Herr Meerloo, am Sonntag findet auf der Anlage des Golfclubs Marienburg in Köln der letzte Spieltag der Golf-Bundesliga statt. Erklären Sie uns doch bitte mal: Was ist eigentlich die Golf-Bundesliga?
Léon Meerloo: Es ist richtig, dass die Golf-Bundesliga außerhalb der Szene praktisch unbekannt ist. Das liegt auch daran, dass sie bis vor einem Jahr als Format der Mannschaftsmeisterschaft an einem einzigen Wochenende im Juli gespielt wurde. Da waren wir medial komplett unter „ferner liefen“. Das hat niemanden interessiert. Aber jetzt haben wir ein echtes Liga-System, das ist gerechter und transparenter: Zwei Gruppen mit je fünf Mannschaften, die ersten beiden jeder Gruppe spielen dann in den Final Four um die Meisterschaft, die letzten beiden steigen in die Zweite Liga ab. Jetzt müssen wir vier Monate konstant Leistung bringen. Das tut dem Sport gut.
Welche Rolle spielt der Golfclub Marienburg in der Golf-Bundesliga?
Meerloo: Wir haben es 2013 nach 38 Jahren geschafft, wieder in die Erste Bundesliga aufzusteigen. In der erfolgreichsten Zeit hat der Golfclub Marienburg zweimal die deutschen Mannschaftsmeisterschaften gewonnen, aber damals gab es 120 Golfplätze in ganz Deutschland und jetzt sind es fast 800. Damals spielten so um 100 000 Menschen Golf in Deutschland, mittlerweile sind wir bei 680 000. Das ist schon ein gewaltiger Qualitätsunterschied. Heute sind wir Außenseiter. Das beginnt schon damit, dass wir die einzige Neun-Loch-Anlage in der Bundesliga haben. Das sagt auch etwas über die Voraussetzungen im Vergleich mit den Schwergewichten.
Der 5. Spieltag der Golf-Bundesliga beginnt am Sonntag am Golfclub Marienburg um 7.30 Uhr mit den acht Einzeln. Nachmittags treten vier Doppel an, die im klassischen Vierer (abwechselnde Schläge) spielen. Die Gästeteams der 1. Bundesliga-Nord sind: Hubbelrath GC, Frankfurt GC, Hamburger GC und Hamburg Hittfeld.
Frankfurt, Hubbelrath, den beiden Hamburger Clubs und im Süden St. Leon-Rot, München oder Stuttgart. Dennoch haben wir die Qualität, da mitzuspielen.Sie stehen auf dem vorletzten Tabellenplatz. Wie groß ist die Chance auf den Verbleib in der Klasse?
Meerloo: Bei uns bekommt der erste fünf Punkte, der letzte einen Punkt. Wenn wir drei Positionen vor dem Hamburger Golf-Club landen, werden wir die Klasse halten. Das wird schwer, aber das war klar. Am Anfang waren wir ein bisschen ehrfürchtig dagestanden wie das Kaninchen vor der Schlange und haben nicht unsere normale Leistung gebracht. Im NRW-Pokal zum Beispiel haben wir Hubbelrath geschlagen, also ist das Potenzial vorhanden. Aber wenn es nicht klappt, ist es auch kein Beinbruch. Wir haben viele junge Talente. Und dann würden wir nächstes Jahr einen neuen Anlauf nehmen.
Wie muss man sich das Niveau der Golf-Bundesliga vorstellen im Vergleich zu einem Weltranglisten-Turnier, an dem Stars wie Martin Kaymer und Marcel Siem teilnehmen?
Meerloo: Im Zuge der Reformation hat der Golf-Verband zugestimmt, dass in jeder Mannschaft ein Profi eingesetzt werden darf. Er muss allerdings drei Jahre Mitglied des Klubs gewesen sein und nicht älter als 25 Jahre alt sein. Man hat das „Operation Gold“ genannt wegen der Olympischen Spiele 2016 in Rio, wo Golf zum ersten Mal seit 1904 wieder olympisch sein wird. Maximilian Kieffer, der beste deutsche Profi nach Martin Kaymer und Marcel Siem, hat letzte Woche in Frankfurt gespielt für seinen Heimatklub Hubbelrath. Da hat er zwei unter Par gespielt. Die beste Runde war vier unter vom Frankfurter Golfclub und ein Spieler von uns, Christopher Kramer, spielt eine drei unter. Das Niveau ist schon ziemlich gut.
