasst, wird die Aktivität von ARE allerdings wieder auf einem „moderaten Niveau“ angegeben. Die Zahl der Erkrankungen sei insgesamt gesunken, die der Arztkonsultationen jedoch angestiegen.

Regional ist anhand der Viruslast im Abwasser laut RKI erkennbar, dass die Zahl der Influenzaviren (Grippe) im Raum Köln in den vergangenen Wochen zugenommen hat. So stieg die Viruslast von Influenza-A-Viren zwischen dem 15. September und dem 29. September von knapp 1000 Genkopien pro Liter Abwasser auf 2100.

Leichter Anstieg bei Corona-Infektionen – Normale Erkältung am häufigsten

„In den letzten Wochen zeigte sich in allen Systemen ein allmählicher Anstieg der SARS-CoV-2-Aktivität, der jedoch deutlich geringer ausfiel als im Vorjahr um diese Zeit“, heißt es im RKI-Wochenbericht. Die Inzidenz befinde sich auf einem niedrigen Niveau von 400 Covid-19-Erkrankungen pro 100.000 Einwohnern. Insgesamt sei die Zahl der schwer verlaufenden Atemwegserkrankungen sehr niedrig.

Das deckt sich mit den Beobachtungen von Jacqueline Hiepler in ihrer Hennefer Praxis und Umgebung. Ihrer Ansicht nach „laufen RS-Viren immer so mit durch“, das betreffe in den meisten Fällen Kinder. Ansonsten gebe es aber auch eine Impfung für Menschen ab 70 Jahren, die einmalig möglich ist. 

Impfzeit für Grippe beginnt jetzt – Nachfrage in Arztpraxen steigt

Was Corona angeht, sehe sie auch keinen Anstieg, betont Hiepler. „Corona macht etwa 20 Prozent der Erkrankungen bei uns aus“, sagt sie im Gespräch mit der Redaktion. 50 Prozent seien normale Erkältungen. „Die Corona-Verläufe sind auch in der Regel nicht mehr schwerwiegend. Ich weiß von keinen Krankenhauseinweisungen mehr wegen Corona.“

Dr. Jacqueline Hiepler in ihrer Praxis in Hennef.

Dr. Jacqueline Hiepler in ihrer Praxis in Hennef.

Beim bundesweiten Abwassermonitoring der Corona-Viren ist zwischen dem 29. September und dem 5. Oktober ein Anstieg beim RKI verzeichnet worden und liegt bei rund 50.000 Genkopien der Viren pro Liter Abwasser. Diese Zahlen beziehen sich auf Daten aus 48 Kläranlagen in Deutschland, das entspricht einer Abdeckung der Gesamtbevölkerung von 20,5 Prozent.

In jedem Fall beginne jetzt auch wieder Impfungszeit, betont sie. Die Impfstoffe seien Ende September eingetroffen und die Nachfrage nach Grippeimpfungen steige derzeit wieder stark an. Durch eine Impfung könnten schwere Verläufe verhindert und teilweise Erkrankungen ganz abgewendet werden. Die Nachfrage an Covid-Impfungen sei hingegen etwas geringer geworden. „Einige lassen sich bei uns aber gegen beides zusammen impfen.“ Zusätzlich stehe eine Impfung gegen Lungenentzündung für Menschen ab 60 Jahren bereit, die einmalig empfohlen wird.

Derzeit kein Mangel an Medikamenten oder Impfstoffen

An Impfstoffen mangele es jedenfalls nicht, sagt Ulrike Jüngel-Sandner, Sprecherin der Apothekerkammer Nordrhein, über die Vorräte in der Augustinus-Apotheke in Sankt Augustin. „Wir haben Vorräte angelegt für die Grippeimpfstoffe und sind gut versorgt.“ Auch an Medikamenten fehle es derzeit nicht akut.

Man könne allerdings nie absehen, wie die Erkältungssaison sich entwickele, da könnten Mängel auch plötzlich auftreten. Das gelte auch für Medikamente. „Es gibt zum Beispiel immer bei bestimmten Antibiotika Defekte, die sind dann nicht verfügbar. Ich habe da sozusagen Töpfe an Medikamenten, die ich jeden Tag abrufe und versuche, beim Großlager zu bekommen.“ Darunter seien zum Beispiel immer wieder Antibiotika für Kinder oder Sprühmedikamente gegen Atemwegserkrankungen. 

Wieder auftretende Corona-Erkrankungen bemerkt Jüngel-Sandner auch. Aber wie Jacqueline Hiepler sieht sie keine schwerwiegenden Verläufe. „Das ist auch ein Ergebnis der guten Durchimpfung und Grundimmunisierung“, sagt Jüngel-Sandner. „Deshalb befürworte ich die Impfungen auch immer.“ Einige Apotheken böten dafür beispielsweise niedrigschwellig Impfungen gegen Corona und Grippe vor Ort an, sodass kein Arzttermin benötigt werde.