Die Marienburger Spieler sind also reine Amateure . . .
Meerloo: Ja, sie sind alle Amateure. Da ist der Handicap-Bereich plus 2,5 bis hin zum Nachwuchs, der um 1 ist. Diese Spieler spielen also unter Platzstandard. Dabei sind viele von ihnen im Studium oder im Beruf und haben nicht die Zeit, um zu trainieren, die ein Profi hat. Unsere Mannschaft trainiert dreimal in der Woche unter Head Pro Peer Sengelhoff, der seit 2004 unser Chef-Golflehrer ist und ein Schüler von Martin Kaymers Trainer Günter Kesser, durch dessen Schule praktisch alle aktuellen deutschen Top-Golferinnen und Golfer gingen. Mit Peer Sengelhoff sind wir hier auch NRW-Kaderstätte geworden. Er trainiert hier die Kader zwischen zehn und zwölf Jahren. Wir leben von unserer Jugendarbeit. Der Jüngste in unserer Mannschaft ist gerade 13. Der spielt für uns Bundesliga. Die Jungs sind gut.
Léon Meerloo, geboren am 30. Dezember 1961 in Köln, geschieden, eine Tochter, seit 1973 beim Golfclub Marienburg, Unternehmer im Trockenfrüchte-Handel. Hat als Spieler alle Stationen des Vereinsgolfs von der Jugend an durchlaufend. Seit 2001 Team-Kapitän der Marienburger Männermannschaft.
Wie kommen Talente zum Golf außer durch Vererbung? Können Eltern ihre Kinder einfach so bei Ihnen anmelden?
Meerloo: Natürlich. Wenn das Kind einigermaßen den Ball trifft, ist es herzlich willkommen. Der Jugendunterricht ist bei uns frei. Es gibt eine Pauschale von vielleicht 100 Euro, das ist nach Alter gestaffelt. Ich kenne diese Golf-Vorurteile, ich bin ihnen ein Leben lang begegnet. In der Schule habe ich keinem Menschen erzählt, dass ich schon jahrelang Golf spiele. Weil das hieß dann: Karierte Hosen, alte Leute, das ist sowieso kein Sport. Daran war auch das deutsche Golf mit Schuld. Aber das ist heute völlig überholt. Daran ist doch nichts Elitäres mehr. Und auch nichts, was sich keiner leisten kann. Ich habe in 40 Jahren jetzt meinen vierten Satz Golfschläger. Ein Satz kostet vielleicht 1000 Euro, heruntergerechnet auf zehn Jahre macht das 100 Euro im Jahr. Da kommen Sie im Fußball mit den Schuhen nicht hin. Und dann haben Sie den Jahresbetrag von etwa 1400, 1500 Euro. Dafür verbringe ich aber fast meine gesamte Freizeit im Golfclub.
1500 Euro? Hört man da nicht von ganz anderen Summen?
Meerloo: Wir sind ein eingetragener Verein, gemeinnützig. Da sind die Beiträge limitiert. Es gibt natürlich verschiedene Modelle. Es gibt Betreibergesellschaften, die sind kommerziell ausgerichtet. Aber bei allen eingetragenen Vereinen ist es limitiert.
Was ist Ihre Aufgabe als Non-Playing-Captain, also als Kapitän, der selbst nicht spielt?
Meerloo: Ich bin ein bisschen das Mädchen für alles. Ich kümmere mich um das Budget, die Hotels, die Materialien, die Getränke, die Mannschaftstreffen.
Wie groß ist der Aufwand, den Sie für die Bundesliga betreiben?
Meerloo: Das ist ein enormer Aufwand mit den Reisen, dem Trainingsaufwand, dem Material, da läppert sich einiges zusammen. Je größer der Club ist, desto mehr Mittel sind natürlich vorhanden. Umso bemerkenswerter ist unsere Leistung. Allerdings werden wir von unserem Förderverein vorbildlich unterstützt, sonst ginge das gar nicht. Der Aufwand der Spitzenclubs ist jedoch drei- bis viermal so hoch wie unserer. Wir haben hier 360 ordentliche Mitglieder. In Hubbelrath haben sie 1000. Und dann gibt es dort zwei 18-Loch-Plätze. Das sind andere Dimensionen.
Das Gespräch führte Frank Nägele